Die neue S23-Reihe von Samsung kommt auch in Europa mit dem neuen Snapdragon 8 Gen 2 in den Handel. Das S23 Ultra (Testbericht) erreichte damit in unseren Tests neue Bestwerte in Benchmarks und auch im Alltag, aber das hat seinen Preis: Das Spitzenmodell kostet ab 1399 Euro, das mit gleichem Chipsatz ausgestattete Galaxy S23 (Testbericht) immerhin 949 Euro.
Die ehemalige ZTE-Tochter Nubia hat hier einen anderen Ansatz. Das Redmagic 8 Pro bietet den gleichen Chipsatz und mindestens 12/256 GByte Speicher ab gerade einmal 649 Euro an, also satte 300 Euro günstiger. Hinzu kommen Gaming-Features wie Schultertasten und ein RGB-beleuchteter, interner Lüfter. Ist das vielleicht das bessere S23?
Design
Ist das Samsung Galaxy S23 handlich, geschmeidig und klein, so trifft das auf das Redmagic 8 Pro nicht wirklich zu. Der Hersteller wählt für sein Smartphone ein kantiges Design, das entfernt an den Look von Sony-Modellen wie dem Sony Xperia 1 IV (Testbericht) erinnert. Dabei verzichtet Nubia allerdings auf das langgestreckte 21:9-Format beim Display, sodass das komplette Smartphone deutlich breiter und damit unhandlicher ausfällt. Hinzu kommt die Kastenform – sie ist schick, aber eben weniger handschmeichlerisch. Dazu gesellt sich auf dem Display eine ab Werk aufgebrachte Schutzfolie, die sich an den Rändern leicht scharfkantig anfühlt.
An der Verarbeitung gibt es hingegen nichts auszusetzen, sie ist in allen Belangen vorbildlich. Passgenauigkeit und Sitz einzelner Komponenten wie der Schalter und auch die Materialwahl sind über jeden Zweifel erhaben. Und dann das Design: Nubia schafft es, das Redmagic 8 Pro gleichzeitig auffällig und zurückhaltend zu gestalten – das ist schon eine Kunst.
Auffällig ist die Void-Variante des Gaming-Smartphones vor allem auf der Rückseite. Denn hier verwendet der Hersteller eine durchsichtige Abdeckung, die zwar keinen echten Blick auf technische Komponenten freigibt, aber eine gewisse Tiefenstruktur bietet und außerdem einen Blick auf den eingebauten aktiven Lüfter mit RGB-Beleuchtung erlaubt. Obendrein gibt es hier etliche Schriftzüge in goldener Farbe, die die Rückseite auch ohne auffällige Farbe interessant machen. Die Matte-Version setzt stattdessen auf eine schwarze, undurchsichtige Rückseite und deutlich weniger Beschriftung, zudem ist hier der Speicher kleiner.
Auffällig sind beim Design vor allem die großen Lüfteröffnungen links und rechts im Rahmen. Ist der Lüfter – etwa bei Spielen oder Benchmarks – aktiv, spürt man anfangs kühle, später dann wärmere Luft daraus hervorströmen. Bei voller Leistung von angeblich bis zu 20.000 u/min ist ein deutliches Rauschen vom Fingernagel-großen Gebläse zu hören. Zusätzlich hat Nubia nach eigenen Angaben für bessere Wärmeableitung Graphen-Schichten, hitzeableitendes Gel und eine Kupferspule in das Smartphone eingebaut. Neben den Öffnungen fällt der rote Schiebeschalter auf der rechten Seite unten ins Auge. Darüber wird der Gaming-Mode aktiviert.
Eine andere Sache fällt auf, weil sie nicht auffällt: die Frontkamera. Sie ist unter dem Display versteckt und bestenfalls bei hellem Screen zu sehen. Dabei funktioniert die Kaschierung der Linse wesentlich besser als etwa beim Samsung Galaxy Z Fold 4 (Testbericht). Wasserfest ist das Gaming-Smartphone leider nicht.
Display
Groß ist er, der OLED-Screen des Redmagic 8 Pro: 6,8 Zoll bietet er, darauf verteilen sich 2480 × 1080 Pixel und eine gute Bildschärfe von knapp 400 Pixel pro Zoll (ppi). Die Bildwiederholungsfrequenz liegt bei 120 Hz und die Darstellung bietet die typischen OLED-Vorteile wie intensive Farben, gute Kontraste und abgrundtiefes Schwarz. Während uns die generelle Darstellungsqualität gefällt, sind wir wegen der erstaunlich niedrigen Helligkeit etwas überrascht. Im manuellen Modus konnten wir nur rund 430 cd/m², im Automatikmodus 680 cd/m² messen. Das ist zwar grundsätzlich nicht schlecht, aber für ein Gaming-Smartphone, mit dem man im Sommer auch draußen zockt, etwas dürftig. Dafür ist die Blickwinkelstabilität sehr gut.
Alle Bilder zum Nubia Redmagic 8 Pro im Test
Kamera
Bei der Kamera geht Nubia mit dem Redmagic 8 Pro den gleichen Weg, wie alle Gaming-Smartphone-Hersteller. Bedeutet: Neben Leistung im Überfluss, gibt es auch einen Chipsatz mit grundsätzlich guter Bildverarbeitung, die Kamera wird aber trotzdem nur stiefmütterlich behandelt. Beim Nubia-Modell besteht die aus einer Hauptkamera mit 50 Megapixel von Samsung, einer Weitwinkeloptik mit 8 Megapixel und einer unbrauchbaren Makrokamera mit 2 Megapixel.
Zwar sind Aufnahmen mit der Hauptkamera noch recht ansehnlich und bieten ordentliche Bildschärfe, allerdings fällt früher oder später die im Vergleich selbst mit deutlich günstigeren Smartphones schlechtere Bilddynamik auf. Bei abnehmendem Licht kommt dann noch Bildrauschen hinzu und die Bildschärfe sinkt. Eine große Veränderung der KI-Funktion im Vergleich zu Aufnahmen ohne, erkennen wir bei Fotos nicht. Dabei ist gerade das eines der Alleinstellungsmerkmale des eingebauten Snapdragon 8 Gen 2. Die Weitwinkelkamera kommt ohne die gute Bildschärfe und hat auch die anderen Nachteile der Hauptkamera übernommen. Für gelegentliche Schnappschüsse gehen die Aufnahmen bei gutem Licht in Ordnung.
Videos lassen sich in 8K aufnehmen, wir empfehlen aber 4K/60. Die unter dem Display-Glas versteckte Frontkamera macht etwas kraftlose und nicht übermäßig scharfe Bilder, die im Alltag aber zumindest ausreichen. Insgesamt ist die Kamera des Nubia Redmagic 8 Pro abgesehen von der 8K-Aufnahmefähigkeit bei Videos eher auf Mittelklasse-Niveau und passt nicht so recht zum restlichen Smartphone.
Ausstattung
Der Qualcomm Snapdragon 8 Gen 2 im Nubia Redmagic 8 Pro reichte dem Hersteller offenbar nicht. Er stattet sein Gaming-Flagship daher mit einem zusätzlichen Chip aus, den das Unternehmen Red Core 2 nennt. Er soll den Snapdragon bei Audioverarbeitung, dem haptischen Feedback und der RGB-Beleuchtung des Mini-Lüfters unter die Arme greifen. Nach den Ergebnissen des Snapdragon 8 Gen 2, die wir im Samsung Galaxy S23 Ultra (Testbericht) gemessen haben, klingt das doch sehr nach „mit Kanonen auf Spatzen schießen“. Echte Hardcore-Gamer freuen sich vermutlich über jeden zusätzlichen Frame, der durch die Unterstützungs-Power ins Display gebrannt wird.
Wegen des Zusatz-Chips verwundert es schon beinahe, dass das Redmagic 8 Pro weder in PCmark Work 3.0, noch in 3Dmark Wild Life Extreme am S23 Ultra vorbeiziehen kann. Stattdessen liegt das Gaming-Smartphone mit 12.650 und 3750 Punkten knapp hinter dem Samsung-Smartphone – ein Hammer-Ergebnis und ein Beleg für die Leistungsfähigkeit des Nubia-Modells, aber bei dem betriebenen Aufwand beinahe enttäuschend. Es zeigt zusätzlich auch wieder, dass mehr RAM kein Garant für höhere Leistung ist: Unser Testgerät des S23 Ultra hat 8 GByte RAM, das Redmagic 8 Pro satt 16.
Tatsächlich gilt hier trotzdem, was wir schon im Samsung-Test vorgeschwärmt haben: Auch das Redmagic 8 Pro ist in allen Lebenslagen so schnell, dass es eine wahre Freude ist. Zu keinem Zeitpunkt konnten wir dem Gerät Ruckler oder Hakler entlocken, der Snapdragon-Chip bügelt alle Anforderungen einfach weg. Das ist vor allem in Relation zum Preis des Redmagic 8 Pro phänomenal – die Samsung-Smartphones kosten mindestens 30 Prozent mehr, das Ultra-Modell sogar flockige 100 Prozent! Auch die restliche Technik muss sich nicht hinter der Rechenleistung verstecken. So sind etwa 5G, NFC, Bluetooth 5.3 und Wifi 7 bereits mit an Bord.
Hauptgrund, das Redmagic-Smartphone zu kaufen, ist aber ohnehin Gaming. Dafür bietet der Hersteller ein spezielles Gaming Hub, in dem diverse Parameter für Spiele angepasst werden dürfen. Dazu gehören etwa CPU- und GPU-Leistung, Abtastrate und Farbeinstellungen fürs Display und Plugins wie ein virtuelles Fadenkreuz, diverse Hilfslinien oder die Funktion der Schultertasten. Außerdem gibt es so etwas wie eine Assistentin im Anime-Stil, die gleichzeitig auch eine Tamagotchi-Funktion zu erfüllen scheint – so richtig wird die Funktion von „Mora“ aber nicht klar.
Wer lieber auf dem großen Fernseher als dem „kleinen“ Display des Smartphones spielt, wird sich über die Gravity-X-Funktion des Redmagic 8 Pro freuen. So landen Bild und Ton des Smartphones per Kabel oder auch kabellos auf Fernseher oder PC. Für letzteres ist die Installation eines Desktop-Clients von Redmagic nötig, dann wird der komplette Smartphone-Inhalt gespiegelt, sodass auch andere Apps als Games mit Maus und Tastatur bedient werden dürfen. Dabei sollte man aber keine Konsolenqualität erwarten – was auf dem kleinen Screen des Gaming-Smartphones noch knackscharf wirkt, sieht auf einem großen Fernseher nicht mehr ganz so brillant aus. Dennoch ist es faszinierend, was heute aus so einem kleinen Smartphone herausgeholt werden kann.
Generell ist das Gaming-Erlebnis darauf klasse. Die beiden Schultertasten und die zwei Vibrationsmotoren links und rechts (im Querformat) machen ihre Arbeit richtig gut und der laute, wenngleich auch nicht übermäßig volle Sound der Stereolautsprecher tut sein Bestes, den deutlich vernehmbaren Lüfter zu übertönen. Ob der wirklich nötig ist, können wir allerdings nicht sagen, denn warm – aber eben nicht heiß – wird das Redmagic 8 Pro beim Zocken trotzdem. Die S23-Modelle schaffen das auch ohne aktiven Lüfter.
Als Betriebssystem wählt Nubia Android 13, darüber liegt die angepasste Nutzeroberfläche des Herstellers. Die ist nicht übermäßig auffällig, für ein Gaming-Smartphone geradezu zurückhaltend. Außer dem erwähnten Gaming Hub gibt es nur einige Apps des Herstellers, darunter ein Nextword-Browser und eine Notiz-App. Google-Dienste sind vorinstalliert. Diese Erwähnung wird notwendig, weil Nubia erstaunlich viele Übersetzungsfehler bei der Lokalisierung des Redmagic 8 Pro macht. Auf Deutsch gestellt tauchen immer wieder seltsame Satzstellungen und nahezu unverständliche Erklärtexte auf – das ist man sonst nur von chinesischen Billigmarken gewohnt und passt absolut nicht zum schicken Gaming-Smartphone. Ebenfalls nicht dazu passt der veraltete Sicherheits-Patch von November 2022. Updates sollen wohl für maximal 2 Jahre kommen – im Vergleich zu Anbietern wie Samsung und Google ist das viel zu wenig, auch für „nur“ 650 Euro.
Akku
Stolze 6000 mAh baut Nubia in das Redmagic 8 Pro als Akku ein – ein guter Schritt für ein Gaming-Smartphone. Im PCmark Battery Test kommt das Modell auf gut 14,5 Stunden Akkulaufzeit – das ist mehr als bei den S23-Modellen, aber bei dem großen Akku auch zu erwarten. Damit sollte das Gerät im Alltag gute zwei Tage ohne Nachladen aushalten. Wer intensiv Games zockt, schafft es aber natürlich auch in unter einem Tag, den Akku leerzusaugen.
Geladen ist das Gerät in rund 40 Minuten mit dem beiliegenden 65-Watt-Netzteil, das bei unserem Testgerät ohne Adapter nur in chinesische Steckdosen passte. Auf Wunsch dürfen Nutzer dabei den Lüfter zuschalten, der die Temperatur während des Ladevorgangs senkt. Auf dem Nachttisch sollte das Gaming-Phone dabei aber wegen der Lüfterlautstärke nicht liegen.
Preis
Der Preis des Nubia Redmagic 8 Pro liegt bei 649 Euro für die Matte-Version (12/256 GByte) und 799 Euro für die Void-Version (16/512 GByte). In Anbetracht der Ausstattung ist das günstig. Beide Varianten können beim Hersteller direkt bestellt werden, dann gibt es einen kostenlosen Satz Panzerglas für den Screen dazu. Wer direkt im Herstellershop bestellt, spart über 100 Euro zu den Händlerpreisen.
Fazit
Ab 650 Euro bekommen Käufer ein ultraschnelles Gaming-Smartphone, das sich in puncto Leistung und Akku nicht hinter dem Samsung Galaxy S23 Ultra (Testbericht) verstecken muss. Auch schick und gut verarbeitet ist das Gerät, gerade die Void-Version mit RGB-Lüfter und teiltransparenter Rückseite sieht außergewöhnlich und spannend aus. Nur bei der Kamera gibt es ein starkes Gefälle zugunsten der Samsung-Modelle. Dafür ist der Preis absolut interessant, gerade auch im Hinblick auf die große Speichermenge, die Nubia seinen Kunden gönnt.