Wo andere mit Chrom und großen Herstellerlogos protzen, zeigt Sony, dass man so was nicht nötig hat: Das dezente, goldene Sony-Logo ist der einzige Kontrast auf einer ansonsten durchgehend dunkelgrauen und abgesehen von einem leichten Gummi-/Kunststoffgeruch absolut unauffälligen matten Gummi-Oberfläche. Selbst die Beschriftung der Bedienelemente und die winzige L- und R-Markierung sind kaum zu erkennen.
Mit Pommes-Fingern sollte man den WH-1000XM5 allerdings nicht anfassen, sonst erscheinen gut kontrastierende dekorative Fingerabdrücke und Fettflecken. Wer das vermeiden möchte, sollte zur hellgrauen Ausführung greifen. Mit 248 g ist der WH-1000XM5 auch leicht und dank der weichen Materialien angenehm zu tragen. Seine Stärken sind ANC, Leichtigkeit – sowohl wortwörtlich als auch beim Sound – und hohe Telefoniequalität.
Ausstattung, Installation und Betrieb
Die Verpackung und Ausstattung des Sony WH-1000XM5 ähnelt der des Bowers & Wilkins Px7 S2 (Testbericht): Die Kabel sind in der mitgelieferten Schutztasche unter einer Klappe versteckt, die allerdings leichter erkennbar ist als bei B&W. Die Schutztasche ist laut Sony platzsparend faltbar, doch eigentlich höchstens quetschbar, was ihr auf Dauer sicher nicht gut tut.
Es liegt für den kabelgebundenen Betrieb ein 1,2 m langes, analoges Kabel mit Klinkenstecker bei sowie ein nur 20 cm langes USB-Ladekabel. Letzteres darf man auch durch ein längeres Exemplar ersetzen, ersteres dagegen ausdrücklich nicht. Am Desktop-Tower ist man mit 1,2 m dann schon sehr knapp angebunden, größere Personen können unter Umständen nicht mehr gerade sitzen. Plötzliche Kopfbewegungen oder gar ein Aufstehen, ohne den Kopfhörer vorher abzusetzen, sind dann zu vermeiden. Der PC sollte zudem links von einem stehen, da der Anschluss auf der linken Seite sitzt. Alternativ ist bei entsprechender Ausstattung des Rechners eine drahtlose Bluetooth-Ankopplung möglich.
Die Inbetriebnahme ist unkompliziert – vom Anlegen eines Sony-Accounts für die App und den zunächst anfallenden App-Einstellungen einmal abgesehen. Im Gegensatz zu vielen anderen Kopfhörer-Apps bietet die von Sony aber auch echte Mehrwerte und ein schnelles Erkennen und Koppeln des WH-1000XM5, sobald der Bluetooth-Pairing-Modus aktiv ist.
Der WH-1000XM5 kann sich mit zwei Geräten parallel per Bluetooth verbinden. Dabei haben Anrufe Priorität, ansonsten wird nur umgeschaltet, wenn die momentan abgespielte Klangquelle verstummt und auf dem anderen Gerät etwas läuft. Das ist sinnvoller als beim Bowers & Wilkins Px8 (Testbericht), der ein gekoppeltes Gerät gegenüber dem zweiten prinzipiell priorisiert: Dort unterbricht schon der „Pling“ einer Outlook-Mail auf dem priorisierten Smartphone den Musikgenuss vom zweiten Gerät, und es wird nach dieser Unterbrechung auch nicht mehr zurückgeschaltet.
Sony WH-1000XM5 Bilder
Beim Betrieb am Kabel gibt es auch einen passiven Modus, in dem der Kopfhörer ohne aktive Elektronik, somit auch ohne ANC, noch spielt. Der Normalfall ist allerdings der eindeutig besser klingende Modus – der Kopfhörer schaltet sich beim Anstecken des Klinkenkabels zudem automatisch ein. Dabei wird auch ein DAB+-Radio nicht gestört, wie es etwa beim Yamaha YH-L700A (Testbericht) der Fall ist. Ansonsten reichen schon drei Minuten Laden für 30 Minuten Betrieb. Voll aufgeladen spielt der Kopfhörer 30 Stunden mit ANC, 40 Stunden ohne ANC und 24 Stunden bei Dauertelefonie mit ANC.
Der Kopfhörer hat einen Taster zum Ein- und Ausschalten sowie mit länger Drücken zum Bluetooth-Pairen und einen zweiten zum Umschalten des Geräuschunterdrückungsmodus (ANC An, Aus, Transparent/Ambient). Weiteres wie Lauter/Leiser, Start/Pause, Vor/Zurück und Anrufe annehmen, wird über Wischen auf der rechten Kopfhörermuschel gesteuert.
Ein Tragesensor stoppt die Wiedergabe automatisch beim Lupfen oder Abnehmen des Kopfhörers, was sehr zuverlässig funktioniert. Wird es in der App aktiviert, so schaltet der Kopfhörer automatisch auf den Transparent-Modus und pausiert die Musik, sobald man spricht. Sehr praktisch unterwegs und im Büro – außer für Leute, die gerne Selbstgespräche führen.
Tragekomfort
Over-Ear-Kopfhörer sind bei Brillenträgern nicht immer beliebt, weil sie in Kombination mit dem Brillenbügel unangenehm drücken können. Beim WH-1000XM5 ist dies dank des verwendeten Materials, das sich Druckstellen anpasst, nicht zu befürchten. Zudem ist es weich. Gewicht und Anpressdruck sind geringer als bei anderen Over-Ears. Man bleibt also entspannt, auch wenn man den Kopfhörer den ganzen Tag trägt.
Im Winter erspart der WH-1000XM5 einen separaten Ohrenwärmer. Ob der Kopfhörer sich auch im Sommer angenehm trägt, konnten wir zum Testzeitpunkt nicht feststellen; hier könnte eventuell der doch leicht strenge Geruch des Materials unangenehmer werden.
ANC und Telefonieren
Der Kopfhörer sitzt gut und macht sich auch beim Joggen oder Rennen nicht selbstständig. Auch Wind- und Schrittgeräusche sind nicht auffällig. Er dichtet akustisch sehr gut ab, schon ohne ANC, mit noch umso mehr. Das ANC des Sony WH-1000XM5 gehört wie schon bei seinen Vorgängern WH-1000XM4 (Testbericht) und WH-1000XM3 (Testbericht) zu den besten am Markt. Störgeräusche wie Rauschen sind nicht festzustellen. Ein leichter Klangwechsel beim Wechsel des ANC-Modus ist zu bemerken, doch nicht störend.
Wenn im Zug Ansagen kommen, bekommt man diese noch mit und kann die Musik anhalten oder den Kopfhörer lupfen. Auch ein Transparent-Modus ist verfügbar, in dem man die Umgebung weiterhin fast normal hören kann. Das ANC arbeitet beim Bahnfahren sehr gut und entlastet die Ohren erheblich.
Allerdings hat Sony seinem ANC und der App fast zu viel künstliche Intelligenz spendiert: Das ANC arbeitet adaptiv und wertet einerseits den aktuellen Standort aus, für den man auch einen gewünschten Modus hinterlegen kann, andererseits die Außengeräusche. Das führt dann schon einmal dazu, dass ein gekipptes U-Bahn-Fenster das ANC auf Transparent umschalten lässt oder der Kopfhörer beim Verlassen des Zugs in der Bahnhofshalle unerwartet in diesen Modus umschaltet. Das ist dann zwar gut gemeint, aber eher lästig. Man kann dieses Verhalten aber in der App anpassen.
Wie steht es mit dem Härtetest für ANC, dem Büro? Früher ein Feld, auf dem ANC-Kopfhörer keine Chance hatten, doch schon die Vorgänger des Sony WH-1000XM5 änderten dies. So verliert das Groß- oder auch Kleinraumbüro (ein direkt gegenübersitzender, dauertelefonierender Kollege erschwert das konzentrierte Arbeiten oft) einiges an Schrecken. Sämtliche Frequenzen werden bei eingeschaltetem ANC gleichmäßig gedämpft, Tiefen ebenso wie Mitten und Höhen, und ein Umschalten auf Kommunikation ist durch Anheben des Kopfhörers, Umschalten des ANC-Modus oder schlicht durch eigenes Sprechen sekundenschnell möglich.
Übrigens benutzt der WH-1000XM5 insgesamt acht Mikrofone, davon vier zum Telefonieren und den Rest, um die Umgebungsgeräusche für ANC und dessen Steuerung abzugreifen. Das Telefonieren klappt hier sehr gut. Dabei werden nicht nur beim Benutzer die Hintergrundgeräusche reduziert, auch der Gesprächspartner bekommt einen vernünftigen Ton geliefert.
Klang
Positiv ist, dass die Sony-App auch auf der älteren Android-Version des High End-Abspielers Onkyo DP-X1 läuft. Sie ermöglicht es, die Wiedergabe des Sony WH-1000XM5 dem eigenen Geschmack anzupassen. Im Originalzustand war uns diese zu basslastig und eher nervig, doch wenn man den Bass-Boost reduziert, kann der Kopfhörer einen sehr entspannten, luftigen Sound liefern. Leider sind Equalizer und App bei der qualitativ ja eigentlich besten Übertragung, dem Anschluss per Kabel, außen vor.
Sony WH-1000XM5 Screenshots
Auf spezielle Klangeffekte verzichtet der WH-1000XM5. Er nutzt 30-mm-Kohlefaserverbund-Kalotten ähnlich den Hochton-Kalotten mancher Lautsprecher. Ein großer Schwachpunkt ist allerdings das Fehlen von aptX. Dafür ist der Sony-eigene LDAC-Codec an Bord, welchen die meisten aktuellen Android-Smartphones unterstützen. Für Apple-Nutzer bietet der Sony-Kopfhörer AAC.
Beim Hi-Res-Player Onkyo DP-X1 wäre sogar aptX HD geboten, jedoch kein AAC und damit bleibt für einen Hi-Res-Player und einen Hi-Res-Kopfhörer nur SBC auf dem Level eines 20-€-Billig-Bluetooth-Hörers. Beim aktuellen Kopfhörer-Flaggschiff in zwei Klangprozessoren und Systeme wie DSEE Extreme zur Klangverbesserung zu investieren, doch dann die Kosten für eine aptX-Lizenz zu verzichten, ist unverständlich.
Immerhin muss man dem Klangverbesserungssystem zugestehen, auch aus SBC und Musikquellen schlechter Bitrate einen durchaus ansprechenden, luftigen Klang mit entspannt und nicht künstlich klingenden Hi-Hat-Höhen zu zaubern. Trotzdem wäre eine originalgetreue Wiedergabe immer noch besser als eine intelligent rekonstruierte.
Wer also ein Android-Phone mit LDAC-Unterstützung verwendet oder ein iOS-Gerät mit AAC nutzt, bekommt einen hervorragenden Klang, dem kaum ein anderer Kopfhörer dieser Preiskategorie etwas vormacht.
Preis
Mit knapp 420 Euro Listenpreis und einem Straßenpreis ab 330 Euro ist der WH-1000XM5 kein Schnäppchen, doch auch nicht unbezahlbar. Dass er vom Material her nicht so wertig erscheint, wird vom Tragekomfort und der Robustheit mehr als aufgewogen und macht ihn auch tauglich für den täglichen Außeneinsatz. Er ist auch eine Anschaffung, die wenig an Wert verliert: Die Vorgängermodelle sind auch nur wenig günstiger im Handel.
Fazit
Das ANC und der Tragekomfort des Sony WH-1000XM5 sind beeindruckend, der Klang ebenso und die App endlich mal mehr als nur lästiges Beiwerk. Man bekommt für sein Geld ein Produkt auf dem aktuellen Stand der Technik, das alltagstauglich ist, auch über viele Stunden nicht anstrengt und vielseitig verwendbar ist – nicht nur zum Musik hören.
Allerdings sollte man darauf achten, dass einem die kleinen Schwächen des Kopfhörers wie der etwas strenge Geruch nicht den Spaß vermiesen. Für einen zukünftigen Sony WH-1000XM6 gäbe es also noch Verbesserungspotential.