Motorola packt beim Moto G200 eine Menge Oberklasse-Features in ein Mittelklasse-Smartphone. Das Top-Modell der Moto-G-Reihe ist oberhalb des Moto G100 (Testbericht) angesiedelt und nutzt den bärenstarke Snapdragon 888+ sowie eine 108-Megapixel-Kamera. Ein OLED-Display bietet das Motorola Moto G200 5G hingegen nicht – hier kommt noch LCD zum Einsatz. Unser Test zeigt, ob das neue Handy es mit Flagship-Modellen aufnehmen kann und wo Käufer dennoch Abstriche bei der Hardware machen müssen.
Design
Das Moto G200 5G hinterlässt auf den ersten Blick einen eleganten und hochwertigen Eindruck. Das Design ist gelungen, man könnte meinen, ein Oberklasse-Smartphone vor sich zu haben. Hält man es das erste Mal in der Hand, folgt eine leichte Ernüchterung: Beim Gehäuse kommt größtenteils Kunststoff zum Einsatz. Die schicke, dunkelblaue Lackierung („Stellar Blue“) wiegt das zumindest optisch etwas auf. Allerdings zeigt sich die Oberfläche – wie bei so vielen anderen Geräten – anfällig für Fingerabdrücke. Zum Schutz des Handys liegt eine transparente Hülle aus Silikon bei.
Der Einsatz von Kunststoff bringt Vorteile mit sich: Das Gewicht von knapp 200 Gramm ist für das schlanke, aber sehr wuchtige Mobiltelefon noch vergleichsweise niedrig. Das ebenfalls große Samsung Galaxy S21 Ultra (Testbericht) wiegt gut 30 Gramm mehr. Mit den Abmessungen von 168,1 x 75,5 x 8,9 Millimetern gehört das G200 zu den größten Smartphones derzeit. Das macht das einhändige Bedienen nahezu unmöglich – höchstens mit Bärenpranken. Mit diesen maßen überragt es sogar das Galaxy S21 Ultra. Im Gegenzug dafür bekommt man ein großes Display mit schmalem Rand bei einer Diagonale von 6,8 Zoll. Wer eher ein handliches Modell sucht, sollte zum Samsung Galaxy S21 FE (Testbericht) oder Honor 50 (Testbericht) greifen. Kompakte, aber leistungsstarke Android-Smartphones sind leider Mangelware geworden.
Auffälligstes Merkmal ist die Triple-Kamera auf der Rückseite. Diese befindet sich in einer Erhebung, aus der drei gleich große, runde Linsen in einer Linie herausragen. Das sieht sehr elegant aus, sorgt aber für ein starkes Wackeln, wenn das Mobiltelefon auf der Rückseite liegt. Das gilt selbst dann, wenn man die Schutzhülle nutzt, immerhin stehen die Linsen gut einen halben Zentimeter vor. Das Gehäuse ist auf der Rückseite an den Rändern stark gebogen. Dadurch hat das Gerät einen fast schon filigranen Charakter, es liegt trotz der Größe gut in der Hand. Die vordere Kamera ist in einer Punch-Hole-Notch mittig am oberen Rand eingefasst.
Auf der rechten Seite befindet sich der Power-Button mit integriertem Fingerabdrucksensor, darüber liegt die Lautstärkewippe. Der Knopf zum Starten des Google Assistant ist anders als etwa beim Moto G60s (Testbericht) auf der linken Seite. Das ist eine gute Wahl, so betätigt man nicht ständig versehentlich die Taste, um sich dann mit dem Assistant herumplagen zu müssen. Die Verarbeitung des Moto G200 ist tadellos. Sämtliche Knöpfe haben einen soliden Druckpunkt, Spaltmaße fallen kaum ins Gewicht. Gegen Regentropfen ist das Moto G200 dank einer Zertifizierung nach IP52 ebenfalls geschützt. Ins Wasser fallen sollte das Handy trotzdem nicht.
Display
Etwas ungewöhnlich ist die Wahl der Lenovo-Tochter bei der Display-Technologie: Hier kommt noch LCD zum Einsatz, während die meisten Hersteller in dieser Preiskategorie mittlerweile auf OLED umsatteln. Motorola wird hier wohl aus Kostengründen auf die LCD-Technologie gesetzt haben.
Das große Display mit IPS-Panel umfasst 6,8 Zoll in der Diagonale und kommt mit einem schmalem Rand aus. Mit einem Format von 20:9 ist es lang gezogen. Das bietet Vorteile für Videoclips im Breitbildformat Cinemascope sowie bei Spielen. Bei Videoinhalten in 16:9 oder 4:3 bleiben links und rechts schwarze Balken. Allerdings ist es möglich, die Clips auf der vollen Breite wiederzugeben – dann schneidet die Anzeige aber Teile des Bildes unten und oben ab. Die Auflösung liegt bei 2460 x 1080 Pixel. Mit einer Pixeldichte von 395 ppi (Pixel per Inch) führt das zu einem gestochen scharfem Bild.
Das Display des Moto G200 unterstützt HDR10 und bietet eine maximale Aktualisierungsrate von bis zu 144 Hertz. Das sorgt für eine besonders flüssige Bildschirmwiedergabe, was das Herz von Gamern und Filmfans höherschlagen lassen dürfte. Die Bildqualität ist hervorragend. Inhalte wirken dank starkem Dynamikumfang lebendig, Farben sind zudem kraftvoll. Die Kontraste sind ebenfalls ausgeprägt – können allerdings mit den satten und tiefen Schwarzwerten bei einem OLED-Display nicht mithalten. Die Blickwinkelstabilität geht mit einem geringen Grad der Verschattung in Ordnung.
Bei der Bildschirmhelligkeit hingegen ist für ein LCD etwas Luft nach oben: Im manuellen Modus erreichen wir maximal 425 cd/m². Bei heller Lichteinstrahlung schraubt die Automatik den Wert nochmals auf knapp 525 cd/m² hoch. Hier sind wir von anderen Geräten bessere Werte gewohnt. Damit bleibt der Bildschirm im Freien ausreichend gut ablesbar, solange das Wetter nicht zu sonnig ist. Bei direkter Sonneneinstrahlung wird es dagegen schwierig, Inhalte darauf zu erkennen.
Motorola Moto G200 - Bilderstrecke
Motorola Moto G200 im Test bei TechStage
Kamera
Das Moto G200 nutzt eine Triple-Cam. Die Hauptlinse mit f/1.9-Blende löst mit maximal 108 Megapixel auf. Das Handy fasst mittels Pixel Binning dabei neun Pixel zu einem zusammen, sodass die Bilder einer Auflösung von etwa 12 Megapixel entsprechen. Es ist allerdings auch möglich, die volle Auflösung abzurufen, dann fallen die Bilder mit knapp 20 Mbyte pro Foto deutlich größer, bei gutem Licht aber auch detaillierter aus. Zusätzlich kommt eine Weitwinkelobjektiv (f/2.2) mit 13 Megapixel hinzu sowie ein Objektiv zur Erzeugung von Tiefenschärfe für Porträts und Ähnliches. Eine Makrolinse spart sich Motorola Mobility glücklicherweise, die sind für gewöhnlich ohnehin nur zum Aufhübschen des Datenblattes da. Bei Nahaufnahmen übernimmt die Weitwinkellinse per speziellen Makromodus.
Bei Tageslicht gelingen mit der Kamera gute Aufnahmen. Bilddetails könnten noch besser ausfallen, gehen aber in Ordnung. Die Bildschärfe über den Autofokus ist meistens ordentlich, wobei sich gelegentlich leider Unschärfen einschleichen. Hier macht sich der fehlende optische Bildstabilisator bemerkbar, da wäre noch Luft nach oben. Die Farbwiedergabe ist sehr natürlich, die Bilddynamik ausgeprägt. Bei Dunkelheit nimmt das Bildrauschen enorm zu – hier hilft jedoch der Nachtmodus beim Aufhellen der Bilder.
Beim Weitwinkelmodus nehmen die Bilddetails zwar spürbar ab, ansonsten weichen die Aufnahmen bei der Bildqualität und Farbwiedergabe nicht so gravierend von der Hauptlinse ab. Im Makromodus sind die Nahaufnahmen zudem detailreich. Eine Herausforderung bleibt der Autofokus, der sich dabei nicht immer entscheiden kann, was er jetzt scharf stellen möchte. Das Ergebnis ist aber alles in allem deutlich besser als bei Smartphones mit Makrolinsen um die 2 bis 5 Megapixel. Die Frontkamera nutzt eine Linse (f/2.2) mit 16 Megapixel Auflösung. Selfies können sich damit sehen lassen, der Beauty-Modus übertreibt es etwas mit dem Weichzeichnen. Aufnahmen im Porträtmodus mit Bokeh gelingen aber ohne größere Fehler rund ums Profil.
Videoaufnahmen mit der Hauptkamera sind bis zu einer 4K-Auflösung mit 30 fps oder mit Full HD bei 60 fps möglich. Es gibt zudem einen Dual-Modus, der für ein Video gleichzeitig, die Haupt- und die Frontkamera nutzt. Die Videoaufnahmen wirken trotz des fehlenden optischen Bildstabilisators kaum verwackelt und bieten natürliche Farbwiedergabe.
Motorola Moto G200 5G - Originalaufnahmen
Originalaufnahmen mit der Kamera des Motorola Moto G200 5G
Ausstattung
Die Ausstattung kann sich für den Preis wirklich sehen lassen. Herzstück und „Motor“ ist der Prozessor Qualcomm Snapdragon 888 Plus. Diese Variante ist geringfügig stärker als der schon flotte Snapdragon 888. Bei den SoC (System-on-a-Chip) kommen jeweils acht Kerne und Threads zum Einsatz. Für Leistung steht ein ARM Cortex-X1 mit bis zu 3 GHz sowie drei Cortex-A78-Kerne parat. Vier weitere Kerne auf Cortex-A55 Basis stehen für weniger leistungshungrige Anwendungen bereit. Ein 5G-Modem und die GPU Adreno 660 runden das Paket ab.
Wie viel Power im Motorola Moto G200 5G steckt, offenbaren unsere Benchmarks. Bei PCmark Work 3.0 erreichen wir knapp 17.900 Punkte – einer der höchsten jemals gemessenen Werte aus unseren Tests. Bei 3Dmark bleibt das Smartphone mit knapp unter 6000 Punkten auf hohem Niveau. Die starke Leistung des Prozessors zeigt sich deutlich im Alltag. Das ganze System läuft geschmeidig und wie geschmiert, sämtliche Apps öffnen flott und reagieren unmittelbar – egal ob beim flüssigen Scrollen durch Google Maps oder bei Spielen. Eine Partie bei Asphalt 9 mit hohen Details stellt keinerlei Problem dar. Allerdings ist die Wärmeentwicklung des Chips bei hoher Last spürbar.
Bei der Ausstattung des Arbeitsspeichers mit 8 GByte RAM erkennt man, dass es sich hier nicht um ein Oberklasse-Gerät handelt, hier sind 12 GByte mittlerweile der aktuelle Stand der Technik. Für die Preisklasse ist das jedoch mehr als genug. Der interne Speicher fasst handelsübliche 128 GByte und nutzt den aktuellen und schnellen Standard UFS 3.1. Hier stoßen wir aber auf den ersten echten Haken: Der Speicher ist nicht per Micro-SD-Karte erweiterbar. Eine „größere“ Variante mit 256 GByte gibt es leider auch nicht.
Bei der kabellosen Konnektivität ist alles auf dem aktuellen Stand: Neben 5G beherrscht das Handy auch das schnelle Wifi-6E. Das ist dem Spitzenchipsatz zu verdanken und in dieser Preisklasse noch nicht selbstverständlich. Der USB-C-Port unterstützt bereits USB 3.1, viele andere Anbieter setzen hier weiterhin auf den langsameren und nicht mehr ganz zeitgemäßen Standard USB 2.0. Neben NFC bietet das Smartphone auch Bluetooth 5.2. Zudem unterstützt das Moto G200 Dolby Atmos. Bei der Wiedergabe über die Lautsprecher des Handys merkt man davon wenig. In Verbindung mit einem Kopfhörer (Ratgeber) erlaubt das hingegen satten Raumklang fast wie im Kino. Wir haben das mit dem Soundcore Life Q30 (Testbericht) ausprobiert und waren vom Klang sehr zugetan. Der Fingerabdrucksensor ist im seitlichen Power-Button integriert und macht einen tadellosen Job.
Als Betriebssystem läuft Android 11. Direkt nach der Aktivierung war ein neues Update mit dem Sicherheitspatch vom 1. Dezember 2021 verfügbar. Dieses ist damit noch ausreichend aktuell. Motorola verzichtet auf größere Anpassungen am Betriebssystem. Mit an Bord ist die Moto-App, die als digitales Handbuch sämtliche Funktionen des Smartphones dem Nutzer näherbringt sowie ein Bildschirm-Widget für Datum, Uhrzeit und Wecker. Ferner bietet Motorola einige praktische Gesten, etwa das Einschalten der Taschenlampe durch ein zweifaches seitliches Schütteln des Handys oder die Aktivierung der Kamera, wenn man das Gerät zweimal schnell um die Längsachse hin und her bewegt.
Akku
Die Akkukapazität fällt mit 5000 mAh hinreichend groß aus. Man müsste denken, dass man damit problemlos über einen längeren Zeitraum auskommen sollte. Allerdings entpuppt sich der Prozessor als energiehungrig und auch die hohe Bildfrequenz des Displays macht sich negativ bemerkbar. Beim Battery Test von PCmark waren wir entsprechend negativ überrascht: Mit einem Wert von knapp 6 Stunden findet sich das Smartphone am unteren Ende unserer Tests wieder.
Zum Vergleich, um möglichen Ungenauigkeiten des simulierten Tests entgegenzuwirken, haben wir das Mobiltelefon einen Tag lang intensiv genutzt. Dabei haben wir es etwa 1 Stunde als Navi im Auto verwendet, eine habe Stunde lang YouTube-Videos angesehen, Nachrichten verschickt sowie eine Runde Asphalt 9 gespielt für etwa 15 Minuten. Nach weniger als 8 Stunden haben wir bereits einen Akkustand von nur noch knapp 20 Prozent erreicht. Wie lange das Gerät durchhält, hängt letzten Endes vom Nutzerverhalten ab. Wer damit meistens nur Nachrichten verschickt, kommt gut über einen ganzen Tag. Wer es häufiger für Medien, Spiele oder Navigation nutzt, könnte jedoch Schwierigkeiten bekommen, einen vollen Arbeitstag damit durchzuhalten. Das ist zu wenig.
Der Ladevorgang ist ein kleiner Trost, mit dem beiliegenden Netzteil mit 33 Watt braucht das Handy etwa 45 Minuten, um von 20 auf 100 Prozent zu kommen. Nach knapp 20 Minuten erreicht es bereits eine Kapazität von etwa 70 Prozent. Andere Smartphones wie das Realme GT Neo 2 (Testbericht) laden allerdings schneller mit 65 Watt. Kabelloses Laden beherrscht das Moto G200 nicht.
Preis
Die UVP für das Motorola Moto G200 5G liegt bei 449 Euro. Zur Auswahl stehen die Farben Stellar Blue (Dunkelblau) sowie Glacier Green (Türkis) – wobei letztere Variante derzeit kaum verfügbar ist. Das günstigste Angebot bei Onlinehändlern liegt bei knapp über 400 Euro.
Fazit
Das Motorola Moto G200 packt eine Menge Leistung in ein Smartphone für knapp über 400 Euro. Die starke CPU sorgt für eine Performance, die das Handy de facto zum strammen Gaming-Smartphone macht. Irgendwie erinnert uns das Mobiltelefon an eine Dodge Viper: Schick, groß und irre schnell, jedoch sehr energiehungrig. Das zeigt sich beim Sportwagen durch häufige Tannkstopps, das Smartphone muss wegen der enttäuschenden Akkulaufzeit häufig an die Steckdose.
Lobenswert ist die Ausstattung, die unter anderem Wifi-6E, Bluetooth 5.2 sowie Dolby Atmos und USB 3.1 bietet. Das Display ist mit 144 Hz zwar gelungen, in dieser Preisklasse bieten immer mehr Hersteller auch ein OLED-Display an. Zudem könnte das LCD heller sein. Das scheint nicht ganz zusammenzupassen. Die Kamera liest sich auf dem Papier mit 108-Megapixel wie eine Oberklasse-Knipse, kann hier aber mit Top-Geräten nicht mithalten. Dazu fehlen Features wie ein optischer Bildstabilisator und eine Telelinse. Der Speicher von 128 GByte kann zudem nicht erweitert werden.
Wer für möglichst wenig Geld maximale Power will, kommt nicht am Moto G200 vorbei. Dafür muss man eine schwache Ausdauer und das Fehlen von OLED in Kauf nehmen. Eine preiswertere Alternative mit OLED-Display und Snapdragon 888 ist das Realme GT (Testbericht). Ebenfalls OLED aus dem Hause Motorola nutzt das Moto Edge 20 (Testbericht). Deutlich mehr Akkulaufzeit bei guter Leistung bietet das Realme GT Neo 2 (Testbericht) für knapp 350 Euro. Weitere günstige Alternativen zeigen wir in der Top 10: Die besten Smartphones 2022 bis 400 Euro.