Design
Als erstes fällt auf, wie kompakt die Ricoh Theta S ist – mit 13,0 × 4,4 Zentimetern ist sie deutlich kleiner als aktuelle Smartphones, dafür mit 1,8 Zentimetern aber zugegebenermaßen auch ein ganzes Stück dicker. Eine Virtual-Reality-360-Grad-Kamera hätte ich mir jedenfalls sperriger vorgestellt.
Die zweite Auffälligkeit betrifft den grundsätzlichen Aufbau. Die Theta S im Barren-Format hat auf beiden Seiten ein dickes Fisheye-Objektiv und ist weitgehend symmetrisch aufgebaut. Vorder- und Rückseite unterscheiden sich nur durch einen großen Aufnahme-Button, der sich mit dem Daumen gut erreichen lässt.
Das Kunststoffgehäuse macht einen soliden Eindruck und liegt dank einer griffigen Beschichtung satt in der Hand. Auf der rechten Seite des Gehäuses finden sich noch drei Buttons für Ein/Aus, WLAN und Moduswechsel. Leider sind die Tasten blind nicht zu unterscheiden – nach kurzer Zeit hat man sich allerdings die Positionierung der Knöpfe gemerkt.
Ein Display gibt es an der Theta S nicht. Das wäre allerdings auch nur eingeschränkt sinnvoll. Schließlich filmt die 360-Grad-Kamera prinzipbedingt ja ohnehin alles – das Zielen kann man sich theoretisch sparen. Allerdings ist die Bildmitte der Panoramen bei der Wiedergabe standardmäßig immer dorthin ausgerichtet, wohin das gegenüber der Aufnahmetaste gelegene Objektiv zeigt.
Durch die dünne Gummierung lässt die Kamera bei Bedarf ein paar Symbole aufleuchten, die den gewählten Modus oder den WLAN-Status anzeigen oder darüber informieren, ob die Aufnahme läuft.
Wer trotzdem eine Bildvorschau haben möchte, findet diese in der App – aber dazu später mehr. Unten am Gehäuse gibt es noch einen Standard-Stativanschluss sowie einen Micro-USB-Port zum Aufladen des Akkus sowie einen Mini-HDMI-Ausgang. Hier kann die Theta S laut Hersteller ein Live-Videosignal ausgeben.
Ein Haken am Design: Die Objektive ragen auf beiden Seiten etwa zweieinhalb Millimeter weit aus dem Gehäuse heraus. Legt man die Kamera dann irgendwo ab, kratzen die Linsen über die Oberfläche und bekommen früher oder später Schrammen. Immerhin: Im Lieferumfang ist eine Schutzhülle aus Neopren enthalten, die man auch tunlichst verwenden sollte.
Bedienung und App
Das Aufnehmen mit der Theta S könnte kaum einfacher sein. Man betätigt den Einschalter an der rechten Seite und wählt mit dem Umschalter entweder Foto- oder Videomodus aus. Ein Druck auf den Aufnahmebutton schießt dann entweder ein 360-Grad-Foto oder startet die Videoaufnahme – und stoppt diese natürlich auch wieder.
Weitere Optionen gibt es in der für Android und iOS erhältlichen App. Nach dem Start der Theta S öffnet die Kamera auf einen Druck auf den WLAN-Button hin ein drahtloses Netzwerk, in das man sich dann mit dem Smartphone verbinden kann. Das Passwort dafür findet sich übrigens auf der Unterseite der Kamera.
Die Anwendung unterteilt sich in drei Tabs. Ganz links findet sich das Wiedergabe-Tab, repräsentiert wohl durch eine Art Fotobuch. Hier kann der Nutzer Dateien von der Theta S aufs Smartphone übertragen – das fordert bei Videos allerdings gerne einmal etwas Geduld – bei einem 206 MByte großen und knapp zwei Minuten langen Video dauert das Kopieren etwa vier Minuten, während der man die Anwendung im Vordergrund lassen soll. Unter Android bricht während des Kopierens leider immer wieder die Verbindung ab
Im Aufnahme-Tab gibt es wie an der Kamera selbst einen Umschalter zwischen Foto- und Videomodus. Im Fotomodus gibt neben einer Automatik mit Lichtwert-Korrektur auch die Halbautomatiken Verschluss- und ISO-Priorität sowie einen manuellen Modus. Für die Verschlusszeit stehen Werte zwischen 1/6400 und 60 Sekunden zur Verfügung, für die Empfindlichkeit Werte zwischen ISO 100 und ISO 1600.
Außerdem gibt es noch eine Weißabgleich-Einstellung, die allerdings weder einen manuellen Weißabgleich noch eine Farbtemperatur-Einstellung bietet. Schließlich gibt es auch noch eine Intervallaufnahme-Funktion die bis zu 200 360-Grad-Panorama-Fotos im Abstand von acht Sekunden bis 60 Minuten schießt.
Im Videomodus beschränken sich die Einstellungsmöglichkeiten auf die Auflösung: Es stehen wahlweise 1920 × 1080 oder 1280 × 720 Pixel zur Verfügung, die maximale Fotoauflösung beträgt übrigens 5376 × 2688 Pixel.
In den Einstellungen schließlich gibt es ein paar rudimentäre Optionen zu beispielsweise WLAN-Passwort, Ruhemodus oder Einblenden von Positionsinformationen aus dem Smartphone sowie ein Benutzerhandbuch. Eine Selbstauslöser-Funktion gibt es leider nicht.
Abschließend gibt es noch zu sagen, dass die App leider etwas umständlich gestaltet und nicht gerade eine Schönheit ist. Zumindest mir war nicht auf Anhieb ersichtlich, dass die drei Symbole am unteren Bildrand drei Tabs repräsentieren sollen. Und auch die Bedeutung der Symbole war – abgesehen vom Zahnrad für die Einstellungen – nicht klar. Sobald man das einmal kapiert hat, ist die App zwar immer noch nicht schöner designed, funktioniert aber mit einer Ausnahme zuverlässig.
Und diese hat es leider in sich: Das Übertragen von Dateien aufs Smartphone war im Test eine Qual. Unter Android brach die Verbindung leider immer wieder nach kurzer Zeit ab, das Übertragen von größeren Videos war leider kaum möglich. Mit iOS hielt die Theta S die Verbindung zwar aufrecht, doch hier brach die Übertragungsgeschwindigkeit immer wieder stark ein, und das Kopieren wurde zur Geduldsprobe.
Hat das Übertragen einmal geklappt, lassen sich die Bilder und Videos entweder auf dem Handy mit Cardboard und Konsorten bewundern, vom Smartphone aus auf den Rechner übertragen und weiterverarbeiten oder in Ricohs Cloud-Service hochladen. Hier gibt es dann auch einen 360-Grad-Viewer, mit dem man die Fotos und Videos auf Facebook & Co. teilen kann.
Einfacher funktioniert das Übertragen von Dateien per USB-Kabel auf den Rechner. Leider meldet sich die Theta S nicht als Massenspeicher am Computer an, sondern als Kamera. Damit muss immer der Umweg über iPhoto und dessen Äquivalente gegangen werden, um die Aufnahmen auf den Mac respektive PC zu übertragen.
Hardware
Die unverbindliche Preisempfehlung der Ricoh Theta S liegt bei 399 Euro. Dazu passt die Hardware unter der Haube. Um das Einfangen der Bilddaten kümmern sich zwei 1/2,3 Zoll große Bildsensoren, wie sie auch bei Einsteiger- bis Mittelklasse-Kompaktkameras üblich sind. Die Auflösung der beiden Chips beträgt jeweils 12 Megapixel.
Vor den beiden in entgegengesetzte Richtung guckenden Sensoren sitzen zwei Fischaugen-Objektive mit einer Blende von F2.0. Die Optiken haben jeweils einen Bildwinkel von 190 Grad, so dass sich die eingefangenen Bilder leicht überlappen – aus diesen beiden Einzelvideos macht die Theta S dann ein Rundum-360-Grad-Video.
Ums Fokussieren muss man sich übrigens keine Sorgen machen: Die Kamera setzt auf ein Fixfokus-Objektiv, das aufgrund der extrem niedrigen Brennweite einen sehr großen Schärfebereich hat. Alles ab einer Entfernung von zehn Zentimetern vom Objektiv wird scharf abgebildet.
Einen Speicherkartenslot gibt es übrigens nicht – die Theta S bringt 8 GByte integrierten Speicher mit. Bei maximaler Qualität reicht das für etwa 65 Minuten Videomaterial oder für 1600 Fotos aus. Der Akku ist ebenfalls fest in dem 125 Gramm schweren Gehäuse verbaut und soll genug Saft für 260 Fotos mitbringen.
Bildqualität
Bei der Bildqualität darf man sicherlich keine Wunder erwarten. Auch bei guten Lichtverhältnissen wirken die Aufnahmen der Theta S Details detailarm, Feinheiten wie die Äste von Bäumen wirken vermatscht. Die Farbwiedergabe überzeugt dagegen – Aufnahmen bei Sonnenlicht wirken farbenfroh und angenehm. Nur allzu genau sollte man eben nicht hinsehen.
Unter schlechteren Lichtverhältnissen fällt die Bildqualität erfreulicherweise nicht stark ab. Auch in geschlossenen Räumen unter Mischlicht hält sich das Bildrauschen noch in Grenzen. Hier springt bei den Videoaufnahmen allerdings gelegentlich der Weißabgleich von warm auf kalt. Zugegebenermaßen ist das allerdings auch für eine 360-Grad-Kamera bei Mischlicht eine sehr schwierige Aufgabe. Im Dunkeln schließlich liefert die Theta S erfreulicherweise immer noch recht ordentlich ausgeleuchtete Aufnahmen, auf denen dann aber auch ein zunehmendes Bildrauschen zu sehen ist.
Ansonsten hat die Theta S noch mit den für Kompaktkameras üblichen Problemen zu kämpfen: Bei kontrastreichen Motiven tauchen aufgrund des geringen Dynamikumfangs immer wieder über- und unterbelichtete Bildbereiche auf. Auch hier ist es natürlich eine Mammutaufgabe, für ein 360-Grad-Sichtfeld eine sinnvolle Belichtung zu ermitteln. Unter diesen Voraussetzungen löst die Theta S ihre Aufgabe aber sehr ordentlich. Wer ein Stativ einsetzt, kann über die App manuell „Belichtungsreihen“ aufnehmen und anschließend aus den Einzelbildern eine HDR-Aufnahme basteln.
Was generell noch auffällt, ist, dass die extremen Weitwinkel-Objektive der Ricoh Theta S recht starke chromatische Aberrationen auf die Aufnahmen bringen. Diese meist violetten Farbsäume fallen insbesondere an Übergängen mit hohen Kontrastunterschieden auf. Auch das ist angesichts des Preises und der extremen Brennweite jedoch keine Überraschung.
Das „Zusammennähen“ der zwei Videos von den beiden Kamera-Modulen funktioniert im Übrigen recht gut. Generell gilt: Je näher die aufgezeichneten Gegenstände von der Theta S entfernt sind, desto stärker fallen Stitching-Artefakte auf. Extremfall: Wer mit der Kamera aus der Hand filmt, muss mit einem abstrakten Fingersalat im unteren Bildbereich leben. Ein Mini-Stativ schafft Abhilfe.
Fazit
Unterm Strich ist die Ricoh Theta S eine einfache und – was die Hardware angeht – benutzerfreundliche Möglichkeit, ordentliche 360-Grad-Videos und Fotos aufzunehmen. Die App ist allerdings etwas umständlich designed, und die Dateiübertragung auf das Smartphone kostet Nerven. Wer darüber hinwegsehen kann, bekommt bei der Theta S jedoch für faires Geld eine nutzerfreundliche und handliche Möglichkeit, eindrucksvolle Aufnahmen einzufangen.