Xiaomi Poco F4 im Test: Stark durchschnittlich in jeder Hinsicht

Xiaomi Poco F4
Pro und Contra
  • insgesamt ordentliche Leistung und gutes Display
  • Hauptkamera mit OIS
  • ordentliches, aber nicht herausragendes Gesamtpaket
  • teurer als Vorgänger
  • gleicher Chipsatz, gleiches Display wie in Vorgänger
  • völlig übertriebenes Marketing!
  • 4

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Xiaomi hat den Nachfolger seines erfolgreichen Poco F3 auf den Markt gebracht. Das Poco F4 überrascht beim Blick ins Datenblatt – aber nur bei Kamera und Ladegeschwindigkeit positiv.

Die Poco-F-Serie von Xiaomi zeigte sich in der Vergangenheit mit extrem viel Leistung für erstaunlich wenig Geld. Bei genauerem Hinsehen war schon länger klar, dass nach dem potenten Poco F1 die Leistung immer weiter zurückgenommen wurde, daher punktete zuletzt das Poco F3 (Testbericht) auch besonders mit seinem konkurrenzlos niedrigen Preis bei ansonsten ordentlicher Ausstattung. Die Preisschraube hat Xiaomi nun allerdings angezogen, mit knapp 400 Euro ist das neue Poco F4 ziemlich genau 50 Euro teurer als das F3. Das ist letztendlich wenig überraschend, schließlich wird immer alles teurer, richtig? Xiaomi reduziert allerdings gleichzeitig den Gegenwert und das ist der eigentlich größte Kritikpunkt. Was damit gemeint ist und was das mit dem Slogan für das F4 „stark in jeder Hinsicht“ zu tun hat, versuchen wir in diesem Test zu klären.

Das Xiaomi Poco F4 ist ein optisch überraschend zurückhaltendes Smartphone, zumindest in der uns vorliegenden schwarzen Version. Vorn punktet es mit ausreichend schmalen Rändern rings um das Display, die Frontkamera lugt zentral am oberen Display-Rand durch ein modernes Punchhole. Lediglich unten ist der Rahmen etwas breiter, hier zeigt sich der – wenn auch gestiegene – vergleichsweise niedrige Preis des Smartphones. Auch am Rahmen bemerkt man das oder genauer: am Material. Denn hier verwendet Xiaomi beim Poco F4 wie beim Poco X4 GT (Testbericht) Kunststoff. Anders ist das auf der Rückseite. Hier kommt Glas zum Einsatz, beim X4 GT setzt der Hersteller auch dort auf Kunststoff.

Die Zurückhaltung in puncto optischer Gestaltung setzt sich auf der Rückseite des Poco F4 fort. Sie weist ein schickes Lichtspiel auf, wenn Sonnenstrahlen darauf fallen, ist ansonsten aber unaufgeregt schwarz. Wegen der Glasoberfläche sieht man Fingerabdrücke zwar, sie halten sich aber in Grenzen. Neben eher unscheinbaren Schriftzügen wie dem Herstellerlogo fällt vor allem die Kamera ins Auge. Sie steht zweistufig aus dem Gehäuse hervor und enthält einmal Blitzlicht und Sensoren sowie einen Schriftzug mit groben technischen Daten, die Linsenebene ist noch einmal erhöht. Da die Erhöhungen mehr oder weniger quadratisch und auch noch recht groß ausfallen, wackelt das Smartphone auch auf glatten Oberflächen liegend bei Bedienung nicht. Richtig schick finden wir die im Dreieck angeordneten Linsen allerdings nicht – das wirkt irgendwie etwas beliebig und macht wenig Lust auf die Nutzung der Kamera. An der Verarbeitung gibt es ansonsten nichts auszusetzen, sie ist vorbildlich. Dadurch wirkt das F4 trotz des Kunststoffrahmens nicht billig.

6,67 Zoll, 2400 x 1080 Pixel Auflösung, OLED mit 120 Hz und eine maximale Helligkeit bei HDR10-Inhalten von 1300 Nits – das sind die Angaben, die der Hersteller zum Panel des neuen Poco F4 macht. Und zum Vorgänger Poco F3 (Testbericht). Tatsächlich sind die Displays beider Smartphones identisch – offensichtlich meint Xiaomi beim F4 mit „stark in jeder Hinsicht“ wohl „stark in jeder Hinsicht – bis aufs Display“. Wobei: Schlecht ist das Panel beileibe nicht. Aber es ist nicht neu – und Nachfolger sollten gerade bei technischen Produkten zwangsläufig besser als der Vorgänger sein, denn alles andere ist bei so schnelllebigen Produkten einfach seltsam. Nicht einmal der Fingerabdrucksensor hat es trotz des gestiegenen Preises ins Display geschafft, er bleibt weiterhin im Powerbutton.

Nicht nur auf dem Papier, auch im Alltag ist der Screen des neuen F4 mit dem des Vorgängers identisch. So punktet das F4 mit guten Kontrasten und OLED-typisch tollem Schwarzwert bei guter Blickwinkelstabilität. Farben werden auf Wunsch ordentlich kräftig oder natürlich dargestellt, dafür bietet das Smartphone viele Einstellungsmöglichkeiten. Die Helligkeit konnten wir im Test nur mit rund 450 bis 850 cd/m² im manuellen und im Automodus messen. Die Differenz dürfte unter anderem durch die Fähigkeit des Screens kommen, HDR-Inhalte punktuell noch einmal deutlich heller darzustellen. Das Always-on-Display ist gewohnt gut und bietet viele Darstellungsoptionen. Nach wie vor ist das Panel des F4 gut, aber manchmal ist gut eben nicht gut genug.

Die Kamera war einer der größten Kritikpunkte am Xiaomi Poco F3 (Testbericht), das ansonsten nicht zuletzt wegen seines niedrigen Preises sehr gut bei uns abschnitt. Beim neuen Poco F4 setzt Xiaomi wieder auf einen 64-Megapixel-Chip wie in der zweiten F-Generation, die Blende liegt bei f/1.79. Xiaomi kombiniert den Chip beim F4 nun mit einem optischen Bildstabilisator (OIS) – das verspricht mehr Bildschärfe auch bei schwachem Licht. Hinzu kommen eine Weitwinkelkamera mit 8 Megapixel und f/2.2 und eine Makrokamera. Letztere ist nicht zuletzt wegen ihrer geringen Auflösung von 2 Megapixel nicht der Rede wert.

Im Vergleich zum Vorgänger punktet das F4 mit der Hauptkamera vor allem bei schlechteren Lichtverhältnissen. Hier schneidet sie dank OIS mit besserer Bildschärfe und weniger Bildrauschen klar besser ab, aber auch bei Tageslicht macht sie eine gute Figur. Insgesamt überraschen manche Aufnahmen mit etwas blassen Farben, bei Verwendung der AI-Funktion schlägt das aber gern auch ins Gegenteil um. Die Weitwinkel-Kamera kann hier naturgemäß nicht mithalten und setzt sich wie so häufig mit schwächerer Bildschärfe sichtbar von der Hauptkamera ab. Gerade an den Rändern ist Verzeichnung zu erkennen, immerhin sind die Kontrast- und Farbunterschiede zwischen Haupt- und Weitwinkelkamera nicht mehr so schlimm wie beim Vorgänger.

Bei Videos macht das Poco F4 dank 4K/60-Aufnahmen ein besseres Bild als das Poco X4 GT, die Bildqualität ist wie auch der Ton insgesamt ordentlich. Die Frontkamera überzeugt mit 20 Megapixel großen Portraitaufnahmen, bei denen auch die Hauttöne überwiegend passen und die Bildschärfe stimmt. Insgesamt ist die Kamera des Poco F4 dem Preis angemessen, ohne besonders aus der Menge an Wettbewerbern herauszustechen. „Stark in jeder Hinsicht“ ist leider auch hier eine Übertreibung.

Auf die Gefahr hin, dass das langsam eintönig wird: Bei der Ausstattung passt „stark in jeder Hinsicht“ erneut nicht. Denn Xiaomi setzt allen Ernstes schon wieder auf den Snapdragon 870 aus dem Vorgänger und das genau genommen schon zum zweiten Mal in der F-Serie. Denn das Poco F2 Pro (Testbericht) verwendet auch schon den Snapdragon 865 - und der 870er ist nichts viel anderes als ein umbenannter Snapdragon 865. Genaugenommen verwendet Xiaomi nun also schon zum dritten Mal den (fast) gleichen Chip.

Auch hier könnte man wieder argumentieren, dass der Snapdragon 870 nach wie vor ein guter, ein „starker“ Chipsatz ist, der mit seiner Bauweise mit 7 Nanometer noch nicht zum alten Eisen gehört. Und tatsächlich ist er mit seinen bis zu 3,2 GHz auch noch kräftig genug für alles, was ihm aktuell vorgesetzt werden kann. Auch Spielen klappt dank der Adreno 650 ordentlich, nur wenige Games verlangen zwingend nach einer noch stärkeren GPU und zur Not können auch immer noch Grafikdetails runtergeschraubt werden. Aber will man in einem Nachfolger die gleiche Ausstattung wie im Vorgänger? Wie schon beim Display zuvor: Nein, will man nicht. Zumindest Besitzer eines Poco F3 haben so keinerlei Gründe, zum neuen Modell zu wechseln – warum macht ihr das, Xiaomi?

Wie gesagt: Leistungstechnisch geht der Snapdragon 870 im neuen Poco F4 immer noch in Ordnung. In PCmark Work 3.0 sind es etwa 11.000 Punkte, bei 3Dmark Wild Life 4400 Punkte. Das reicht für flüssige Bedienung im Alltag locker, zusammen mit den 120 Hz des Displays wirkt das Smartphone trotz des auf 6 GByte RAM in der günstigsten Version reduzierten Arbeitsspeichers stets souverän. Aber warum ist das Poco X4 GT (Testbericht) hier so viel schneller? Das wäre okay, wenn nicht die F-Serie bislang für schiere Power gestanden hätte. So scheint es fast so, Xiaomi versteht sein eigenes Portfolio nicht mehr richtig – seltsam. Der Rest ist ordentlich fürs Geld, mehr Informationen dazu gibt es in der Tabelle.

In der Nutzeroberfläche spiegeln sich ebenfalls Licht und Schatten. MIUI for Poco basiert beim F4 auf Android 12 und bringt grundsätzlich übersichtlich sortiert ein paar Extrafunktionen mit. Gleichzeitig packt der Hersteller aber auch immer mehr Bloatware wie installierte Spiele mit in den Speicher. Außerdem taucht immer wieder Werbung im System auf – das geht in unseren Augen bei einem voll bezahlten Produkt gar nicht. Zudem kann sich Xiaomi bei seinen Poco-Modellen nach wie vor nicht zu einem offiziellen Update-Versprechen durchringen, auch wenn der Hersteller viele Geräte erfahrungsgemäß durchaus zwei Jahre lang supportet.

Der Akku des Poco F4 ist minimal auf 4500 mAh geschrumpft, aber das ist für den tatsächlichen Verbrauch und die Ausdauer des F4 unerheblich. Tatsächlich holt Xiaomi unterm Strich sogar noch etwas mehr Laufzeit als beim Vorgänger aus der Hardware, hier dürften Software-Optimierungen der Hauptgrund sein. So kommt das neue Poco F4 im Automatikmodus bei der Bildwiedergabefrequenz auf rund 11,5 Stunden im Battery Test von PCmark, das ist etwa eine halbe Stunde mehr als beim F3. Damit ist auch das F4 wieder gut geeignet, um nur jeden zweiten Tag geladen zu werden. Das klappt jetzt zudem schneller als beim Vorgänger. Dafür hat Xiaomi die Ladegeschwindigkeit auf 67 Watt heraufgesetzt – ein guter, aber längst kein herausragender Wert mehr. Damit lädt das Poco F4 in knapp 45 Minuten wieder vollständig auf.

Das neue Xiaomi Poco F4 gibt es in Schwarz, Silber und Grün. Die Wahl besteht zudem aus zwei Speichervarianten: 6/128 GByte und 8/256 GByte – beide sind nicht erweiterbar.

Das Xiaomi Poco F4 ist ein typisches Beispiel für „den Mund zu voll genommen“. Denn an dem durchaus brauchbaren Smartphone ist nichts „in jeder Hinsicht stark“ – außer dem markigen Marketing. Letztendlich steckt in dem Modell das gleiche Display wie im Vorgänger, der gleiche Chipsatz, in der kleinen Version weniger RAM und sogar der nominell kleinere Akku. Das macht aus dem Gerät nach wie vor ein ordentliches Smartphone, denn die Leistung stimmt trotzdem, das OLED-Display ist immer noch ziemlich gut und Kamera sowie Akkuausdauer sind sogar besser als beim Vorgänger. Allerdings ist der Preis gestiegen – das steht in keinem Verhältnis zur Hardware und zum Marketing. Denn „in jeder Hinsicht stark“ ist das nicht, der Hype um die Poco-F-Serie hat damit zumindest einen deutlichen Dämpfer bekommen.

Wer mit einem IPS-LCD klarkommt, sollte daher vielleicht lieber auf das ebenfalls neue Poco X4 GT (Testbericht) schauen. Generell bieten unsere Top 10 der besten Smartphones bis 400 Euro und bis 500 Euro etliche Alternativen zum F4.

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