Voxelab ist die weitgehend unbekannte Tochterfirma von Flashforge, von denen wir kürzlich den Adventurer 2 (Testbericht) in der Redaktion hatten. Diese ist bekannt für die Produktion von hochwertigen 3D-Druckern im professionellen und industriellen Bereich. Vier- bis fünfstellige Preis sind dort keine Seltenheit. Mit Voxelab möchte Flashforge die Lücke zum günstigen Gerät für Privatanwender schließen. Wir erhoffen uns durch die nahe Verwandtschaft zu Flashforge gut durchdachte 3D-Drucker, die sich an industriellen Entwicklungen und Innovationen orientieren. So können vielleicht auch wir Hobby-3D-Drucker ein bisschen industriellen Flair schnuppern.
Der Aquila S2 ist ein klassischer kartesischer FDM-Drucker mit dem üblichen Kleinformat Druckbett von 220 x 220 x 240 mm. Bei der Druckraumgröße schneidet der Aquila S2 durch seine Höhe von 240 mm mittelmäßig ab. Er liegt sogar noch 10 mm unterhalb des Low-Budget-Modells Artillery Hornet (Testbericht). Den gibt es ab 160 Euro zu kaufen. Also was kann Voxelab mit dem Aquila S2 für 289 Dollar mehr bieten, damit sich ein Kauf lohnt?
Voxelab wirbt damit, dass der Aquila S2 mit PLA, ABS, PLA-CF, PETG, PETG-CF, PET-CF, PA12-CF, PA, PC, TPU zurechtkommt. Würde er nur die Hälfte der Materialien problemlos drucken können, wäre er schon sein Geld wert.
Dieser Artikel gehört zur Themenwelt 3D-Drucker. Hier finden sich allgemeine Ratgeber, Vergleichstests und Einzeltests zu konkreten Geräten.
Ausstattung
Dem Druckkopf wurde ein Hochtemperatur-Hotend und eine Direct Drive Extruder verpasst. Somit sind erstens Temperaturen bis 300 Grad kein Problem mehr und zweitens ermöglicht der Direct Drive Extruder eine exaktere Filamentführung. Das magnetische, PEI beschichtete Federstahlblech verspricht besseren Halt und problemloses Ablösen der Drucke. Auch kleine Details wie nutzerfreundliche Riemenspanner, gut organisiertes Display und die hochwertigen Gates-Power-Grip-Riemen fallen uns sofort auf. Auf uns macht der Aquila S2 durch diese Innovationen und seinen sehr soliden und durchdachten Aufbau einen hervorragenden ersten Eindruck.
Der Vorgänger Aquila DIY wurden mit unterschiedlichen Mainboardchips ausgeliefert. Damals war es reines Glücksspiel, welches Modell der Käufer erwischte. Es gab drei Serien mit drei Chipsätzen. Entweder den H32, den N32 oder den G32 Chip. Nach unserer Recherche in Bezug auf den H32 und dem N32 Chip haben wir Folgendes herausgefunden: Viele Nutzer der Vorgängermodelle mit H32 Mainboards konnten ihren Drucker nicht (oder nur mit Bugs) mit neuerer Firmware und/ oder selbst gebauter Firmware bespielen. Dadurch sind etwa Upgrades wie einem BL-Touch Sensor für ein vernünftiges Auto Leveling nicht möglich.
Darauf hat Voxelab reagiert und bietet den Aquila S2 nun wahlweise mit H32 oder N32-Chip an. Die Empfehlung von Voxelab lautet: Wer mit VSCode arbeitet, der sollte sich für den N32-Chipsatz entscheiden. Wer mit Keil oder Eclipse arbeitet, sollte zu dem H32-Chip tendieren.
Aufbau
Seit 2017 und dem Release des Anycubic i3 Mega ist der mehrstündige Druckeraufbau bei Markengeräten eigentlich Geschichte. Doch bei dem Aquila S2 darf „Mann“ mal wieder schrauben. Trotzdem hat der ganze Aufbau, dank der gut durchdachten Aufbauanleitung und der vielen Einzeltüten nur etwa eine Stunde gedauert. Bis auf eine fehlende kleine M3-Schraube für den Riemenspanner war alles da.
Bilderstrecke - Aufbau Aquila S2
Lieferumfang und Aufbau vom Aquila S2.
Druckergebnisse
Nach dem Aufbau folgt das übliche Prozedere. Erst mal Auto-Homing, sprich alle Achsen zur Nullposition fahren und die vier Stellräder des Druckbettes auf 0,1 mm Abstand zur Druckdüse leveln. Danach konnten wir förmlich schon unser erstes geschmolzenes PLA-Carbon-Filament riechen.
Die ersten Drucke laufen erfreulich problemlos: keine Auffälligkeiten, ruhiges Druckverhalten und ein ausgezeichneter Eindruck. Einziger kleiner Minuspunkt bis hierhin ist die Tatsache, dass das Druckbett am Motorgehäuse entlang schrammt. Die Funktion beeinträchtigt das zwar nicht, trotzdem wäre hier eine andere Lösung wünschenswert.
Bilderstrecke - Praxistest Aquila S2
Der Aquila S2 im Praxistest.
Als Zweites wählten wir die Testdatei "Toolbox" von der Speicherkarte und druckten sie mit PETG-Filament. Dieser erste PETG-Test endete recht schnell in der Tonne. Zu wenig Haftung, kein Brim und zu viel Abstand zum Druckbett. Also das Ganze erneut mit mehr Anpressdruck und hochgeschraubtem Druckbett. Siehe da, er druckte die Toolbox. Bis auf ein paar Support-Fehler ist so weit alles gut.
Nun wollen wir es wissen und packten das PA12-Nylon-Filament von CCTree aus. Doch wir werden mehrmals enttäuscht. Nylon-PA12 (CCTree) und kohlefaserverstärktes Nylon (Fiberlogy) verstopften entweder die Heatbreak und/oder die Drucke hafteten nicht auf der Plattform. Wir starteten einen Vergleichsdruck auf einem modifizierten CR-10s mit geschlossenem Druckraum und PEI Druckplatte und dort erhalten wir gute Ergebnisse. Am Filament liegt es also nicht. Das gibt schon mal großen Punktabzug für das neue Hotend-System - schade.
Unsere ABS Drucktests verlaufen auf dem Aquila S2 dank der PEI Plattform hingegen hervorragend. Wir sind überrascht, wie gut ABS-Drucken ohne Bauraum Einhausung funktionieren kann. Kleine Objekte aus ABS sind ohne Einhausung erfreulich gut umsetzbar. Allerdings sind wir mit dem Druckergebnis eines komplexeren Modells nicht zufrieden. Der Druck zeigt Fehlstellen an den Anfängen jeder neuen Schicht. Es fehlt immer ein Quäntchen Material beim Start der neuen Layer. Dort vermuten wir andere Retract-Eigenschaften durch die längere Düse als Ursache.
Résumé: Die Haftungsprobleme bei Nylon konnten wir mit einem Klebestift noch einigermaßen gut in den Griff bekommen. Die schnell verstopften Düsen des Aquila S2 sind hingegen ein echtes Problem.
Zur Erklärung: Das neue Düsen-Heatblock-Coldend-System besteht aus einer Nozzle mit viel längerem Gewinde als Standard-Nozzles. Diese ist komplett durch den Heatblock hindurch geschraubt. Das überstehende Gewindeende der Nozzle ist dann direkt mit der Heatbreak verbunden. Die Heatbreak wiederum endet in einem neukonstruierten Coldend. Um die Nozzle nach der Verstopfung zu reinigen, müssen wir das komplette System zerlegen. Leider sind aber keine Ersatzdüsen beigelegt und selbst eine abgesägte Volcano-Düse verstopfte sofort wieder beim Nylon-Filament. So endete unsere Testserie nach etlichen Versuchen mit Nylon erfolglos.
Bei dem kompletten Zerlegen des Druckkopfsystems fanden wir den Fehler für die Verstopfungen. Es ist wieder einmal ein ausgeleierter PFTE Schlauch im Coldend. Die klassische Ursache für die meisten Verstopfungen. Durch den Anpressdruck nach dem Retract dehnt der PFTE-Schlauch sich mit der Zeit aus und die Filamentführung wird ungenau. Dies führt schlussendlich zu einer Verstopfung. Bei einem Hochtemperatur Hotend würden wir uns ein All Metal Hotend wünschen. Ein komplett aus Metall gefertigtes Coldend kann nicht ausleiern, was weniger Wartung bedeutet und eine Fehlerquelle weniger.
Preis
Mit etwa 250 Euro liegt der Aquila S2 knapp 100 Euro unterhalb des Anycubic Viper (Testbericht), was wir als fair einschätzen. Den Anycubic Vyper hatten wir ebenfalls im Einzeltest und sind noch immer voller Begeisterung für den Drucker. Vom Aufbau und den einzelnen Komponenten könnten der Anycubic Vyper und der Voxelab Aquila S2 fast Geschwister sein. Beide nutzen ein PEI-beschichtetes Federstahlblech als Hotbed. Auch sind Rahmen- und Display-Aufbau sehr ähnlich. Der Vyper verfügt allerdings über ein wunderbares, nutzerfreundliches Auto-Leveling. Der Aquila S2 hat dafür das neue Hochtemperatur-Hotend mit Direct-Drive-Extruder an Bord. Der Druckkopf wirkt grundsätzlich gut konstruiert, bis auf die erwähnte Heatblock-Düsen-Kombination.
Trotz der Ankündigung, dass der Drucker mittlerweile bei Händlern stehen sollte, sind aktuell noch keine Angebote bei Distributoren zu finden. Aktuell ist der Aquila S2 nur direkt im Voxelab-Onlineshop und bei Flashforge verfügbar. Bei Aliexpress ist der Aquila S2 ebenfalls erhältlich. Der Preis inklusive Versandkosten liegt aber über der UVP.
Fazit
Der Aquila S2 hat unsere Erwartungen leider nicht ganz erfüllt, bietet aber einen schönen Ausblick, auf das was möglich ist. Zumindest, wenn Voxelab die Probleme mit dem Hotend-System in den Griff bekommt, sodass zukünftig ein schneller Düsenwechsel sichergestellt ist. Würden Nylon und Polycarbonat-Filamente keine Hürde mehr darstellen, wäre der Drucker ein echter Alleskönner. So bleibt der Aquila S2 ein grundsolider Drucker für Standard-Materialien. Die Tatsache, dass die neuartigen Nozzles aktuell nur über den Hersteller bezogen werden können, macht die Wartung aktuell noch sehr umständlich.
Wer lediglich einen ordentlichen und günstigen Drucker für PLA, PETG und ABS sucht, ist mit dem Aquila S2 grundsätzlich gut beraten. Anspruchsvollere Materialien wie etwa Nylon erfordern an dem Hotend-System weitere Tuning-Maßnahmen. Wir hoffen auf die nächste Generation mit einem wartungsärmeren Hotend-System, dann kann der Aquila S2 ein wahres Multitalent werden.
Wer weniger investieren will und eine bessere Ersatzteilversorgung wünscht, der sollte sich alternativ den Artillery Hornet (Testbericht) und den Anycubic Viper (Testbericht) ansehen. Weitere Einzeltests, Ratgeber, Filament-Vergleiche und Workshops zum Thema zeigt unsere Themenwelt 3D-Drucker.