Keine neue Generation, aber immerhin ein neues Modell: Das Oculus Rift S macht Tester misstrauisch, ob sich Oculus den PC-Markt vielleicht vernachlässigt und lieber auf eigenständige Geräte wie das Oculus Go (Test) oder das Oculus Quest (Ratgeber) setzt. Die Befürchtungen sind unbegründet, wie unser Test im Rahmen unserer Themenwelt VR zeigt.
Technische Daten
Was hat sich also beim Rift S verändert? Oculus hat intern Modellpflege betrieben und an paar Stellschrauben gedreht. Das betrifft etwa die Auflösung. Die ist auf 1280 × 1440 Pixel pro Auge gestiegen. Damit springt die VR-Brille von Full HD (Rift) auf 1440p (Rift S). Die Bildwiederholfrequenz liegt bei 80 Hz, der Vorgänger schaffte noch maximal 90 Hz. Der Sichtbereich ist vergleichbar mit den 110 Grad des Vorgängers, leider liefert Oculus dazu keine Daten. Im direkten Vergleich würden wir ihn ähnlich einschätzen. Richtig interessant ist, dass die AMOLED-Displays des ersten Rift durch normale LCDs ausgetauscht wurden. Wir dachten, dass uns dieser Punkt am meisten stören würde, tatsächlich haben wir in keinem Spiel große Einbußen bei der Wahrnehmung festgestellt. Ähnlich wie bei TVs ist das anders, wenn man beide Headsets direkt im Vergleich hat, aber wer „nur” das Rift S kennt, der hat keine großen Nachteile.
Der größte Vorteil ist, dass die Rift S künftig auf Inside-Out-Tracking setzt. Wie bei Windows Mixed Reality Headsets (Themenseite) oder beim Oculus Quest (Ratgeber) sind also keine externen Sensoren mehr notwendig, diese Aufgabe übernehmen Kameras im Headset. Dadurch wird das Headset minimal schwerer, das Rift S wiegt ohne Kabel 559 g (Rift: 470 g).
Lieferumfang
Der Karton der Rift S ist deutlich kompakter als die Verpackung der ersten Rift. Kein Wunder, schließlich braucht es keine externen Sensoren mehr. Im Paket liegen das Headset an sich, die zwei Controller sowie etwas Lesematerial und Kabel. Keine Überraschungen, aber auch nichts, was wir vermisst hätten.
Aufbau
Im Vergleich zum klassischen Oculus Rift geht der Aufbau deutlich schneller. Das liegt vor allem am Inside-Out-Tracking. Zwei Kameras im Headset übernehmen das Tracking und berechnen ständig die Position des Headsets im Raum sowie die Position der beiden Controller. Das macht das Setup erfreulich simpel: Geführt vom Software-Assistent richtet man zunächst die Anschlüsse am Headset ein und koppelt danach die beiden Controller. Anschließend setzt man das Headset auf und kann durch die beiden Kameras die Umgebung in Graustufen sehen. So kann man das Spielfeld einfach definieren und sieht genau, wie viel Platz man hat. Denn das aus dem Vorgänger bekannte Guardian-System ist auch beim Rift S wieder mit an Bord: Ist das Spielfeld markiert, sieht man eine virtuelle Begrenzung innerhalb des VR-Headsets. Bewegt man sich außerhalb dieser Begrenzung, erscheint ein Gitter im Spiel. So verhindert man, dass man gegen Tische und ähnliches schlägt.
Die Oculus-Software hat sich kaum verändert. Zunächst lädt man einen kleinen Launcher herunter, an dem man sich anmeldet. Wie gehabt bekommt man ein paar kostenlose Spiele, darunter den spaßigen Shooter Robo Recall . Und, wie zuvor, kann man weiter die VR-Spiele aus Steam nutzen. Im Zweifel muss man allerdings in Steam-VR nochmal ein Setup durchführen. Im Test half es außerdem, nach dem kompletten Setup den PC neu zu starten. Vorher waren sich die beiden VR-Systeme von Oculus und Steam etwas im Weg, nach dem Neustart konnten wir aber problemlos Spiele in Steam-VR starten und in Oculus nutzen.
Tragekomfort
Vor dem Einsatz muss man das Headset für jeden Nutzer anpassen und auf dem Kopf richtig hin- und herschieben, bis das Bild auf beiden Augen scharf ist. Ist das passiert, haben wir die Rift S auch bei längeren Sessions bequem getragen. Ärgerlich ist einzig, dass sich das Headset nicht separat vom Stirnband wegklappen lässt, wie etwa in den Windows-Mixed-Reality-Headsets.
Die beiden Controller haben sich nicht geändert und liegen weiter gut in der Hand. Sie sind aber etwas glatt. Bei schnellen Spielen wie Beat Saber würden wir empfehlen, das Batteriefach auf der Rückseite mit etwas Tape abzukleben, das gibt dann gleich noch einen besseren Griff.
Immersion
Die Immersion ist immer noch gut, die neuen LC-Displays leisten saubere Arbeit. Trotz niedrigerer Hz-Zahl hatten wir beim Spielen keine Probleme. Es wirkt auch so, als wäre die Software insgesamt besser. Denn selbst bei Spielen wie Borderlands 2 VR oder Spider-Man: Far from Home hatten wir keinerlei Übelkeitsgefühle. Ja, ab und an wurde uns etwas schwindlig, das ist beim Schwingen durch die Häuserschluchten von Manhattan aber auch völlig OK. Reaktionsspiele wie Space Pirate Trainer oder Beat Saber funktionieren auch einwandfrei. Das Tracking mit dem Rift S und den beiden Controllern war in keinem der beiden Spiele ein Problem. Ja, möglicherweise verliert das Headset die Controller, wenn man sie weit hinter den Rücken hält - das tritt aber auch beim Original auf, etwa wenn man sich von den Sensoren wegdreht.
Beim Thema Sound hat sich ebenfalls etwas getan. Die seitlichen Kopfhörer sind verschwunden, sie sind jetzt unsichtbar integriert. Dafür ist der Klang aber sehr gut und hat überraschend viel Fülle. Links seitlich am Headset ist ein Klinkenstecker, in den man ein Headset anschließen kann. Wir hatten im Test das Gaming Headset Razer Kraken Pro V2 (Testbericht) über die Bügel des VR-Headsets gesetzt, da war überraschend bequem zu tragen.
Preis
Beim Oculus Rift S gibt es derzeit noch keine Bundles mit Spielen. Allerdings taucht das Headset immer wieder in Preisaktionen auf, sodass es teilweise für unter 400 Euro zu bekommen ist.
Fazit
Das Rift S ist keine Neuerfindung von VR. Es setzt aber auf dem ersten Rift auf und entwickelt es konsequent weiter. Das Inside-Out-Tracking macht die Einrichtung enorm einfach und funktioniert im Test erfreulich gut.
Wer ein Headset für den Einsatz am PC sucht, der kann getrost zum Oculus Rift S greifen. Es ist ein gutes Allround-Headset, für das ein fairer Preis aufgerufen wird. Wer dagegen eine Lösung ohne Kabel vorzieht, der sollte sich das Oculus Quest ansehen – ist dann aber bei der Spieleauswahl etwas eingeschränkt.