Wer an einen Mini-PC denkt, hat meist zuerst einen Raspberry Pi vor Augen. Die kleinen Rechner für unter 50 Euro sind bei Bastlern beliebt, kommen aber bei anspruchsvolleren Aufgaben irgendwann an ihre Grenzen. Zwischen Pi und Co und vollwertigen Systemen hat sich eine neue Gattung an integrierten PCs gebildet: Die Mini-PCs. Sie stecken in einem kleinen Gehäuse und bringen alles mit, was ein Rechner so braucht.
Bekannt sind vor allem die Intel NUC-Systeme, doch es gibt noch Alternativen, die deutlich billiger zu haben sind. Für diese Themenwelt haben wir uns zwei fertige Systeme kommen lassen, die stellvertretend für die beiden Enden des Spektrums stehen. Der Minix Neo N42C-4 gilt als Preisbrecher, lange Zeit war er nur als China-Import erhältlich. Inzwischen listen ihn hiesige Händler, Zoll und Garantie sind also kein Problem mehr. Mit um die 270 Euro ist er das untere Ende für eine 64-Bit-Komplettrechner auf Intel-Basis. Teurer ist der Intel NUC8i7BEH (Testbericht) . Mit einem Core i7 und einem deutlich höheren Preis von um die 450 Euro (zuzüglich RAM und Speichermedium) markiert er die obere Fahnenstange der Mini-PCs. Anschließend folgt ein Vergleich der Systeme. Abhängig vom Interesse werden wir die Themenwelt 2019 mit weiteren Produkten ausbauen.
Technische Daten
Der Minix Neo N42C-4 ist eigentlich als Media-Player gelistet, doch in ihm steckt ein vollwertiger Intel-PC im schlanken Formfaktor. Unsere Testversion kommt mit einer Quadcore-CPU, von der man aber nicht zu viel erwarten sollte. Der Pentium N4200 taktet vier Kerne mit je maximal 1,1 GHz. Die Apollo-Lake-CPU ist vor allem für den Einsatz in günstigen Notebooks gedacht, sie stammt von 2016. Wichtig ist hier zu wissen, dass Funktionen wie vPro oder Hyperthreading nicht unterstützt werden, dafür ist aber Intels Virtualisierungstechnik mit an Bord.
Der CPU stehen 4 GByte RAM ab Werk zur Seite (der N4200 unterstützt maximal 8 GByte). Die drei Grafik-Anschlüsse HDMI 1.4, maximal 30 Hz, Mini-Displayport, 60 Hz und USB-C, 60 Hz werden von einer integrierten Intel HD Graphics 505 mit Bilddaten versorgt. Auch diese GPU ist eher am unteren Ende der Fahnenstange angesiedelt.
Windows 10 ist in der Pro-Variante auf dem 32 GByte großem eMMC-Speicher vorinstalliert. Der RAM lässt sich per SO-DIMM erweitern, zudem gibt es einen M.2-Steckplatz für SSDs (mehr dazu im Kapitel „Erweiterbarkeit”).
Die Anschlüsse können sich durchaus sehen lassen. Drei klassische USB-3.0-Buchsen sind seitlich neben dem Ein/Ausschalter verbaut. Eine Gehäuseseite weiter gibt es eine Klinkenausgang, eine USB-C-Buchse mit Super-Speed, HDMI, Mini-Displayport, Ethernet sowie die Buchse für das Netzteil. Dazu funkt der Minix Neo N42C-4 per WLAN 5 (802.11 b/g/n/ac) und Bluetooth 4.1. Letzteres eignet sich gut für Maus und Tastatur, so spart man Steckplätze am Gerät.
Das alles steckt in einem recht schmalen Gerät. Mit einer Abmessung von 14 × 14 × 3 cm und einem Gewicht von 415 g erinnert der Minix eher an eine Tupperware-Dose als einen vollwertigen PC.
Lieferumfang und Einrichtung
Der Minix Neo N42C-4 kommt in einer simplen Packung, die aber dennoch einiges mitbringt. Neben dem Gerät selbst liegen ein Netzteil sowie eine VESA-Halterung (Bohrung: 10 × 10 cm, 8 × 8 cm) bei. Diese lässt sich an entsprechenden Monitoren oder TVs befestigen, der Mini-PC wird dann ohne Werkzeuge eingeklippt.
Anschließend werden die üblichen Komponenten (Monitor, Maus, Tastatur) angeschlossen und das Gerät gestartet. Beim ersten Start beginnt Windows 10 mit dem Setup. Leider war unser Testgerät während der Installation auf Englisch. Das ist nervig, nach Abschluss der Installation lässt sich aber auf Wunsch ein deutsches Sprachpaket nachladen. Es belegt allerdings knapp 500 MByte auf dem sowieso knappen eMMC-Speicher. Gut gefallen hat uns, wie gut Windows 10 auf dem Gerät arbeitet. Alle Komponenten, inklusive WLAN und Bluetooth wurden problemlos gefunden und waren sofort nutzbar. So muss das sein.
Benchmark-Leistung und Praxiseindruck
Im PC Mark 10 fährt der Minix Neo N42C-4 eine wenig aufregende Punktzahl ein. Im erweiterten Test, der neben den typischen Büroaufgaben auch die 3D-Funktionen misst, fuhr er 975 Punkte (Ergebnis-Link) ein. Zum Vergleich, der typische Büro-PC erreicht 1809 Punkte, ein VR-tauglicher Gaming-PC liegt bei 5193 Punkten.
Sieht man in die Details, dann hakt es vor allem bei der Grafikkarte. In den Spieletests erreichte das System nicht einmal 2 Frames pro Sekunde (FPS), zum Zocken ist er komplett unbrauchbar.
Anders sieht es bei den Office-Anwendungen aus. Firefox startet in knapp 3,5 Sekunden, ein Browser auf Chromium-Engine benötigt mit 2,6 Sekunden etwas weniger. Sowohl bei Video wie auch Videochats liefert das System stabil um die 30 FPS, ist also vernünftig brauchbar. Problematisch wird es immer, wenn die CPU mehrere Aufgaben erfüllen sollte. Als sie im Test beim Videochat einzelne Gesichter erkennen sollte, brach die Leistung im Gruppenchat auf 3 FPS ein.
Bei den klassischen Büroaufgaben lieferte das System eine solide Leistung ab. Neben dem Benchmark konnten wir problemlos an Google-Doc-Dokumenten mitarbeiten, E-Mails beantworten oder im Web surfen. Allerdings sollte man keiner Wunder erwarten oder zu viele Tabs offen haben.
Als Video-Player eignet sich das System unserer Meinung nach weniger, vor allem, wenn man UHD-Videos wiedergeben möchte. Die 4K-Version des Films „Big Buck Bunny ” lastete den kleinen PC spürbar aus, gerade die CPU und der Datenträger waren massiv gefordert. Die Full-HD-Variante mit 30 FPS dagegen spielte das System mit deutlich geringerer Auslastung ab.
Die größte Begrenzung war unserer Meinung die integrierte 32 GByte eMMC-Karte. Effektiv waren nur 10 GByte nutzbar, wer ein paar Programme installiert, kommt da schnell in die Bredouille. Der 3DMark-Benchmark etwa ist zu groß für das System. Wer aber wenig Platz auf dem lokalen System braucht, etwa weil er die meiste Arbeit auf Cloud oder anderen Servern erledigt, der kommt mit dem Speicherplatz gut zurecht. Ansonsten empfehlen wir direkt die Installation eines M.2-Speichersticks (siehe „Erweiterbarkeit”).
Während der Benchmarks erreichte die Hülle des Gerätes nur selten eine Temperatur über 40 Grad. Zudem war der Lüfter die ganze Zeit nicht zu hören.
Erweiterbarkeit
Auf der Unterseite des Minix PC stecken hinter den vier Plastikfüßen je eine Schraube. Sind diese entfernt, kann man das Gehäuse öffnen und kommt leicht an die erweiterbaren Komponenten: Minix verbaut zwei Slots für SO-DIMM-Arbeitsspeicher, der sich einfach einsetzen lässt. Links daneben gibt es zudem einen M.2-Steckplatz für entsprechende SSD-Speicher. Gut gefallen hat uns, dass es sowohl die längeren SSD-Riegel (2280) wie auch die kürzeren 2242-Varianten die passenden Abstandshalter gibt. Die Preise für diese Speichermedien gehen derzeit nach unten, so dass nichts dagegenspricht, einen solchen Riegel einzubauen. Unser Preisvergleich zeigt, dass es etwa eine 120-GByte-SSD von Apacer für um die 28 Euro gibt – damit kann man den engen Speicherplatz des Gerätes einfach erweitern.
Wer sein System komplett auf den SSD-Speicher umziehen möchte, dem kommt eine neue Funktion von Windows 10 zu Gute. Das Betriebssystem koppelt seine Aktivierung inzwischen ans Mainboard - solange das identisch bleibt, lässt sich Windows bei einer Neuinstallation einfach aktivieren.
Das dürfte auch die einfachste Methode sein, um Linux als Betriebssystem auf den Minix-PC zu bringen. Wer Dual-Boot vermeiden und Linux lieber auf dem integrierten eMMC-Speicher installieren möchte, findet in diesem Blog-Post von CNXSoft ein Anleitung samt Skript.
Wer mehr Arbeitsspeicher sucht, kann den ebenfalls einfach nachrüsten. SO-DIMM-Kits mit mindestens 2 x 4 GByte sind für knapp 38 Euro zu bekommen .
Stromverbrauch: Etwa auf Router-Niveau
Bei einem Mini-PC, der oft rund um die Uhr läuft, ist der Stromverbrauch wichtig. Während des Betriebs haben wir einen Verbrauch von bis zu 11,5 Watt gemessen. Diesen erreicht das Gerät vor allem, wenn wir den recht aufwändigen Benchmark PC Mark 10 laufen lassen. Im Alltag pendelt er zwischen 7 Watt und 10 Watt. Das ist deutlich mehr als ein Raspberry Pi, was aber aufgrund der Komponenten kein Wunder ist.
Tatsächlich benötigt der Minix-PC vergleichbar viel Strom wie ein Fritzbox-Router (Vergleichstest) oder eine 2-Bay-NAS im Einsteigerbereich (Vergleichstest) . Ein Macbook Air von 2013 zieht an der gleichen Steckdose im Betrieb mit geladenem Akku um die 12 Watt, das Redaktions-Thinkpad T570 genehmigt sich um die 19 Watt. Das macht den Mini-PC zu einer guten Alternative für einen alten Laptop, vor allem wenn er Aufgaben erfüllt, die nicht zwingend einen UHD-Monitor brauchen.
Fazit
Raspberry Pi und Co sind großartige Systeme, kommen aber bei der Leistung irgendwann an ihre Grenzen. Der Minix Neo N42C-4 springt hier in die Bresche: Er bietet deutlich mehr Leistung, Schnittstellen und Erweiterbarkeit als ein Raspberry, kostet aber weniger als etwa ein Intel-NUC-System.
Für rund 270 Euro bekommt man einen winzigen PC, der direkt aus der Packung heraus lauffähig ist. Windows-10-Lizenz und beigelegte VESA-Halterung machen das Paket komplett, so ist der Rechner in ein paar Stunden einsatzbereit und sauber hinter einem Monitor oder Fernseher verstaut.
Für den Preis gibt es kein High-End-System, doch für einfache Büroaufgaben oder zur Dateneingabe ist der Rechner überraschend brauchbar. Wir könnten ihn uns gut am PoS, als Kassensystem, zur Wiedergabe von Full-HD-(Werbe)-Videos, als Begleit-PC für 3D-Drucker oder für ein dediziertes Webkonferenz-System vorstellen. Daneben ist er so schmal, dass er als Mini-Server fürs Smart-Home oder zur Verwaltung von WLAN-Access-Points gute Dienste tut.