Der japanische Hersteller Sony hat bei Smartphones längst nicht mehr die Bedeutung am Weltmarkt wie früher. Dennoch hält er sich als Nischenhersteller für ein bestimmtes Publikum, das genau die Spezifikationen sucht, die Sony bietet. Dazu gehört generell hohe Qualität bei Verarbeitung und Technik, aber auch ein langgezogenes 21:9-Display ohne Notch für besseren Mediengenuss und mehr Handlichkeit, Spitzenleistung dank Top-Prozessor und Speichererweiterung per Micro-SD-Karte sowie ein Klinkenanschluss für analoge Kopfhörer.
Auch im Jahr 2022 folgt Sony diesem Rezept – und der Erfolg scheint dem Anbieter recht zu geben, sonst hätte das Unternehmen wohl längst einen Kurswechsel eingeleitet. Aber ist das wirklich noch zeitgemäß?
Design und Verarbeitung
Bei Design und Verarbeitung setzt Sony die Messlatte beim Xperia 5 IV wieder enorm hoch. Wie schon beim Vorgänger Xperia 5 III (Testbericht) setzt das Unternehmen auf ein langgezogenes 21:9-Format beim Display, was das Smartphone im Vergleich zu einem 16:9-Display schmal und damit handlich macht, allerdings auch länger.
Gewöhnungsbedürftig bleibt nach wie vor die fehlende Notch für die Frontkamera. Während alle anderen Hersteller mittlerweile ihre Selfiecam durch eine sogenannte Punch-Hole-Notch durch das Display lugen lassen, setzt Sony wie vor 10 Jahren auf einen breiten schwarzen Balken über dem Display, in dem unter anderem auch die Kamera untergebracht ist. Das sorgt für unterbrechungsfreien Film- und Videogenuss, da nicht einmal ein winziges Frontkamera-Loch die Darstellung trübt, allerdings wird so im Vergleich zu Wettbewerbern deutlich weniger Front für das Display verwendet. Das wirkt bisweilen tatsächlich etwas altbacken – stört bei Filmen ein kleines Kameraloch wirklich mehr als der breite Balken, der immer da ist?
Ansonsten kann man Sony keine Vorwürfe machen. Der Hersteller versteht es seit Jahren, sein monolithisches Design weiter zu verfeinern und zu perfektionieren. So gehen sowohl Glasfront als auch -rückseite fließend in sanfter Rundung in den Metallrahmen über, so perfekt schaffen das längst nicht alle Hersteller. Zudem sind die seitlich in den Rahmen integrierten Tasten perfekt bei Druckpunkt und Tastenhub – inklusive der Power-Taste, die im Gegensatz zu Lautstärkewippe und dediziertem Kameraknopf nicht leicht hervor-, sondern im Rahmen zurücksteht. Er beherbergt zudem den sehr gut funktionierenden Fingerabdrucksensor – ebenfalls ein Unterschied zur Konkurrenz, die bei OLED-Displays auf einen Sensor innerhalb des Screens setzt.
Neben der tollen Verarbeitung und dem zumindest optisch kantigen Look bietet Sony beim Xperia 5 IV zudem ein sehr dezentes Design. Wo bei anderen Herstellern oftmals große, auffällige Kamerablöcke auf der Rückseite prangen, installiert Sony beinahe schüchtern drei untereinander liegende Linsen, die in einer unaufgeregten, länglich-ovalen Erhebung untergebracht sind. Gefertigt wird das Sony Xperia 5 IV übrigens in Thailand und nicht in China. Und noch eine Besonderheit gibt es: Der Schlitten für die Aufnahme von Nano-SIM(s) und/oder Micro-SD-Speicherkarte zuständig ist, lässt sich ohne Werkzeug öffnen, nur ein Fingernagel ist dafür nötig. Dennoch ist das Smartphone staub- und wasserdicht nach IP68.
Display
Sony setzt in seinen Smartphones auf OLED, diese Technik überzeugt im Allgemeinen mit satten Farben, gutem Schwarzwert und Kontrast sowie toller Blickwinkelstabilität. Beim Xperia 5 IV packt Sony auch 120 Hz mit aufs Datenblatt, was bei bewegten Inhalten für flüssige Wiedergabe führt. Die Bilddiagonale ist mit 6,1 Zoll beinahe moderat, zusammen mit dem schmalen Display ergibt sich daher die bereits erwähnte, überdurchschnittliche Handlichkeit.
Die Auflösung liegt bei 2520 x 1080 Pixel, das reicht für scharfe Darstellung locker aus. Der HDR-fähige Screen bietet zudem eine ordentliche Helligkeit, im Test konnten wir knapp 900 cd/m² im Automatikmodus und fast 600 Candela im manuellen Modus messen. Zwar gibt es Smartphones mit noch helleren Screens, im Alltag reicht das beim Xperia 5 IV aber locker aus. Insgesamt baut der japanische Smartphone-Veteran hier ein ziemlich gutes Panel ein.
Alle Bilder zum Sony Xperia 5 IV im Test
Kamera
Die Kameras im Sony Xperia 5 IV sind allein deshalb schon etwas Besonderes, weil sich der Hersteller weigert, dem Megapixel-Hype zu folgen und für alle vier Kameras exakt die gleiche Auflösung wählt: 12 Megapixel. Zudem sind sie in Zusammenarbeit mit Zeiss entstanden und bieten mit Haupt-, Weitwinkel- und Telekamera sowie Selfiecam inklusive optischem Bildstabilisator (OIS) alles, was ein hochwertiges Kamera-Setup ausmacht. Zumindest auf dem Datenblatt ist allerdings das Fehlen des variablen Zooms des Vorgängers ein Nachteil.
Bei der Qualität macht das Kamera-Setup von Sony einen guten Eindruck. Haupt- und Telekamera sehen wir aber in den Punkten Bildschärfe und Detailreichtum nicht ganz auf Augenhöhe mit der Spitzenkonkurrenz, die kostet noch einmal einige hundert Euro mehr. In Relation zum Preis geht die Bildqualität zumindest bei Tag absolut in Ordnung. Der Weitwinkel bleibt zwar qualitativ wie fast immer leicht hinter der Hauptkamera zurück, kann sich aber gegen die Konkurrenz durchsetzen.
Bei Nachtaufnahmen setzt Sony eher auf einen natürlichen Look und verzichtet auf starke Nachschärfung, dadurch wirken entsprechende Aufnahmen insgesamt weniger knackig als bei der Konkurrenz. Im Gegenzug tritt dafür Bildrauschen weiter in den Hintergrund, allerdings tendiert die Kamera beim Weißabgleich zu wärmerer Wiedergabe als bei früheren Modellen.
Insgesamt liefert Sony beim Xperia 5 IV gute Leistung bei Fotos, zumindest bei Tag. Bei wenig Licht fallen Aufnahmen allerdings hinter die Konkurrenz zurück. Das gilt auch für die gute Selfiecam auf der Front. Bei Video überzeugt die gute Bildstabilisierung und Aufnahmen in 4K/60 sind angenehm scharf und auch bei Schwenks flüssig. Zudem punkten Videos mit gutem Sound.
Fotos mit der Kamera des Sony Xperia 5 IV
Ausstattung
Sony verpasst dem Xperia 5 IV mit dem Snapdragon 8 Gen 1 von Qualcomm den aktuellsten Top-Chipsatz, nur sehr langsam kommen erste Modelle mit noch schnellerem Snapdragon 8 Gen 2 auf den Markt. Kombiniert wird der Prozessor mit nur einer Speichervariante mit 8/128 GByte. Das reicht in Benchmarks trotzdem für sehr gute Werte, wenn auch nicht für den Spitzenplatz. So wird das Sony-Modell mit seinen rund 12.500 Punkten in PCmark Work 3.0 etwa von einem Motorola Edge 30 Ultra (Testbericht) mit gleichem Chip um rund 3000 Punkte geschlagen. Auch bei 3Dmark Wild Life hat das Sony-Modell mit etwas mehr als 2000 Punkten zu 2750 Punkten im direkten Vergleich klar das Nachsehen.
Im Alltag macht das aber nichts und auch bei anfordernden Spielen ist davon nichts zu bemerken. Hier gibt es keine Situation, mit dem Nutzer das Xperia-Modell überfordern könnten. Ruckler sind Fehlanzeige und Ladezeiten kurz. Allerdings wird das Smartphone beim Spielen warm – ein typisches Phänomen bei Modellen mit dem Snapdragon 8 Gen 1. Während das in Benchmarks sogar zum Heruntertakten des Chipsatzes führen kann, ist im Alltag keine Reduktion der Leistung zu bemerken.
Das Smartphone punktet mit der Aufnahmemöglichkeit für eine Speicherkarte und Besitzer guter Kopfhörer mit Klinkenanschluss dürfen sich freuen, da Sony das Xperia 5 IV auch damit ausgestattet hat. Hinzu kommen kräftige, klare und mit vergleichsweise viel Tiefton ausgestattete Stereo-Lautsprecher und ein schnell und direkt funktionierender Fingerabdrucksensor im seitlichen Power-Button. Weitere Features lassen sich im Datenblatt zum Gerät nachschauen.
Bei der Software entscheidet sich Sony wieder für ein mit Android recht aktuelles Betriebssystem und installiert darüber eine nur wenig angepasste Nutzeroberfläche. So gibt es etwa die Side Sense genannte Funktion, mit der Apps als Fenster vor anderen geöffnet werden können oder einen Spieleoptimierer, der während Games Schnellzugriffe auf Display- und Audiofunktionen sowie einen Hochleistungsmodus bietet. Ansonsten halten sich Abweichungen von Vanilla-Android in Grenzen, lediglich einige wenige Sony- und sonstige Apps werden beim Einrichtungsprozess installiert, Nutzer können darauf aber auch verzichten.
Etwas unglücklich finden wir den Umstand, dass Sony nur zwei Jahre Versions-Upgrades und drei Jahre Sicherheits-Patches liefern will. Das machen andere Hersteller deutlich länger und sollte bei hochpreisigen Smartphones wie dem Xperia 5 IV Standard sein. Der Sicherheits-Patch unseres Testmodells stammte zudem noch von Oktober 2022, da dürfte Sony gern einen Zahn zulegen.
Akku
5000 mAh leistet der Akku des Sony Xperia 5 IV und bietet damit für ein solch kompaktes Smartphone ordentlich Power. Dennoch sind die Laufzeiten eher Mittelmaß. Im Battery Test von PCmark kommt das Gerät im Automatikmodus für die Wiedergabefrequenz auf nur 10 Stunden. Das reicht locker für einen Tag und bei gemäßigter Nutzung auch noch für einen zweiten, allerdings beweisen manche Konkurrenten wie das zuvor genannte Motorola Edge 30 Ultra (Testbericht) deutlich mehr Ausdauer.
Sony verzichtet auf ein Ladegerät im Lieferumfang und rät Käufern stattdessen zu einem Sony-Ladegerät mit 30 Watt. Im Test mit einem etwas stärkeren Ladegerät benötigt das Xperia trotzdem über 1,5 Stunden. Zum Vergleich: Motorola gewährt dem Edge 30 Ultra satte 125 Watt und hämmert damit den Strom in unter 30 Minuten vollständig wieder in den Akku. Dafür versteht sich das Xperia 5 IV jetzt auch auf kabelloses Laden nach Qi-Standard. Hier benötigt das Modell rund 2,5 bis 3 Stunden.
Preis
Das Sony Xperia 5 IV kostete zum Testzeitpunkt ab 810 Euro. Zur Wahl stehen drei Farben.
Fazit
Sony schafft beim Xperia 5 IV wieder einen Spagat aus Eigenständigkeit und Schrulligkeit. Den schwarzen Balken statt Punch-Hole-Notch zählen wir dabei eher zu Schrulligkeit, denn wer schaut ernsthaft einen Kinofilm auf einem 6,1 Zoll „großen“ Display und beschwert sich dann über ein winziges Kameraloch? Auf der anderen Seite ist das Xperia 5 IV dank des langgezogenen Designs erstaunlich handlich für ein modernes Smartphone und die Verarbeitung ist über alle Zweifel erhaben. Ansonsten leistet sich das Gerät keine echten Aussetzer.
Die Akkulaufzeit ist mindestens im Mittelfeld angesiedelt, die Kamera im oberen Bereich – ohne jedoch die Spitze für sich proklamieren zu können. An anderer Stelle kann sich das Sony-Modell deutlich mehr von der Konkurrenz absetzen – etwa durch die Speichererweiterungsmöglichkeit und den Klinkenstecker.
Wer – dann auch noch in Verbindung mit Wasserdichtigkeit – darauf Wert legt, die Power eines Spitzen-Chipsatzes benötigt und dann am besten auch noch Sony-Fan ist, liegt mit dem Xperia 5 IV genau richtig. Die meisten anderen werden vermutlich nach wie vor bei der Konkurrenz für teils sogar weniger Geld fündig. Alternativen sind etwa das erwähnte Motorola Edge 30 Ultra (Testbericht), Samsung Galaxy S22 Ultra (Testbericht), Google Pixel 7 Pro (Testbericht) oder Oneplus 10 Pro (Testbericht).