Unser Testsystem besteht aus zwei Arlo Pro 2 Kameras und der dazugehörigen Basisstation. Mit einem Preis von rund 500 Euro ist das Set nicht unbedingt ein Billigheimer. Im Preis enthalten ist ein USB-Stromadapter zum Aufladen der Akkus in der Kamera. Wer lieber ein Ladegerät benutzt, muss für stolze 65 Euro die Arlo Ladestation nachordern. Für das viele Geld bekommt man allerdings schon ein schickes Kameraset, welches in punkto Erweiterbarkeit sogar deutlich besser aufgestellt ist als der Amazon-Konkurrent Blink XT (Testbericht) . Die Verarbeitung der Kameras hat uns gut gefallen, es gibt keine Spaltmaße oder ähnliches.
Im Arlo-Portfolio gibt es kabellose WLAN-Kameras, mobile Kameras, die kein WLAN benötigen, kabelgebundene Kameras, putzig anzuschauende Babykameras und fernsteuerbare Beleuchtungen (Arlo Security Light). Auch beim Zubehör kann der Arlo-Interessent die Kreditkarte glühen lassen: Von der Solarladestation, über diverse Halter, WLAN-Bridges und interessant gestaltete Kamerabezüge gibt das Sortiment alles her, was man so braucht oder eventuell brauchen könnte. Die Kamera der Arlo Pro 2 hat eine Full-HD-Auflösung (1920×1080 Pixel) wohingegen sich die einfachere Arlo Pro (ohne 2) mit HD-Auflösung begnügt.
Die Basisstation ist ungefähr so groß wie eine Fritzbox und gehört mit einem 900 MHz ARM Cortex A7 Prozessor, 128 MByte RAM und weiteren 128 MByte Flash-Speicher zu den besser ausgestatteten Vertretern ihrer Art. Wer mehr Speicher braucht, kann einen USB-Stick anschließen. Die Basisstation funktioniert auch als Alarmsirene. Arlo wirbt mit einem Schalldruck von über 100 Dezibel, vergisst aber zu erwähnen, in welcher Entfernung dieser gemessen wurde.
Die Kameras ziehen Strom entweder via USB oder über die mitgelieferten Akkus. Aufgrund der rundlich geformten Einlassöffnung für die USB-Buchse eignet sich nicht jedes Kabel für die Stromversorgung. Die rundliche Form der Gehäuseöffnung hat allerdings den Vorteil, dass mit speziellen Kabeln eine wetterfeste Stromversorgung möglich ist. Wetterfeste Kabel gibt es von Arlo fest verschweißt mit dem Outdoor Power Adapter (VMA4900-100PES) zum stolzen Preis von rund 30 Euro. Arlo liefert ein USB-Kabel und einen (Indoor)-Stromadapter für zwei Kameras mit. Für jede Kamera liegt ein Akku bei, welcher das Kameragewicht von 142 g auf 244 g Gesamtgewicht hebt. Im Preis enthalten sind außerdem zwei Wandhalter für die Kameras.
Montage per Magnet
Die Montage der Kameras beschränkt sich auf das Einlegen der ab Werk vorgeladenen Akkus. Die beiden halbkugelig geformten Kamerahalter eignen sich für die Wandmontage, entsprechende Schrauben liegen bei. In der Kamerarückseite ist eine entsprechende Aussparung sowie ein Magnet, der die Kamera mit dem Kamerahalter verbindet. Damit ist die Ausrichtung der Kameras ein Kinderspiel. Weil der Magnet recht stark ist, ist diese Kamerabefestigung durchaus solide. Diebstahlsicher ist das Ganze natürlich nicht, weil man die Kamera mit einem Handgriff vom Halter abpflücken kann. Die Kamera hält natürlich auch ohne Halter an jedem beliebigen Eisenstück ausreichender Größe. Wenn man mal eben etwas ausprobieren möchte, ist das äußerst praktisch. Ob Fensterscharnier, Garderobenhaken oder Schreibtischbein: Bei uns im Test hielt der Magnet die Kamera Indoor wie Outdoor stets fest und sicher.
Alternativ nutzt man das integrierte Stativgewinde, es gibt am Markt eine Vielzahl entsprechender Halter. Die Befestigungsmöglichkeiten bei Arlo sind besser als bei Amazons Blink XT. Die gleichzeitige Nutzung von Stativgewinde und USB-Stromversorgung ist schwierig, weil beide Bereiche direkt nebeneinander liegen. Magnethalter und Stromversorgung lassen sich immerhin gleichzeitig nutzen.
Im Tarifdschungel
Die Arlo Pro 2 Kameras benötigen für den Betrieb zwingend die Cloud. Einige nützliche Funktionen wie zum Beispiel die Personenerkennung oder aussagekräftige Push-Benachrichtigungen auf dem Smartphone stehen nur bereit, wenn man vom kostenlosen Basistarif auf kostenpflichtige Tarife umstellt. Das entdeckt man allerdings erst, wenn man sich intensiver mit dem System beschäftigt. Die Tarifgestaltung bei Arlo ist – gelinde gesagt – unübersichtlich dokumentiert. Allein auf der Webseite verteilen sich die relevanten Informationen auf mindestens vier verschiedenen Unterseiten:
In der App geht das Durcheinander weiter, dort sind Preise teilweise einfach durchgestrichen, die aktuellen Preise fehlen dann. Es wirkt ein bisschen so, als wäre das Arlo-Team mit den Preismodellen aktuell selbst überfordert.
Preisgestaltung
Dabei kann man das Ganze eigentlich schnell zusammenfassen: Wer die funktionalen Beschränkungen des Basistarifs aufheben will, muss mindestens 33,60 Euro pro Jahr und Kamera für das sogenannte „Arlo Smart Add-on“ investieren. Erst dann gibt es Funktionen wie eine Personenerkennung oder aussagekräftige Benachrichtigungsoptionen. Die maximale Speicherdauer bleibt auch mit Smart Add-on auf 7 Tage beschränkt, genau wie im kostenlosen Basistarif. Wer die funktionalen Beschränkungen für mehrere Kameras aufheben möchte und/oder mehr Speicherplatz oder eine längere Speicherdauer braucht, der muss einen kostenpflichtigen Tarif buchen. Es gibt zwei Tarife für Privatpersonen (Smart Premier, Smart Elite) und drei kostenpflichtige Tarife für Unternehmer (Advanced, Professional, Enterprise). Alle kostenpflichtigen Tarife erlauben es zudem, den vollen Funktionsumfang der Kameras zu nutzen. Das Arlo Smart Add-On braucht man in den kostenpflichtigen Tarifen nicht.
Im kostenlosen Tarif Basic ist 1 GByte Online-Speicher enthalten, die mit maximal fünf Kameras genutzt werden können. Die Aufnahmen werden allerdings nur 7 Tage gespeichert und dann überschrieben. Das ist ein überschaubares Zeitfenster, welches den Kunden motiviert, zu einem kostenpflichtigen Tarif zu wechseln. Im günstigsten kostenpflichtigen Tarif Smart Premier für jährlich 90 Euro sind 30 Tage, bis zu 10 Kameras und 10 GByte Speicherplatz enthalten. Der Tarif Smart Elite für jährlich 140 Euro bietet 60 Tage, bis zu 15 Kameras und 100 GByte Cloud Speicher
Eine ununterbrochene Aufzeichnung ist mit Arlo-Pro-WLAN-Kameras in keinem Tarif möglich. Das können nur die festverdrahteten Kameras der Arlo-Q-Familie.
Software
Zum Ansteuern der Kameras kann man entweder die Smartphone App (Android, Amazon, iOS) oder das Webportal nutzen. Webportal und App sind funktional weitgehend aber leider nicht komplett identisch. Man kann sich also das Endgerät aussuchen, was einem am besten passt. Wir haben im Test für administrative Arbeiten meist das Webportal bevorzugt. Auf dem großen Desktop-Bildschirm ist mehr Platz als auf dem Mobilgerät, was das Arbeiten angenehmer als auf dem Mobiltelefon gestaltet. Durch den kleineren Viewport auf dem Smartphones muss man häufiger zwischen Seiten wechseln oder scrollen, was weniger ergonomisch ist. So kann man beispielsweise nur im Webportal den Livestream von zwei Kameras parallel in voller Größe betrachten.
Uns sind im Webportal zwei wichtige Einschränkungen gegenüber der von uns getesteten Android App aufgefallen: Erstens scheint es keine Möglichkeit zu geben, Push-Benachrichtigungen im Browser auszugeben. Und zweitens benötigt das Webportal zwingend Adobe Flash, das bekanntermaßen nicht von jedem Endgerät unterstützt wird. Die Helligkeitsanpassung der Live-View fehlt hingegen in der Smartphone-App. Ein Zugriff auf das Webportal via Smartphone ist übrigens nicht möglich. Dann erscheint der Hinweis, man möge sich doch bitte die entsprechende App installieren.
Für eine cloudbasierte Lösung stellt das Arlo-System eine beeindruckende Bandbreite an Funktionen bereit. Während Amazon das vergleichbaren Blink-System sehr minimalistisch gestaltet hat, geht Arlo buchstäblich in die Vollen. Funktional ist das schon relativ nah an einer fest installierten lokalen Lösung. Parallele Livestreams sind selbstverständlich möglich, gleiches gilt für parallele manuell angestoßene Videoaufzeichnungen. Fotos kann man jederzeit aufnehmen. Die bidirektional Audioausgabe ist ebenfalls möglich, beispielsweise um einen Einbrecher höflich zu bitten, von seinem Tun abzulassen. Nützlich ist auch der Digitalzoom. Qualitativ ist der naturgemäß keine Offenbarung. Dennoch ist es manchmal praktisch, wenn man an einer beliebigen Stelle in das Bild hineinzoomen kann. Die Helligkeit des Videos lässt sich ebenfalls ändern. Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass man jedes Video in den Vollbildmodus setzen kann, ohne parallele Aufzeichnungen zu stören.
Es gibt aber auch einige Einschränkungen zu beachten. Wer im Webportal von den Kameras zu den Aufzeichnungen wechselt, unterbricht augenscheinlich eine laufende Aufzeichnung. Zumindest sieht es so aus, weil das Kamerabild sich durch den Wechsel zurücksetzt. Tatsächlich läuft die Aufnahme weiter, kann aber nicht mehr über den Recording-Button gestoppt werden, sondern nur über den Pause-Button. In der App stoppt ein Wechsel auf eine andere Seite die laufende Aufnahme.
Das System eignet sich, um längere Videos zu erstellen. Videolängen von 15 Minuten waren im Test kein Problem. Wenn man die Kamera einfach laufen lässt, kommt es aber irgendwann zum Timeout. Im Test war die längste Videoaufzeichnung 29:31 Minuten lang. Zu diesem Zeitpunkt hatte das System die Aufnahme via Webportal automatisch beendet und das Video gespeichert.
Die Audioausgabe über die Kamera funktioniert nur unzureichend. Die Sprachqualität ist schlecht und von Aussetzern geprägt. Für Echtzeit-Übertragung ist das System nicht gerüstet. Eine Unterhaltung über die Cloud mit der Kamera als Mikrofon und Lautsprecher funktioniert also mehr schlecht als recht. Was im Übrigen auch für bewegte Bilder gilt. Es dauert immer einige Sekunden bis das Video Änderungen der Aufnahmesituation wiedergibt. Eine Sprach- und Bildqualität wie bei zum Beispiel bei einer Videokonferenz per Skype darf man bei der Lösung nicht erwarten.
Die in der Basisstation integrierte Alarmfunktion erzeugt ein lautstarkes und unangenehm hochfrequentes Geräusch, ähnlich wie man das von Rauchmeldern kennt. Den Alarm kann man von der App steuern. Auf der Gehäuseoberseite befindet sich zudem ein Knopf, mit dem man den Alarm ausschalten kann. Sehr praktisch, wenn einem bei dem Getöse vor Schreck das Smartphone aus der Hand fällt. Im Webportal haben wir einen entsprechenden Alarmknopf vergeblich gesucht. Den Alarm kann man anscheinend nur per App auslösen.
Arlo Pro 2: Software und App
Kamera und Bildqualität
Die Arlo 2 hat ein Objektiv mit einem Bildwinkel von 130 Grad. Im alten Kleinbildsystem entspräche das einer Brennweite von gerade einmal 10 mm, das ist ein Ultra-Weitwinkel. Der Vorteil: man bekommt wirklich sehr viel aufs Bild. Die Bildqualität von Snapshots erinnert an Handykameras. Details sind nicht so viele zu erkennen, die Artefakte halten sich aber in erfreulichen Grenzen. Die Kamera arbeitet bei jeder Lichtsituation zuverlässig. Wenn zu wenig Umgebungslicht vorhanden ist, aktivieren sich Infrarot-LEDs. Damit taugt die Arlo 2 auch für ordentliche Nachtaufnahmen. Fotos aus der Arlo 2 sind deutlich besser, als Screenshots einzelner Frames bei Amazons Blink-System.
Im Test hatten wir aber mehrmals den Fall, dass in der Arlo-App der Fotobutton ausgegraut war, Fotos waren dann nicht möglich. Einen nachvollziehbaren Grund für dieses nervige Verhalten haben wir nicht gefunden. Teils mussten wir den Live-View mehrfach starten, bis wir wieder Fotos machen konnten.
Bei der Arlo 2 bewegt sich in punkto Bildqualität alles in dem Rahmen, der bei einer Überwachungskamera mit Cloud-Anschluss zu erwarten ist. Personen sind als solche zu erkennen und in ausreichender Nähe zur Kamera auch identifizierbar. Durch die starken Verzeichnungen des Objektivs bekommen Personen bei kurzen Aufnahmedistanzen ausgeprägte Eierköpfe. Optische Leckerbissen sind in dieser Kamerakategorie nicht zu erwarten, die Qualität reicht für den Einsatzbereich aber in jeder Hinsicht aus. Das Interessante an der Arlo 2 ist ohnehin nicht die Kamerahardware, sondern die dahinterstehende Cloud-Lösung.
Der Bewegungssensor reagiert besser auf Personen, die an der Kamera vorbeilaufen, als auf Personen, die genau auf die Kamera zugehen. Das scheint ein generelles Sensorproblem zu sein, die Blink XT von Amazon zeigt eine ähnliche Charakteristik. Bei uns im Test wurden Personen in Reichweite der Kamera immer erkannt, es gab aber auch gelegentliche False Positives.
Die Funktionsfülle der Software fordert den Akku der Kamera. Im Test saugte eine Kamera im Wohnungsflur den Akku schon in einem Monat leer. Da ist es sinnvoll, beispielsweise die Kamera nur dann zu aktivieren, wenn es nötig erscheint. Das geht über Zeitpläne oder Geofencing. Dabei erkennt das System, ob das Smartphone des Benutzers in Reichweite ist und aktiviert, beziehungsweise deaktiviert dann die Kamera entsprechend. Gut: Die Software zeigt die Restkapazität an und es gibt bei kritischer Akkuladung eine Warnmeldung.
Fazit
Die Arlo 2 ist für eine Cloud-gestützte Überwachungskamera beeindruckend leistungsfähig. Wer das System vernünftig nutzen möchte, wird allerdings in einen kostenpflichtigen Tarif buchen müssen. Die 7 Tage Speicherdauer im kostenlosen Basistarif reichen gerade einmal für einen Kurzurlaub.
Arlo fährt eine gänzlich andere Strategie als Amazon mit dem Blink System. Bei Amazon gibt es kein Abo und keine Folgekosten, allerdings bietet das System auch nur sehr eingeschränkte Funktionen. Arlo ist funktional in allen Belangen deutlich besser aufgestellt, allerdings profitieren davon in erster Linie Abokunden.
Wer das System mehrere Jahre im Einsatz hat, der wird unter Umständen mehr für das Abonnement bezahlen als für die Hardware. Dafür gibt es aber auch ein gut abgestimmtes, vielfältig erweiterbares und im laufenden Betrieb – für ein Cloud-System, wohlgemerkt – durchaus robustes System. Uns hat besonders das gelungene Webportal gefallen. So praktisch der schnelle Zugriff per Smartphone-App auch ist: Auf dem großen Desktop-Bildschirm arbeitet es sich deutlich angenehmer.
Hinweis: In einer früheren Ausgabe des Artikels hatten wir versehentlich Arlo zu Netgear zugeordnet. Der Kamerahersteller ist aber inzwischen ein eigenes Unternehmen - wir bitten das zu entschuldigen und haben den Text angepasst.