Motorola wagt mit dem Edge 30 Pro und dem neuen High-End-Prozessor von Qualcomm den Angriff auf die Oberklasse der Smartphones. Preislich unterbietet der Nachfolger des Motorola Edge 20 Pro (Testbericht) die Flaggschiffe anderer Hersteller deutlich.
Auffällig sind das OLED-Display mit satter Bildwiederholfrequenz von 144 Hertz sowie die Selfie-Kamera mit 60 Megapixeln. Wie gut sich das neue Smartphone schlägt und ob der Snapdragon 8 Gen 1 hält, was er verspricht, verraten wir im Test.
Design
Das Motorola Edge 30 Pro hinterlässt auf den ersten Blick einen sehr eleganten Eindruck. Auffällig ist die Lackierung der Rückseite aus satiniertem Glas in Dunkelblau mit Metallic-Effekt. Je nach Lichteinfall schimmert der Farbton leicht grünlich. Die seidenmatte Oberfläche trotzt erfolgreich Fingerabdrücken, die so gut wie gar nicht zu sehen sind. Das Kamerasystem mit drei Linsen ragt nur minimal hervor, sodass das Smartphone kaum wackelt, wenn es auf der Rückseite liegt. Nutzt man die transparente Schutzhülle aus Silikon, die dem Edge 30 Pro beiliegt, liegt das Handy nahezu plan auf.
Die Verarbeitung ist tadellos. So sind Spaltmaße kaum zu erkennen, der Druckpunkt der Knöpfe ist fest. Ein minimales Wackeln der Lautstärkewippe trübt den sonst hervorragenden Eindruck etwas. Zudem befindet sich der Power-Button recht weit oben – was dazu führt, dass man ich mit kleinen Händen nicht so gut mit dem Daumen erreichen kann. Ein Knopf zum Starten des Google Assistant, wie beim Vorgänger Motorola Edge 20 Pro (Testbericht), gibt es diesmal nicht. Vermissen werden wir diesen Knopf sicherlich nicht.
Der Rand um das Display fällt sehr dünn aus, was für eine große Bildschirmfläche sorgt. Die vordere Kameralinse ist in einer unauffälligen Punch-Hole-Notch mittig am oberen Displayrand eingelassen. Mit einer Abmessung von 163 x 76 x 8,8 Millimetern gehört das Edge 30 Pro mit einer Bildschirmdiagonale von 6,7 Zoll zu den größeren Smartphones. Es entspricht in etwa einem Samsung Galaxy A72 (Testbericht). Für die einhändige Bedienung fällt es damit etwas zu groß aus. Mit einem Gewicht von fast 200 Gramm ist es kein Leichtgewicht mehr, was aber bei der Größe im Vergleich zur Konkurrenz absolut in Ordnung geht. Das Gehäuse ist anders als beim Samsung Galaxy S22+ (Testbericht) nicht wasserdicht, trotzt aber mit einer Zertifizierung nach IP52 wenigstens Tropfwasser bis zu einem Winkel von 15 Grad.
Display
Das OLED-Display des Motorola Edge 30 Pro misst in der Diagonale 6,7 Zoll. Für ordentliche Bildschärfe sorgt die Auflösung von 2400 x 1080 Pixeln, was zu einer Pixeldichte von etwa 393 ppi führt. Pixel erkennt man mit dem bloßen Auge so gut wie gar nicht. Wie hoch hier die Messlatte aber sein kann, zeigt das ähnlich große, jedoch fast doppelt so teure Samsung Galaxy S22 Ultra (Testbericht) mit 500 ppi.
Wie schon beim Vorgänger beträgt die Bildwiederholfrequenz stolze 144 Hertz. Das sorgt speziell bei Spielen, bei der Wiedergabe von Videoclips oder beim Scrollen für eine besonders flüssige Bildwiedergabe. Standardmäßig regelt eine Automatik, wann das Display mit 60 oder 144 Hertz flimmert. Optional können Nutzer dauerhaft auf 144 Hertz umstellen oder eher stromsparend 60 Hertz nutzen. Die hohe Abtastrate von 360 Hertz sorgt dafür, dass der Touchscreen schnell und direkt auf Eingaben reagiert. Gemeinsam mit der hohen Bildwiederholrate und dem Snapdragon 8 Gen 1 ist das Motorola Edge 30 Pro damit ein waschechtes Gaming-Handy.
Das OLED-Panel sorgt für ausgeprägte Kontraste mit satten und tiefen Schwarzwerten. Die Bildqualität ist ausgezeichnet und überzeugt mit hoher Bilddynamik und lebendiger sowie natürlicher Farbwiedergabe. Standardmäßig könnten die Farben jedoch etwas kräftiger ausfallen. Zum Anpassen wechselt man in den Einstellungen unter „Display“ bei „Farbe“ von „Natürlich“ auf „Gesättigt“. Letzten Endes bleibt das aber eine Geschmacksfrage. Die Blickwinkelstabilität ist aus allen Perspektiven überzeugend.
Die maximale Helligkeit im manuellen Modus beträgt laut unserer Messung 485 cd/m². Bei adaptiver Helligkeit schnellt dieser Wert bei Sonnenlicht nochmals auf knapp 680 cd/m² hoch. Das ist an sich ein sehr ordentlicher Wert, den aber auch ein Handy für unter 200 Euro (Bestenliste) schafft, etwa das Xiaomi Redmi Note 11 (Testbericht). Mit den Flaggschiffen anderer Hersteller kann das Edge 30 Pro bei der Helligkeit nicht ganz mithalten. Zum Vergleich: Das Samsung Galaxy S22 Ultra (Testbericht) kommt auf bis zu 1350 cd/m². Damit bleibt das Edge 30 Pro zwar auch im Freien noch meistens gut ablesbar, sobald aber die Sonne direkt aufs Display scheint, wird es schwierig.
Motorola Edge 30 Pro - Bilderstrecke
Motorola Edge 30 Pro im Test bei TechStage
Kamera
Beim Motorola Edge 30 Pro kommen bei der Hauptkamera drei Linsen zum Einsatz: 50 Megapixel mit f/1.8-Blende und optischem Bildstabilisator (OIS) für normale Aufnahmen sowie eine Ultraweitwinkellinse mit f/2.2-Blende und ebenfalls 50 Megapixel. Ein Sensor für Tiefenschärfe mit 2 Megapixel rundet die Ausstattung ab. Hier wäre stattdessen eine Telelinse für ein Oberklasse-Smartphone schön gewesen wie beim Motorola Edge 20 Pro (Testbericht). Motorola setzt beim Edge 30 Pro ausschließlich auf digitalen Zoom. Immerhin verzichtet Motorola auf eine dedizierte Makrolinse, die so viele andere Hersteller liefern und die nie wirklich überzeugt. Für Nahaufnahmen kommt hier die Weitwinkellinse zum Einsatz. Ungewöhnlich: Die Frontkamera für Selfies nutzt sogar 60 Megapixel und übertrifft damit die eigentliche Hauptkamera.
Die Kamera fasst standardmäßig vier Pixel zu einem zusammen, was für Bilder mit einer Auflösung von 12,5 Megapixel sorgt. Optional rufen Nutzer die vollen 50 Megapixel auf für mehr Bilddetails – dann ist die Fotodatei aber fast viermal so groß. Bei Tageslicht und gutem Wetter gelingen mit dem Motorola Edge 30 Pro ansehnliche Fotos. Die Bildschärfe ist ausgewogen, die Farbwiedergabe wirkt natürlich und kraftvoll. Die Kontraste gehen in Ordnung, könnten aber etwas ausgeprägter sein. Bilddetails sind gut, aber nicht auf einem Niveau wie beim Top-Smartphone Samsung Galaxy S22 Ultra (Testbericht). Bei Dunkelheit gehen schnell Bilddetails verloren. Der digitale Zoom funktioniert ordentlich und erlaubt eine bis zu zehnfache Vergrößerung, die jedoch eher zu matschigen Aufnahmen führt. Insgesamt können die vergrößerten Aufnahmen nicht mit einem Teleobjektiv mithalten, was uns nicht wirklich überrascht.
Nicht gänzlich überzeugen konnte uns die Ultraweitwinkellinse. Diese nutzt zwar ebenfalls 50 Megapixel – dennoch wirken die Aufnahmen nicht so hochwertig wie mit der Hauptlinse. Zudem weicht die Farbdarstellung im Vergleich zur Hauptlinse minimal ab, Bilddetails wirken weniger umfangreich. Umso besser zeigt sich die Weitwinkellinse beim Einsatz als Makroobjektiv – ein Beweis, dass Smartphones solche Linsen nicht brauchen. Nahaufnahmen wirken gelungen und zeigen ausreichend Bilddetails. Der Autofokus arbeitet verlässlich.
Neu hinzugekommen im Vergleich zum Vorgänger ist der optische Bildstabilisator. Speziell beim Aufzeichnen von Videoclips zeigt sich dessen Stärke, die für stabile Aufnahme ohne störende Wackler sorgt. Videos zeichnet die Kamera maximal mit bis zu 8K auf bei 30 fps. Wer flüssigere Videos haben will mit 60 fps, kann nur auf maximal Full HD zurückgreifen. HDR-10+ ist bis maximal 4K/30 fps möglich. Ansonsten bietet die Kamerasoftware übliche Spielereien, wie einen Dualmodus, der das Bild der vorderen und hinteren Kamera gleichzeitig einfängt, eine Panoramafunktion sowie einen Nacht- und Pro-Modus.
Sehr ungewöhnlich ist die Frontkamera, die bei der Auflösung von 60 Megapixeln sogar die Hauptkamera übertrifft. Per Pixel-Binning fasst diese ebenfalls vier Pixel zu einem zusammen, was am Ende 15-Megapixel-Selfies entspricht. Diese sehen damit ausgezeichnet aus. Ein Porträtmodus hilft optional durch einen Weichzeichner beim „Lifting“ der Gesichtspartie nach. Spannend ist der Modus für Gruppen-Selfies – der ähnlich funktioniert wie eine Panoramafunktion. Hierbei schwenkt man das Smartphone nach links und rechts, damit ein größerer Ausschnitt abgedeckt wird, damit es auch wirklich alle aufs Gruppen-Selfie schaffen. Das Display dient hier bei Bedarf als Blitz, der von einem winzigen Ringlicht um die Frontlinse unterstützt wird.
Motorola Edge 30 Pro - Originalaufnahmen
Originalaufnahmen mit dem Motorola Edge 30 Pro
Ausstattung
Herzstück im Innenleben des Edge 30 Pro ist der nagelneue Prozessor Qualcomm SM8450 Snapdragon 8 Gen 1. Die Octacore-CPU setzt auf einen Kryo-Prime-Kern mit 3 GHz, unterstützt von drei weiten Kryo -Gold-Kernen mit jeweils 2,5 GHz für anspruchsvolle Tätigkeiten und vier sparsameren Kryo-Silver-Kernen für einfachere Workloads. Die integrierte Adreno 730 dient der Grafikbeschleunigung – und diese kann sich echt sehen lassen: Beim Benchmark „Wildlife“ aus 3Dmark erreichten wir über 9500 Punkte! Beim ebenfalls flotten Snapdragon 888+ lag dieser Wert gerade mal bei maximal 6000 Punkten. Damit dürfte sich der Snapdragon 8 Gen 1 in dieser Disziplin auf Augenhöhe mit dem Apple A15 Bionic Chip befinden. Das macht das Edge 30 Pro zu einem echten Gaming-Smartphone.
Bei der allgemeinen Performance fällt der Leistungsgewinn gegenüber dem Snapdragon 888 eher gering aus. Dafür soll die neue CPU-Generation ihre Stärken besser bei KI-Algorithmen sowie der Kamerasoftware entfalten. Beim Benchmark Work 3.0 von PCmark erreichten wir durchschnittlich etwa 14500 Punkte. Damit gehört das Motorola Edge 30 Pro zu den schnellsten Smartphones aus unseren Tests – steht aber abgesehen von der Grafikleistung nicht an der Spitze. Im Alltag überzeugt der Antrieb ohnehin durch einen angenehm flüssigen Betrieb ohne Verzögerungen, wozu auch die üppigen 12 GByte RAM beitragen.
Der interne Speicher beträgt 256 GByte und nutzt den schnellen Standard UFS 3.1. Eine Erweiterung des Speichers mittel Micro-SD-Karte ist nicht möglich. Der Anschluss unterstützt USB-C 3.1. Auch was die kabellose Konnektivität angeht, ist alles auf dem neusten Stand, mit Bluetooth 5.2, Wifi-6E sowie 5G und NFC. Der Fingerabdrucksensor sitzt seitlich im Power-Button und arbeitet flott und äußerst zuverlässig. Die Stereo-Lautsprecher sorgen für einen fülligen und kräftigen Sound und unterstützen sogar Dolby Atmos.
Das Motorola Edge 30 Pro wird bereits ab Werk mit Android 12 ausgeliefert. Der Sicherheitspatch stammt noch vom Januar und ist somit nicht mehr aktuell, hier sollte Motorola bald mit einem Update nachziehen. Der Hersteller verzichtet üblicherweise auf Anpassungen an der Android-Benutzeroberfläche und verspricht Sicherheitsupdates für 3 Jahre sowie zwei große Android-Updates.
Akku
Angesichts der starken Performance blicken wir etwas nervös auf die Kapazität von 4800 mAh. Ein mahnendes Beispiel sind die flotten Modelle Motorola Moto G200 5G (Testbericht) und Samsung Galaxy S22 (Testbericht), die viel Power bieten, aber bereits nach 6 Stunden schlapp machen. Ganz so schlimm ist es beim Edge 30 Pro nicht. Beim Battery Test von PCmark kamen wir im simulierten Betrieb und bei automatischer Bildwiederholrate zwischen 60 und 144 Hertz auf knapp 9 Stunden. Damit liegt es eher im unteren Mittelfeld der Smartphone-Landschaft. Wer es bei 60 Hertz belässt, holt noch etwa 1 Stunde mehr aus dem Akku raus.
Damit dürfte das Smartphone je nach Nutzung knapp einen Tag lang durchhalten. Umso erfreulicher ist das Netzteil mit 68 Watt, dass das Handy in knapp einer Viertelstunde volllädt. Auch kabelloses Laden per Induktion mit Qi ist bis 15 Watt möglich.
Preis
Die UVP für das Motorola Edge 30 Pro liegt bei 799 Euro – die derzeit besten Angebote liegen bei 747 Euro. Als Farben gibt es neben Dunkelblau (Cosmos Blue) auch Weiß. Ein Schnäppchen ist das neue Motorola-Flaggschiff nicht, aber günstiger als die Top-Modelle von Samsung oder Xiaomi.
Fazit
Das Motorola Edge 30 Pro überzeugt dank starkem Snapdragon 8 Gen 1 insbesondere bei der Grafikleistung, wodurch es sich bei der Performance in der Oberklasse wiederfindet. Mit einem Preis von knapp 750 Euro ist es günstiger als die Flaggschiffe der Konkurrenz. Das OLED-Display liefert eine hervorragende Bildqualität und eine sehr hohe Bildwiederholfrequenz von 144 Hertz – das gibt es nur selten bei einem OLED-Display auf dem Markt.
Bei der Helligkeit hätten wir uns aber etwas mehr Strahlkraft erhofft. Die Kamera macht einen guten Job, kann aber nicht ganz mit Top-Smartphones von Samsung, Xiaomi oder Oneplus mithalten. Das Fehlen einer echten Telelinse macht sich leider bemerkbar. Für ein echtes Flagship fehlen noch ein paar Details, um ein wirklich starkes Oberklasse-Smartphone handelt es sich aber in der Tat.
Wer auf den neusten Prozessor aus dem Hause Qualcomm zurückgreifen und von einer umfassenden Ausstattung profitieren will, macht mit dem Motorola Edge 30 Pro nichts falsch. Noch besser, aber teurer, ist das Samsung Galaxy S22 Ultra (Testbericht). Eine bessere Kamera und mehr Ausdauer bietet zudem das ähnlich teure Oneplus 9 Pro (Testbericht). Deutlich günstiger und mit einer längeren Akkulaufzeit gesegnet ist das Realme GT Neo 2 (Testbericht), das im Vergleich leichte Abstriche bei Performance und Kamera machen muss. Weitere Alternativen zeigen wir in unserer Top 10: Die besten Smartphones – Samsung vor Xiaomi und Apple.