Die Garmin Vivoactive 3 Music soll Smartphones beim Training überflüssig machen. Sie kommt mit Pulsmesser, GPS, Musik-Player für Streaming-Dienste und lokale Musik sowie einer Bezahlfunktion. Im Update des Tests prüfen wir, ob Garmin die Schwachstellen, die uns beim ersten Check aufgefallen sind, beheben konnte.
Das Garmin-Gerät ist Teil unserer Themenwelt rund um Uhren für (angehende) Sportler. Bisher sind folgende Beiträge erschienen:
Wem diese Features zu viel sind, dem reicht vielleicht ein einfacher Fitnesstracker. Wir stellen mehrere im Vergleich in diesem Artikel vor.
Lieferumfang, Design, Einrichtung
Nach dem Auspacken fällt als erstes auf, wie leicht die Garmin Vivoactive 3 Music ist. Sie sieht deutlich schwerer aus als die 40 g, die sie auf die Waage bringt. Die Sportuhr hat als einziges sichtbares Steuerelement einen Knopf auf der rechten Seite, eine drehbare Lünette oder ähnliches gibt es nicht. Der Großteil der Eingaben erfolgt über den Touchscreen, der zum Schutz unter einem Gorilla-Glass sitzt.
Die Vivoactive 3 Music ist rund, unterscheidet sich damit deutlich von den eckigen Vorgängern wie der Vivoactive HR (Testbericht) . Sie ist mit 13,6 mm recht flach und trägt deutlich weniger auf als die Fenix-5-Serie von Garmin oder eine Samsung Galaxy Watch (Testbericht) . Damit richtet sie sich an die Fans kleinerer Uhren, die ein Gerät suchen, dass nicht in erster Linie nach einer Sportuhr aussieht. Bei der Verarbeitung gibt es nichts zu meckern, die Uhr wirkt solide und aus einem Guss.
Garmin liefert ein schwarzes, 20 mm breites Silikon-Armband. Das ist per Federsteg an der eigentlichen Uhr befestigt, so dass man es ohne Werkzeug gegen ein anderes, passendes Armband austauschen kann.
Auch im Update vom Mai 2015 ist die Software noch nicht ganz rund. Bestes Beispiel ist das Wetter Widget. Das zeigt die Temperatur in Fahrenheit an. In den Einstellungen zum Benutzerprofil werden Größe und Gewicht in US-Einheiten angegeben – obwohl sie in der Connect-App und bei der Einrichtung in cm und kg hinterlegt wurden. Die Einstellungen dazu findet man tief in der Uhr vergraben. Dazu muss man einen langen Druck aufs Display tätigen und anschließend Einstellungen - System - Einheiten wählen. Das geht einfacher.
App
Garmin nutzt ein und die gleiche App für alle Produkte, entsprechend unterscheidet sich die Software nur minimal vom Vivosport (Testbericht) oder dem Vivosmart 3 (Testbericht) . Der Bereich zu den Bewegungsdaten ist weiterhin ein Fest für alle Zahlenfreunde. Indem man auf einen Bereich tippt, kann man tiefer in die Daten einsteigen. Die App finden wir immer noch sehr gut gelöst. Wer sich damit auseinander setzt, der erhält Einblick in viele relevante Daten.
Wie gehabt wird das Gerät ebenfalls über die App konfiguriert. Die Verwaltung ist verständlich und einfach zu nutzen. Die Connect-Anwendung ist dabei automatisch in den Garmin-eigenen Connect IQ Shop integriert, über den sich neue Apps, Widgets oder Uhren-Designs auswählen und herunterladen lassen. Im Test war der Store teilweise langsam, aber gut bestückt und sinnvoll sortiert. Anders als etwa beim der Samsung Gear Fit 2 Pro (Testbericht) war es deutlich einfacher, neue Software zu finden.
Die Uhren-Designs lassen sich auch direkt auf der Vivoactive 3 Music anpassen und ändern. So kann man etwa die Datenfelder, die Informationen wie zurückgelegte Schritte oder den Puls anzeigen, direkt an der Uhr ändern und neu belegen.
Schade: Ohne Abgleich mit der App und Nutzerkonto kann man den Tracker nicht nutzen, das macht Suunto bei der 3 Fitness (Testbericht) besser.
Garmin Vivoactive 3 Music
Aktivität
Erwartungsgemäß gibt es beim Thema Aktivitätstracking wenig zu meckern. Die Uhr zählt automatisch und zuverlässig die Bewegung wie Schritte oder gestiegene Stockwerke. Wie immer ist die automatische Zielanpassung integriert, wer seine Bewegungsziele häufig erreicht, dessen tägliche Schrittzahl korrigiert sich von selbst nach oben. Im Alltag hatten wir das Gefühl, dass die Uhr zuverlässig unsere Schritte mitzählt, ohne dass man den Arm besonders ausgeprägt bewegen muss.
Ähnlich sieht es bei der Pulsmessung aus. Die drei Sensoren auf der Rückseite messen den Puls regelmäßig, so dass über den ganzen Tag ein sauberes Profil entsteht. Wer noch mehr Daten möchte: Über den IQ Store kann man zusätzliche Informationen zu den Herzfrequenzzonen nachladen und anzeigen lassen.
Training
Bei den zu trackenden Sportarten lässt sich Garmin nicht lumpen. Vom Joggen und Fahrradfahren über Yoga und Stand-Up Paddeln bis zu Golf ist so ziemlich alles an Sportarten integriert. Sollte etwas fehlen, kann man die Daten manuell aufnehmen.
Für Sportler ist der Punkt „Strecken” interessant. Damit kann man nicht nur eigene Strecken abspeichern, Favoriten definieren oder auf der integrierten Karte nach den Trainingsstrecken anderer Garmin-Nutzer suchen. Letzteres ist vor allem dann praktisch, wenn man sich in einer fremden Stadt aufhält und trainieren möchte. Leider bietet die Vivoactive 3 Music trotz integriertem GPS keine Möglichkeit, die Koordinaten der Strecke auf die Uhr zu übertragen und so beim Laufen geführt zu werden. Das ist den teureren Geräten wie der Fenix-Serie vorbehalten.
Wer dem integrierten Puls- oder Schrittmesser nicht traut, der kann über die Einstellungen (langes Drücken auf den Home-Screen) alternative Sensoren hinzufügen. Dazu gehören Brustgurte, eine Vibr Action Cam, Laufsensoren oder der Pedal Pod fürs Fahrrad. Kompatibel sind sowohl Bluetooth- wie Ant+-Geräte. Ebenfalls clever: Die Herzfrequenz lässt sich an andere Garmin-Produkte schicken, so dass man etwa die Daten der Uhr auf dem Fahrradcomputer sehen kann.
Für Schwimmer interessant: Die Uhr ist wasserdicht bis 50 Meter, kann also sowohl im Becken wie beim Duschen getragen werden. Garmin klassifiziert sie als "Swim "-tauglich, entsprechend sollte sie weder beim Gerätetauchen noch bei schnellen Wassersportarten (Wasserski etc.) getragen werden. Aufgezeichnet werden etwa Schwimmeinheiten, die Uhr erkennt unter anderem die Schwimmstile oder auch Stand-Up Paddling. Wichtig: Im Wasser ist die Pulsmessung am Handgelenk deaktiviert.
Musikwiedergabe
Der Name der Sportuhr verrät es bereits, ein Schwerpunkt ist das Thema Musik. Die kommt, ähnlich wie bei der Fitbit Versa (Testbericht) , auf zwei Arten auf die Uhr: Entweder überträgt man Lieder und Playlisten vom PC oder man nutzt eine App wie Deezer, Spotify oder Runcasts. Die Uhr bietet insgesamt 3,5 GByte Platz für Audiodateien, egal aus welcher Quelle.
Das Hinzufügen eigener Musik ist erfreulich einfach: Playlisten lassen sich in beliebigen Programmen erstellen und werden anschließend in die Desktop-Anwendung „Garmin Express“ integriert. Die Uhr wird über das Lade- und Datenkabel mit PC oder Mac verbunden, die Musik lässt sich einfach übertragen. Das geht deutlich schneller als die WLAN-Lösung bei der Fitbit Versa. Unterstützt werden folgende Formate: MP3, M4A, AAC, ADTS, WAV, M3U, M3U8, WLP, ZPL, PLS
Mit dem letzten Software-Update ist die Unterstützung für Streaming-Dienste deutlich besser geworden. Nicht nur, dass Deezer jetzt vernünftig funktioniert. Neu ist zudem auch Spotify. Für beide Angebote muss man ein Premium-Abo besitzen und sich anschließend über die Garmin-Connect-App anmelden. Darüber läuft auch die grundsätzliche Verwaltung der Musik – hier kann man noch an der Nutzerführung arbeiten. Die beiden Dienste zeigen neben den eigenen Playlisten auch den Flow (Deezer) oder vom Dienst erstellte Playlisten (Spotify) an. Beide Dienste synchronisieren sich nur per WLAN, nicht über das Smartphone. Bei Spotify klappte das mit einem Akku von um die 36 Prozent nicht, hier wollte die Uhr vor dem Abgleich ans Stromnetz angeschlossen werden.
Die Podcast-Integration per Runcasts ist eine nette Idee, allerdings ist die Podcast-Auswahl enorm beschränkt. Nur Premium-Kunden können für fünf Dollar pro Monat eigene Podcast-URLs hinzufügen. Ebenfalls nervig: Zum Abgleich der Musik oder der Podcasts muss die Uhr angesteckt werden, schnell übers WLAN eine neue Episode ziehen fällt da aus.
Mit der neuen Firmware taugt die Uhr, mit etwas Vorbereitung, damit tatsächlich als kompletter Ersatz für das Handy. Über ein Wischen nach links und dann nach oben kann man auch beim Training auf alle Musikfunktionen zugreifen. Auch die Koppelung mit einem Bluetooth-Headset lief im Test ohne Probleme, wir hörten über das Sennheiser CX Sport (Testbericht) und den Bose Soundsport Wireless (Testbericht) .
Schlaf
Neben der täglichen Aktivität überwacht die Vivoactive 3 Music auch den Schlaf. Die grobe Schlafzeit definiert man bereits bei der Einrichtung, damit wird zugleich ein „Nicht Stören”-Modus aktiviert. Die Uhr erkennt am Puls und der Bewegung, wann man einschläft und in welcher Schlafphase man sich befindet. In der Praxis funktioniert das sehr gut, gerade über eine längere Zeit kann man so gute Trends sehen.
Um wieder aufzuwachen, kann man einen oder mehrere Wecker setzen. Diese lassen die Uhr zu einem festgelegten Zeitpunkt vibrieren. Die Vibration ist dabei stark genug, dass man zuverlässig geweckt wird. Leider fehlt ein smarter Wecker, der erkennt, ob man bereits am Aufwachen ist.
Zahlungsfunktion
Garmin bündelt die Zahlungsfunktionen unter dem Namen „Garmin Pay ”. Die Idee dahinter: Die Vivoactive 3 Music wird zur virtuellen Mastercard-Kreditkarte, dank NFC kann man an Terminals mit Kontaktlosfunktion zahlen.
Der Nachteil: Da das System noch nicht flächendeckend ausgerollt ist, kann man nicht einfach die eigene Kreditkarte hinterlegen. Garmin arbeitet mit Boon von Wirecard, Revolut sowie dem Zahlungsanbieter Vimpay zusammen. Alle unterstützten Banken kann man auf dieser HIlfe-Seite von Garmin abfragen. Für den Test haben wir uns für Vimpay entschieden (auch, weil die App anders als Boon mit unserem Test-Smartphone mit LinageOS arbeitet).
Zunächst richtet man ein Vimpay -Konto ein und lädt es auf. Das geht unter anderem per Kontoeinzug von einem Girokonto. Das Geld landet sofort im Vimpay-Konto und muss anschließend auf ein einzurichtendes Garmin-Pay-Unterkonto transferiert werden. Dieses Unterkonto bekommt eine eigene virtuelle Kreditkarte, die man in der Garmin-Connect-App hinterlegt. Das ganze Prozedere ist etwas kompliziert in der Einrichtung, uns gefällt aber, dass mehrere Hürden integriert sind. Fällt einem Kriminellen die Daten zu einer Karte in die Hände, kann er damit nur begrenzt Schaden anrichten.
Die Bezahlung ist dagegen simpel: Man drückt den seitlichen Knopf lange und wählt dann das Brieftaschen-Symbol. Nach Eingabe der PIN hat man ein kurzes Zeitfenster, in dem man die Uhr an den Leser halten muss. Im Test in einem Supermarkt war klappte die Zahlung ohne Probleme. Übrigens: Damit Garmin Pay funktioniert, muss die Uhr am Handgelenk getragen werden und einen aktiven Puls messen können.
Benachrichtigung
Über die Garmin-Connect-App kann die Uhr nahezu beliebige Benachrichtigungen anzeigen. Eingehende Nachrichten werden mit Absender und den ersten paar Textzeilen dargestellt, so kann man entscheiden, ob man sofort antworten muss oder es nur zur Information ist. E-Mails lassen sich direkt von der Uhr aus als gelesen markieren oder löschen. Über den Punkt „SMS Antworten” kann man in der App kurze Nachrichten definieren, die man etwa beim Ablehnen eines Anrufs direkt verschickt.
Alles in allem sind die Benachrichtigungen gut gelöst, hier hat Garmin einen ordentlichen Job gemacht. Die Nachrichten funktionierten im Test nicht nur mit SMS, auch WhatsApp oder Skype ließ sich damit einsehen und beantworten. Telefonanrufe werde ebenfalls auf der Uhr angezeigt, man kann sie hier annehmen oder ablehnen.
Akku
Der Akku der Vivoactive 3 Music hält im normalen Alltag etwa vier bis fünf Tage durch. Dabei sind Funktionen wie die dauerhafte Pulsmessung oder die Schlafüberwachung aktiviert. Sobald GPS aktiv ist, geht die Nutzungsdauer von Tagen in Richtung Stunden. Im Test brachte ein knapp 23-minütiges Radfahren über 5,5 Kilometer den Akku von 97 auf 83 Prozent. Garmin gibt selbst an, dass die Laufzeit für die GPS-Nutzung und Musikhören bei fünf Stunden liegt, das kommt ungefähr hin.
Preis für Tracker und Zubehör
Fazit
Die Vivoactive 3 Music ist eine exzellente Sportuhr, die aber nicht so aussieht. Ihr niedriges Profil und das runde Ziffernblatt machen sie auch für den Alltag tauglich. Die Überwachung der eigenen Aktivität sowie des Pulses oder die Funktionen beim Training sind erneut sehr gut. Das Bezahlen funktioniert, lediglich das Einrichten braucht etwas Zeit. Richtig gut gefallen hat uns, wie einfach man die Uhr mit zusätzlichen Datenfeldern ausstatten und die Designs des Hauptbildschirms anpassen kann. Die Anzahl an zusätzlichen Datenfeldern, die man kostenlos aus dem IQ Store laden kann, ist beeindruckend.
Bei der Software gab es ein paar Macken, etwa das Wetter-Widget. Dennoch ist die Uhr beim Nachtest Ende Mai 2019 deutlich besser geworden. Die Integration von Deezer ist deutlich besser als früher und endlich ist auch Spotify mit an Bord. Damit verdient die Uhr endlich auch das "Music" im Produktnahmen.
Wem die Musikfunktion nicht wichtig ist, der kann zur günstigeren Garmin Vivoactive 3 greifen. Es ist im Grunde exakt die gleiche Uhr, statt eines eigenen Musikplayers gibt es ein Widget, um die Wiedergabe am Handy zu steuern. Alle anderen Funktionen, darunter auch Garmin Pay, sind enthalten.