Während Xiaomi in der Oberklasse inzwischen wie beim Mi 10 (Testbericht) selbstbewusst hohe drei- und sogar vierstellige Preise aufruft, sieht das in den Klassen darunter zum Glück immer noch anders aus. Zum Glück darum, weil sie – auch wenn die Preise in Relation zur Konkurrenz durchaus gerechtfertigt sein mögen – den Geräten eines der Alleinstellungsmerkmale von älteren Xiaomi-Modellen wie dem Xiaomi Mi 9T Pro (vs. Mi 9T vs. Mi9) rauben: den niedrigen Preis. Dadurch verliert Xiaomi an der Spitze an Strahlkraft, die – so könnte man meinen – umso mehr in die Mittelklasse fließt. Etwa in das neue Xiaomi Mi Note 10 Lite. Denn das büßt im Vergleich zum Xiaomi Mi Note 10 (Testbericht) ohne Lite-Namenszusatz keine essenziellen Features ein, kostet aber deutlich weniger. Das wirft die Frage auf, wie der Hersteller das macht – oder gibt es doch einen versteckten Pferdefuß?
Design
Beim Thema Design ist der zumindest schon mal nicht zu finden. Ja, das Xiaomi Mi Note 10 Lite ist schwer, etwas über 200 Gramm sogar. Und natürlich ist es auch recht groß, so etwas wie kleine Smartphones gibt es heute eben kaum noch. Aber das Smartphone ist hervorragend verarbeitet und punktet mit Design und Materialwahl genauso wie Modelle mit doppelt so hohem Preis. So verwendet Xiaomi gebogenes Curved-Glas (Gorilla-Glas-5) auf Vorder- und Rückseite und fasst das in einen Metallrahmen in Gehäusefarbe ein. Das Curved-Display mag nicht jedermanns Geschmack treffen, da die Bedienung an den Rändern mitunter etwas schwierig sein kann, außerdem gibt es an diesen Rundungen immer mehr oder weniger störende Spiegelungen. Schick sieht es aber durchaus aus und dank anderer Hersteller wie Samsung und Huawei verbinden viele Nutzer sicherlich Oberklasse-Flair damit. Die Spiegelungen konnte auch Xiaomi nicht abstellen, für die Bedienproblematik hat sich der Hersteller hingegen etwas einfallen lassen – mehr dazu im Bereich Ausstattung.
Neben den hochwertigen Materialien brilliert das Mi Note 10 Lite mit perfekter Verarbeitung. Spaltmaße fallen hauchdünn und gleichmäßig aus, die rechts angebrachten Tasten sind nicht nur ohne Spiel in den Rahmen integriert, sondern weisen außerdem richtig guten Druckpunkt und Tastenhub auf. Wegen der Rundungen und der guten Verarbeitung ist der Übergang von Glas zum Rahmen kaum zu spüren, durch diese Kombination liegt das Smartphone trotz hohen Gewichts und Größe sehr angenehm in der Hand. Auf der Front fallen abgesehen von den abgerundeten Längskanten des Displays die mittig am oberen Screen-Rand platzierte Tropfen-Notch und die schmalen Rahmen rings um das Panel auf. Beides fällt nicht ganz so filigran wie bei wesentlich teureren Highend-Modellen aus, ist aber für die 300-Euro-Klasse top und stört nicht.
Highlight auf der Rückseite ist abgesehen von der schicken Lila-Farbgebung unseres Testgerätes, die je nach Lichteinfall eher blau oder doch lila wirkt, die Kamera. Denn die steht im Gegensatz zu den meisten Smartphones am Markt kaum aus dem Gehäuse hervor, sodass das Xiaomi Mi Note 10 Lite nicht bei Nutzung in liegender Position kippelt oder das Gerät beim Einstecken in die Hosentasche an der Kamera hängenbleiben kann. Abgesehen von der bei glänzenden Gehäuseoberflächen typischen Fingerabdruckanfälligkeit wirkt das Mi Note 10 Lite in allen Belangen deutlich hochwertiger, als der Preis suggeriert. Lediglich eine Wasserdichtigkeit fehlt dem Modell.
Alle Bilder zum Xiaomi Mi Note 10 Lite im Test
Display
6,5 Zoll misst der OLED-Screen des Xiaomi Mi Note 10 Lite, das ist schon eine ganze Menge. Passend zur Größe gibt es eine ordentliche Auflösung von 2340 × 1080 Pixel, was für eine Bildschärfe von knapp 400 Pixel pro Zoll sorgt. Das ist für den aufgerufenen Preis absolut in Ordnung, schärfer ist nicht nötig. Auch die restlichen Werte überzeugen. Die Helligkeit liegt im Automatikmodus zumindest kurzzeitig bei fast 700 cd/m², das ist kein Spitzenwert, sorgt aber normalerweise dafür, dass Ablesen im Freien sogar bei Sonneneinstrahlung nicht zum Problem wird. Unterstützend wirken dabei die guten Kontraste, der hervorragende Schwarzwert und die nahezu perfekte Blickwinkelstabilität. Kurzum: Das Panel des Mi Note 10 Lite ist richtig klasse.
Tatsächlich steckt das exakt selbe Display auch im Mi Note 10 (Testbericht) ohne Lite-Zusatz, das allerdings klar teurer ist – ein guter Deal für Käufer des Lite also. Eine Benachrichtigungs-LED gibt es bei dem Modell übrigens nicht, dafür aber ein Always-on-Display, das branchenweit zu den anpassbarsten gehört. Generell bietet Xiaomi dem Nutzer viele Einstellungsoptionen für den Screen – klasse! Zudem ist der Screen HDR-10-fähig. Nur eine höhere Bildwiederholungsrate hat das Mi Note 10 Lite nicht zu bieten, hier ist bei 60 Hz Schluss. Das gibt es aber auch bei der Konkurrenz in der 300-Euro-Klasse nicht – Smartphones wie das Realme 6 (Testbericht) bieten zwar 90 Hz, aber LCD.
Kamera
Das teurere Mi Note 10 (Testbericht) knipst Fotos mit bis zu 108 echten Megapixel wie etwa das Samsung Galaxy S20 Ultra (Testbericht) , allerdings wirkt der eingebaute Chipsatz mit dieser Pixel-Flut etwas überlastet. Als Resultat dauert es schon mal einige Sekunden, bis ein Bild im Speicher ist. Beim Mi Note 10 Lite hat Xiaomi daher ein durchaus sinnvolles Downgrade gemacht: Statt der guten, aber langsamen 108-Megapixel-Kamera steckt im Lite-Modell eine Hauptkamera mit 64 Megapixel von Sony mit einer Blende von f/1.9. Nicht so schön: Einen optischen Bildstabilisator gibt es nicht mehr. Und auch weitere Abstriche müssen Käufer in Kauf nehmen. Statt des 20-Megapixel-Weitwinkels bietet der im Lite-Modell nur 8 Megapixel, auf die Telelinse verzichtet der Hersteller gleich ganz und stattdessen gibt es mal wieder eine 2-Megapixel-Alibilinse aka Makro-Kamera. Auch ein Tiefensensor mit 5 Megapixel ist wie fast immer mit an Bord. Die Frontkamera bietet 16 statt 32 Megapixel.
Klingt alles erstmal nicht so toll, im Alltag zeigt sich aber bei Tageslicht schnell, dass sich die 64-Megapixel-Kamera nicht hinter der Mittelklasse-Konkurrenz verstecken muss und selbst zur Oberklasse nur wenig Unterschied besteht. Tatsächlich sind Aufnahmen bei gutem Licht erstaunlich scharf, weisen gute Bilddynamik bei wenig Bildrauschen und eine angenehm natürliche Farbwiedergabe auf. Wer es gern etwas bunter mag, schaltet einfach die AI-Funktion hinzu. Die erhöht in den meisten Fällen die Farbsättigung, vor allem bei Grün- und Blautönen in Pflanzen und Himmel oder Wasser. Normalerweise werden dank Pixel-Binning Fotos übrigens mit 16 Megapixel geknipst, auf Wunsch dürfen Nutzer aber auch echte 64-Megapixel-Aufnahmen machen. Die sind bei gutem Licht tatsächlich schärfer und detailreicher. Das ist im Vergleich zum vom Smartphone vorgeschlagenen digitalen 2-fach-Zoom die bessere Alternative, weil später am PC vergrößerte Bildausschnitte immer noch klar besser aussehen.
Bei Nacht macht das Xiaomi Mi Note 10 Lite zwar immer noch ganz brauchbare Aufnahmen, hier ist der Unterschied zur deutlich teureren Kameraelite aber klar zu sehen. Im Schnitt ist die Bildschärfe dann niedriger und Bildrauschen stärker ausgeprägt. Die Belichtung passt hingegen ganz gut – auch, weil das Smartphone kurze Dauerbelichtung aus freier Hand ermöglicht. Hier ist die Qualität aber noch einmal schlechter und mit einem Huawei P40 Pro (Testbericht) oder Samsung Galaxy S20 Ultra (Testbericht) nicht zu vergleichen. Für Verwunderung sorgt das natürlich bei dem deutlichen Preisunterschied zwischen Mi Note 10 Lite und den beiden genannten Modellen nicht, hier ist der geringe Unterschied bei gutem Licht viel erstaunlicher.
Alle Originalaufnahmen mit dem Xiaomi Mi Note 10 Lite im Test
Leider gilt das nur für die Hauptkamera. Die Weitwinkelkamera macht deutlich schlechtere Bilder, die eigentlich in erster Linie noch für Postings auf sozialen Plattformen gut sind, wo die Qualität ohnehin runtergerechnet wird. Selbst in der Vollbildbetrachtung fällt die deutlich weniger ausgeprägte Bildschärfe auf und zu den Rändern hin sind Aufnahmen bisweilen noch verwaschener. Auch Bildrauschen ist stärker zu sehen, mit schwindendem Licht potenzieren sich die Nachteile. Die Makrokamera ist zwar besser als manch Konkurrenzprodukt mit gleich niedriger Auflösung, krankt aber wegen eben dieser unter mangelnder Bildschärfe, zu wenigen Details (gerade das ist aber wichtig bei Makroaufnahmen!) und übertriebener Farbsättigung. Der Tiefensensor scheint hingegen gute Arbeit zu leisten, Portraits mit künstlichem Bokeh sehen auch in der Detailbetrachtung noch sauber aus, das Mi Note 10 Lite trennt das Motiv im Vordergrund gut vom Hintergrund – vor und auf Wunsch sogar noch nach der Aufnahme.
Auch wenn die Frontkamera nur noch die Hälfte der Pixel im Vergleich zum Xiaomi Mi Note 10 aufweist, so ist das Ergebnis bei Fotos durchaus ordentlich. Bildschärfe und in den meisten Fällen sogar Bilddynamik stimmen, sofern es ausreichendes Licht gibt und der Nutzer mangels Autofokus den richtigen Schärfebereich trifft. Das klappt meist aber gut. Selbst Videos in maximal FHD/30 sehen gut aus, leider fehlt hier jegliche Bildstabilisierung. Das gilt auch für Aufnahmen mit der Hauptkamera, sobald Nutzer auf FHD/60 umschalten. Während Aufnahmen sogar in 4K/30 noch auffallend gut beruhigt werden, sodass bei ruhiger Hand beinahe der Eindruck des Gebrauchs einer Steadycam oder eines Gimbals erweckt wird, ändert sich das mit dem Wegfall der elektronischen Stabilisierung bei 60 FPS schlagartig – schade. Ebenfalls auffällig: Ein Wechsel zwischen den einzelnen Kameras während der Videoaufnahme ist im Gegensatz zur Konkurrenz nicht möglich, zudem leidet die Bildqualität bei Verwendung der 8-Megapixel-Weitwinkelkamera deutlich.
Alles in allem ist die Hauptkamera mit ihren 64 Megapixel kein dramatischer Rückschritt im Vergleich zum normalen Mi Note 10, sie macht besonders bei Tageslicht richtig gute Aufnahmen. Der Rotstift wird erst bei den weiteren Kameras und/oder deren Wegfall sichtbar – dann aber im direkten Vergleich deutlich.
Ausstattung
Nicht nur das Display übernimmt das Lite-Modell vom großen Bruder, auch der Prozessor ist identisch. Dabei handelt es sich um den Qualcomm Snapdragon 730G, dessen 8 Kerne mit bis zu 2,2 GHz takten. Dank Fertigung im 8-Nanometer-Verfahren gilt er als vergleichsweise energieeffizient. Leistung kommt dabei nicht zu kurz, im Verbund mit – je nach Version – 6 oder 8 GByte LPDDR4X-RAM erreicht das Smartphone fast 280.000 Punkte im Antutu -Benchmark. An internem Speicher stehen sowohl in der Version mit 6, als auch 8 GByte RAM entweder 64 oder 128 GByte mit UFS-2.1-Geschwindigkeit zur Verfügung.
Da das Mi Note 10 Lite zwar zwei SIM-Karten-Aufnahmen, aber keine Speichererweiterungsmöglichkeit bietet, sollten Interessenten vor dem Kauf gut abwägen, ob die nicht viel günstigere Version mit 64 GByte auf längere Sicht ausreicht. Wir raten zur Version mit mehr Speicher, die Versionen mit 6 GByte RAM sollten hingegen in allen Lebenslagen ausreichen. Einen Mangel an Leistung gibt es damit weder bei alltäglichen Aufgaben, noch beim Starten von Apps. Viele schnellere Smartphones gibt es in der Preisregion des Mi Note 10 Lite nicht.
An weiteren Ausstattungsmerkmalen verfügt das Lite-Modell neben LTE, NFC, Bluetooth 5 und WLAN ac vor allem über GPS mit Unterstützung für Glonass, Galileao und Baidou, außerdem UKW-Radio, IR-Blaster, 3,5-Millimeter-Anschluss für Kopfhörer und einen schnellen und zuverlässigen Fingerabdrucksensor im Display. Der Monolautsprecher am unteren Ende des Smartphones ist laut und klar, zudem klingt er recht voluminös, ohne dabei zu übersteuern.
Auf der Software-Seite stehen Android 10 mit MIUI 11 als Nutzeroberfläche, die eine Menge Zusatzfunktionen mitbringt. Neben App Drawer, Google-Feed und systemweitem Darkmode bietet Xiaomi seinen Nutzern eine Option, mittels derer die Breite des Bereichs an den langen Seiten des Displays eingestellt werden darf, in dem das Smartphones keine (ungewollten) Berührungen registriert. Fehleingaben lassen sich so gut minimieren, im Test waren wir allerdings mit der Voreinstellung zufrieden. Suboptimal ist allerdings das Alter des Sicherheits-Patches, es stammt noch aus April 2020.
Akku
Normalerweise sind Akkus bei Mittelklassegeräten nicht unbedingt ein Highlight, beim Xiaomi Mi Note 10 Lite ist das anders. Hier leistet der Saft- und Kraftspender stolze 5260 mAh und diese Menge verpufft nicht einfach so, sondern wird von der Hard- und Software des Smartphones in richtig lange Akkulaufzeiten umgesetzt. Im Battery Test des PCmark -Benchmarks kam das Gerät auf knapp 16 Stunden Dauernutzung – das ist ein richtig guter Wert, der selbst Harcore-Nutzern eine Laufzeit von locker einem Tag verspricht. Bei normaler Nutzung sind es gut 2 Tage, gemäßigte Anwendung sorgt sogar für 3 Tage Laufzeit – eine Seltenheit bei modernen Android-Smartphones. Und wenn das Gerät doch einmal leer ist, dauert eine halbe Ladung kaum mehr als 30 Minuten, nach insgesamt etwa 75 Minuten ist der Akku trotz seiner Größe mit dem mitgelieferten 30-Watt-Ladegerät wieder voll – kein schlechter Wert!
Preis
Das Xiaomi Mi Note 10 Lite war zum Testzeitpunkt ab 300, in der 6/128-GByte-Version ab 330 Euro zu haben. Die weltweit verfügbare Version mit 8/128 GByte stand nicht zur Verfügung. Als Farbe haben Interessenten die Wahl zwischen Weiß, Schwarz und Lila.
Fazit
Das Xiaomi Mi 10 (Testbericht) enttäuschte uns zuletzt – nicht, weil es ein schlechtes Smartphone ist, sondern weil es einige zweifelhafte Entscheidungen des Herstellers bei dem Gerät gibt und der Preis dafür beinahe erschreckend hoch ist. Beim Xiaomi Mi Note 10 Lite ist das zum Glück anders. Zwar kann hier die Kamerakonfiguration auch nicht überzeugen, aber das Gerät ist im Vergleich geradezu ein Schnäppchen. Da verzeiht man die mäßigen Zusatzobjektive wesentlich eher, zumal die Bildqualität der Hauptkamera ansonsten fast auf Spitzenniveau liegt.
Weitere Pluspunkte sind das tolle Display, die lange Akkulaufzit, der im Alltag überzeugende Chipsatz, viel Speicher und eine gute Gesamtausstattung, die das Mi Note 10 Lite zum Preis-Leistungs-Tipp machen. Dabei würden wir auf jeden Fall zur 128- GByte-Version greifen, da 64 GByte mangels Speichererweiterungsmöglichkeit schnell knapp werden könnten und diese Version auch nur 30 Euro günstiger ist. Ebenfalls klasse: Die Verarbeitung ist top, die Materialien sind es ebenfalls und das Design gefällt uns ausgesprochen gut
Grundsätzlich ist natürlich kein Smartphone alternativlos, beim Mi Note 10 Lite wird es aber schon ziemlich schwierig, bessere Alternativen zu nennen. Da kommt es stark auf persönliche Vorlieben an, daher empfehlen wir zuerst einen Blick auf unsere Bestenliste der Smartphones bis 300 Euro , alternativ bis 400 Euro .