Die Nintendo Wii wird wohl immer als Nintendos Familienkonsole bekannt sein. Mit Titeln wie The Legend of Zelda: Twilight Princess oder auch Super Mario Galaxy hatte die Konsole so einiges an starken Titeln zu bieten. Doch über die Jahre schaffte es vor allem ein ganz spezifisches Franchise stets in den Köpfen der Fans zu bleiben: Wii Sports.
Nach dem erstmals 2006 veröffentlichten Wii Sports folgten Titel wie Wii Sports Resort oder auch Wii Fit, deren Motion Control-basierten Charme auch viele Jahre danach Familien weltweit spaßige Stunden bescherte.
Zu unserem Unmut begann die Ära der Nintendo Switch im Jahr 2017 hingegen ganz ohne Motion Control-basierten Sport-Titel. Mit 1-2-Switch bewies Nintendo das Potenzial der JoyCons als Motion Controller und ging mit dem überaus erfolgreichen Ring Fit Adventure bereits in die richtige Richtung. Nun, mit dem im April veröffentlichten Nintendo Switch Sports in den Händen, kehrt das Vermächtnis des Wii-Franchise zurück.
Der Spocco Square als Schauplatz
Das gesamte Geschehen von Nintendo Switch Sports spielt sich dabei auf dem sogenannten Spocco Square ab, einem großen Platz, auf dem sich die jeweiligen Stadien der Sportarten befinden. Während Spieler im damaligen Wii Sports Tennis, Baseball, Bowling, Golf und Boxen wählen konnten, so präsentiert sich die Nintendo Switch-Variante mit Volleyball, Badminton, Bowling, Fußball, Chanbara und Tennis. Im Rahmen eines ersten kostenlosen Updates können Spieler sich auch in Golf ausprobieren. Langzeitpläne für weitere Updates und neue Sportarten enthüllte Nintendo nicht. Es ist also unklar, ob Nintendo Switch Sports auch in naher Zukunft neue Updates sowie Sportarten erhält, oder ob es sich hierbei um eine einmalige Sache handelt.
Bis auf Fußball lassen sich sämtliche Sportarten mit nur einem der zwei JoyCons steuern. Ein separat erhältlicher Beingurt (derselbe wie der im Ring Fit Adventure enthaltene) dient als optionale Steuerung im Fußball. Hierbei wird einer der JoyCons in den Beingurt gesteckt und ist für das Schießen des Fußballs verantwortlich, während der andere JoyCon mit der Hand die Bewegung des Charakters auf dem Spielfeld steuert.
Gespielt wird entweder im lokalen Modus mit bis zu drei weiteren Spielern, online mit Spielern weltweit, oder gemeinsam mit den Online-Freunden. Neben der Möglichkeit, einen der bereits erstellten Mii’s der Konsole zu verwenden, können sich Spieler auch ihren ganz eigenen Charakter zusammenstellen. Wer im Online-Modus spielt, erhält für jedes Spiel je nach Aktivität eine gewisse Punktzahl. Wer 100 Punkte sammelt, kann sich innerhalb von sogenannten Item-Kollektionen (zufällig) eines der vielen Items als Belohnung aussuchen.
Die besagten Items können im Anschluss von den Spielcharakteren ausgerüstet werden. Dabei kann es sich von einem neuen Volleyball-Skin, bis hin zu Stickern, Frisuren und Kleidungsstücken um so ziemlich alles handeln. Ständig kommen und gehen neue Kollektionen, wie die Cyber-, Chanbara- oder auch Punk-Kollektion. Ein netter Anreiz besonders für diejenigen, die gerne die Online-Modi spielen und dabei aus der Masse herausstechen möchten. Egal ob bei Chanbara im Angesicht zu Angesicht oder gemeinsam mit 15 weiteren Spielern auf der Bowlingbahn, ein schickes Outfit hat noch niemandem geschadet.
Pritschen und schmettern
Doch im Endeffekt zählt natürlich vor allem das Spiel, sei es der Aufschlag beim Badminton oder der Anstoß im Fußball. Die Bewegungserkennung der JoyCons fühlt sich bei jeder der sechs Sportarten sauber und dynamisch an, sodass das Spiel problemlos zwischen den verschiedenen Haltungen und Bewegungen in Spielen wie Badminton oder Tennis erkennen kann. Ein bisschen Fantasie gehört dazu, doch letztendlich fühlt sich jede der Bewegungsausführungen und Haltungen für die jeweilige Sportart (bis auf Fußball) realistisch an.
Allgemein ist Nintendo Switch Sports ausgelegt auf dynamische Übergänge, schnelle Spiel-Sessions und einen einfachen Einstieg. Im Online-Modus verläuft die Gegnersuche stets flüssig, zumindest zum Zeitpunkt, zu dem dieser Text verfasst wird, finden sich schnell für jede Sportart genügend Spieler. Auch im lokalen Modus sorgt die einfache Zugänglichkeit und akkurate Steuerung für eine schnelle Partie Badminton oder eine gemeinsame Runde Bowling. Ist es nicht letztendlich genau das, was wir uns von einem Wii Fit-Nachfolger erhofft haben?
Nintendo Switch Sports Bildstrecke
Nintendo Switch Sports
Bedauerlich ist jedoch der mangelhafte Gebrauch des Beingurtes, der im Idealfall dafür sorgen würde, dass Spieler sich nicht nur mit ihren Armbewegungen durch die Sportarten durchspielen können. Eine gewisse Vorstellungskraft gehört bei Motion Controller-Spielen immer dazu, “schummeln” ist hierbei letztendlich leicht. Und doch schaffte es Ring Fit Adventure durch die Verbindung des Beingurtes, der das Springen und Rennen erkannte, gemeinsam mit dem Ring für die Bewegungserkennung des Oberkörpers wunderbar, Dynamik in die Körper der Spieler hineinzubringen. An dieser Stelle hätten wir uns mehr erwartet, Sprünge im Volleyball oder eine gewisse Abfrage der Haltung und Position der Spieler beim Tennis und Badminton würden hierbei Wunder bewirken.
Viel Spaß kommt beim Durchspielen der Sportarten trotzdem auf. Chanbara als schnelllebiges Duell lässt Spieler die Schwerter kreuzen, sogar doppelte Schwerter oder ein Energieschwert. Fußball hingegen gestaltet sich mit seinem Rocket League-inspirierten Ansatz als unterhaltsame Party-Version des Fußballs und auch eine Partie Federball mit seinen verschiedenen, manchmal heimtückischen Schlägen kann sich schnell als spannender Wettkampf um den Sieg gestalten.
Wettkampf ist hierbei genau das richtige Stichwort, denn Nintendo setzt im Jahr 2022 nicht mehr nur auf lokale Unterhaltung. Auch auf kompetitiver Seite bauen die Entwickler den potenziellen Nachfolger des Wii-Fit-Franchise aus.
Der Weg zum Sieg
An dieser Stelle rücken die Pro Leagues in den Vordergrund, diese stellen das kompetitive Liga-System einer jeden Sportart dar. Wer mehr als zehnmal eine der sechs Sportarten spielt, erhält automatisch Zugang zur Pro League des jeweiligen Sports. Die Liga orientiert sich an einem klassischen Rangsystem, bei dem Spieler im E-Rang starten und letztendlich versuchen, einen Platz im A-Rang zu ergattern. Wer seine Sportkünste nicht nur gemeinsam mit Freunden unter die Probe stellen möchte, der kann sich innerhalb der Pro League also mit gleichrangigen Spielern messen und so besser in den Sportarten werden. Der minimalistische Ansatz, lediglich Sticker zur Kommunikation zwischen den Spielern freizugeben, verhindert außerdem das toxische Verhalten einiger kompetitiver Spieler. So verliert das Spiel auch in Kopf-an-Kopf-Situationen nie seine fröhliche, entspannte Atmosphäre.
Durch Elemente wie die Pro Leagues oder das kontinuierliche Freischalten schicker neuer Ausrüstungsgegenstände, schafft es Nintendo Switch Sports in der Tat, wesentlich öfter zum Einsatz zu kommen als die Wii Sports-Titel. Der Wandel von einem praktisch strikten lokalen Mehrspieler-Titel hin zu einem dualen Ansatz aus lokalen und Online-Modi geht also auf. Das Einsetzen einer gewissen Eintönigkeit nach vielen Spielstunden lässt sich jedoch nicht leugnen, sodass das Konzept droht, aufgrund der geringen Auswahl von Sportarten einzubrechen.
Preis
Fazit
Wo genau möchte Nintendo mit Nintendo Switch Sports hin? So ganz genau lässt sich diese Frage nicht beantworten. Es ist leicht, sich für mehrere Stunden in dem Titel zu verlieren, sowohl gemeinsam mit Freunden als auch alleine. Das Konzept geht also grundsätzlich auf, und doch werden wir den Gedanken nicht los, dass etwas fehlt. Die jeweiligen Sammelobjekte bieten einen netten Anreiz, das schnelllebige und dynamische Gameplay im lokalen oder Online-Modus unterhält gut. Doch ob sich der Anreiz auch nach vielen Jahren wie beim Wii Sports-Franchise bietet, ist zu diesem Zeitpunkt fraglich. Sechs, ab Herbst sieben Sportarten als dauerhafter Spielanreiz werden irgendwann eintönig, egal, wie viele schicke Kleidungsstücke wir sammeln und Pro League-Leitern wir emporklettern können.
Nintendo Switch Sports ist möglicherweise nicht das, was Fans sich unter einem wahrhaftigen Wii Sports-Nachfolger vorgestellt haben. Sei es das aus dem Wii Fit Plus bekannte Skifahren, das mithilfe des Beingurts prima emuliert werden könnte, oder Wii Sports Resorts’ Wakeboard fahren mithilfe des JoyCon-Gyrosensors. Nintendo Switch Sports hat das Zeug für so viel mehr, wodurch sich der aktuelle Umfang etwas ernüchternd anfühlt. Legen wir die ewigen Wii-Vergleiche jedoch einmal beiseite, so erhalten Spieler einen unterhaltsamen kompetitiven Sport-Titel, der sich sowohl im lokalen als auch im Online-Modus toll anfühlt. Im lokalen Modus lassen sich schnell die JoyCons für eine kleine Spielpartie zücken, während das Spielen im Online-Modus durch freischaltbare Kosmetik-Items und die Pro Leagues gut in Szene gesetzt wird. Wer sich mit dem Umfang der Sportarten zufriedengibt, wird mit Nintendo Switch Sports viel Spaß haben.
Vielleicht ist dies, ebenso wie das 2006 veröffentlichte Wii Sports, gerade erst der Anfang einer neuen Ära. Wir für unseren Teil freuen uns über das Golf-Update im Herbst und hoffe sehnlichst, dass Nintendo mit Nintendo Switch Sports als neues Franchise durchstartet.