Von all den E-Klapprädern (Themenseite) , die wir diesen Sommer getestet haben, war das Fiido M1 (Testbericht) das spektakulärste. Es bietet martialische 20-Zoll-Reifen mit einer Breite von vier Zoll, Vorder- und Hinterradfederung, einen großen 450-Wattstunden-Akku und eine erstaunlich hohe Verarbeitungsqualität zu einem günstigen Preis ab 850 Euro. Das Fiido M1 war schnell ausverkauft. Aktuell schreibt zum Beispiel Geekmaxi (Kauflink) vom 14.08.2020 als Verfügbarkeitsdatum.
Das Mate X ist quasi die Vorlage zum Fiido M1 und setzt in allen Punkten nochmal einen drauf. Wem 250 Watt zu wenig sind, der kann es etwa mit einem 750-Watt-Motor bestellen. Der Akku hat eine Kapazität von bis zu 840 Wattstunden. Von den Bremsen über das Licht bis hin zum Computer und der Elektronik setzt das Mate X auf deutlich hochwertigere Komponenten. Für seine gebotene Leistung ist sein Startpreis von 1700 Euro fair.
Eines hat das Mate X dem Fiido M1 voraus: Es gibt eine legale, für deutsche Straßen geeignete Variante. Wir cruisen für diesen Test auf einer nicht zugelassenen Mate-X-Variante mit 250-Watt-Motor und dickem 816-Wattstunden-Akku.
Optik
Es gibt zwei Arten von Menschen. Die einen hassen überdicke Reifen an Fahrrädern. Die anderen lieben sie. Entsprechend sind die Blicke, die uns beim Fahren treffen, entweder neugierig-bewundert oder skeptisch-ablehnend. Nur bei einem sind sich alle einig: Egal ist das Mate X niemandem.
Dabei ist das Mate X nochmal eine Ecke auffälliger als das Fiido M1. Das liegt schlicht an seiner etwas massigeren Verarbeitung. Das schlägt sich im Gewicht nieder. Wiegt das Fiido M1 knapp 25 Kilogramm, sind es beim Mate X schon gut 29 Kilogramm.
Während das Fiido M1 in einem gewöhnlichen Schwarz mit unspektakulärem Fiido-Schriftzug daher kommt, bietet Hersteller Mate.Bike für seine Räder Farben mit Hinguckpotenzial. Wir fahren das Mate X in Militärgrün. Es steht unter anderem auch in Neon-Orange, Sandgelb, Weiß und Schwarz bereit. Besonders auffällig ist die Unicorn-Lackierung (engl. für Einhorn), die einem Farbverlauf von Pink zu Grün bietet.
Mate X
Verarbeitung
Der Klappmechanismus funktioniert bei beiden äquivalent in drei Schritten: Sattelstange per Schnellverschluss einfahren, Lenkstange umlegen und den mittigen Sicherungshebel entsperren. So verringern sich die Maße von 178 × 118 × 62 Zentimeter auf 102 × 75 × 57 Zentimeter. Das sollte für Kofferräume ab Golf-Klasse passen. Auch die Pedale lassen sich anlegen. Diese bestehen zu einem großen Teil aus Metall und machen im Gegensatz zu den Klapppedalen des Fiido M1 den Eindruck, als würden sie einiges aushalten.
Leider gibt es beim Mate X ähnlich wie beim Fiido M1 keinen Mechanismus, der das Bike geklappt zusammenhält. Das Blaupunkt Fiene 500 (Testbericht) löst das mit einem Magneten. Tragen macht beim hohen Eigengewicht des Mate X sowohl zusammen-, als auch aufgeklappt nur sehr wenig Spaß. Das Mate X setzt zusammengeklappt auf einem kleinen Aluminiumständer auf. Eine oder mehrere Rollen, um es zusammengeklappt schieben zu können, gibt es nicht.
Mittig am Lenker prangt das große, hintergrundbeleuchtete Farbdisplay mit einer Diagonalen von 8,3 Zentimetern (3,3 Zoll). Es zeigt unter anderem neben der aktuellen Geschwindigkeit, die zurückgelegten Kilometer und die gewählte Unterstützungsstufe an. Diese verändert ihre Farbe von Grün in der Stufe 0 bis Dunkelrot in der Stufe 10. Bei den roten Tönen ist der Kontrast zum Hintergrund dann leider nicht mehr stark genug, um sie auch bei direkter Sonneneinstrahlung gut ablesen zu können. Die großen weißen Zahlen der Geschwindigkeitsanzeige sind jederzeit gut ablesbar. In Anlehnung an Teslas Performance-Modus Ludicrous nennt Mate.Bike seine höchste Stufe Ludacris . Unterhalb des Displays versteckt sich ein USB-A-Port zum Laden von Smartphones und Co.
Auf der linken Seite sitzt das Bedienfeld des Computers. Mit Ein/Aus, Plus und Minus ist der Funktionsumfang jedoch sehr eingeschränkt. Unter dem Bedienfeld sitzt ein kleiner Schiebeschalter für den im Rücklicht integrierten Blinker und ein Knopf für eine laute Hupe. So sinnvoll beides sein mag, erlaubt ist das in Deutschland nicht. Auf der rechten Seite besitzt das Mate X einen weichen und gut dosierbaren Gashebel, um das Bike auch komplett ohne Pedalkraft zu beschleunigen. Auch das ist in Deutschland nicht erlaubt.
Die Acht-Gang-Shimano-Schaltung auf der rechten Seite betätigt der Fahrer über einen Drehring. Die Haltegriffe sind angenehm gummiert und besitzen eine Auflagefläche für die Handballen. Der Lenker selbst kann über einen Schnellverschluss in der Höhe von 115 auf 130 Zentimeter gestellt werden. Beim Fiido M1 ist die Lenkerhöhe mit 103 Zentimetern fix. Vom Lenker gehen acht Kabel an der vorderen Seite gebündelt in einem Kabelbaum bis unter den Rahmen. Das stört die sonst so aufgeräumte Optik des Mate X.
Direkt unter dem sehr bequemen und optisch passenden Sattel sitzt das Rücklicht, welches am normalen Stromkreislauf des Mate X hängt. Leider verhindert die über eine Kreuzschlitzschraube gesicherte Manschette des Lichts das komplikationslose Ausfahren der Sattelstange. Erst nachdem man sie löst, fährt die Sattelstange über einen Schnellverschluss auf ihre maximale Höhe von knapp 120 Zentimeter aus. So eignet sich das Mate X auch für Fahrer jenseits der Zwei-Meter-Marke. Hätte man die Manschette mit dem Licht am unteren, fixen Teil der Sattelstange befestigt, wäre das Ein- und Ausfahren nicht behindert worden.
Fahren
Das Fahren mit dem Mate X ist ein Traum. Die Reifen auf dem 20-Zoll-Felgen sind mit gut vier Zoll extrem breit und schlucken zuverlässig Unebenheiten und Bodenwellen weg. Bordsteine verlieren komplett ihren Schrecken, auch über Tramschienen bügeln die Reifen problemlos. Hineingeraten können Radler wegen der Reifenbreite ebenfalls nicht. Die Federgabel vorne und die Hinterradfederung machen das ohnehin schon sanfte Fahrgefühl nochmal weicher. Tatsächlich führt die insgesamt hochwertigere Verarbeitung im Vergleich zum Fiido M1 zu einem kontrollierterem Fahrgefühl.
Jeder Käufer eines Mate X sollte sich jedoch darüber im Klaren sein, dass er die Blicke von Passanten auf sich zieht. Sein martialischer Look bleibt niemanden verborgen. Das kann man gut finden oder auch nicht.
Der 250-Watt-Motor mit 48 Volt beschleunigt das Mate X derart stark, dass wir zunächst davon ausgingen, die Variante mit dem 750-Watt-Motor erwischt zu haben. Über elf Stufen kann der Fahrer sehr genau bestimmen, bis zu welcher Geschwindigkeit der Motor unterstützt; auf der Stufe zehn bis zu 40 Stundenkilometer. Die Elektronik funktioniert gut. So springt der Motor nach dem Treten schnell an und ebenso schnell hört er auch wieder auf. Das funktioniert deutlich besser als beim Fiido M1, welches gut und gerne eine volle Sekunde nachläuft.
Der Gashebel sitzt an der richtigen Stelle und betätigt sich angenehm weich, sodass er auch beim längeren Drücken zu keinem Daumenkrampf führt. Er beschleunigt unabhängig von der gewählten Unterstützungsstufe auf 40 Kilometer pro Stunde. Noch einmal: So bequem dieser Hebel ist, so verboten ist er im deutschen Straßenverkehr auch. Die mechanischen Scheibenbremsen von Tekro greifen super. Im Zusammenspiel mit den breiten Reifen und der dadurch erhöhten Fläche ergeben sich für geübte Fahrer sehr kurze Bremswege.
Wer sich für einen Kauf interessiert, sollte auch gleich in die passenden Schutzbleche investieren. Denn die breiten Reifen greifen zuverlässig feuchten Schmutz und schleudern ihn hoch an den Rücken des Fahrers.
Akku
Der Akku des Mate X bietet wahlweise eine Kapazität von 672 oder 816 Wattstunden. Damit ist er schon in der kleineren Variante größer als bei den meisten ausgewachsenen Pedelecs. Dort werden üblicherweise maximal 500-Wattstunden-Akkus genutzt. Wir testen die Variante mit einem dicken 816 Wattstunden-Akku. Laut Mate.Bike transportiert dieser den Fahrer bis zu 120 Kilometer weit. Das mag annähernd stimmen, wenn der Fahrer nicht sehr schwer ist, lediglich den Unterstützungsmodus nutzt und diesen auf 25 Kilometer pro Stunde begrenzt.
Im Test jagen wir das Mate X im Mopedmodus mit 40 Kilometern pro Stunde über unseren Test-Parcours und kommen so auf knapp 50 Kilometer, bevor der Akku leer ist und eine Ladung verlangt. Das Netzteil benötigt bei 48 Volt und zwei Ampere gut zehn Stunden, um den großen Akku vollzupumpen. Bei der kleineren Akkuvariante soll sich die Zeit auf acht Stunden verkürzen. Den Ladestecker empfinden wir als zu klein und fragil. Er könnte bei häufiger Nutzung kaputtgehen.
Preis
Das Mate X können Käufer aktuell nur über die Webseite des Herstellers beziehen. Dort gibt es jedoch (Stand 08/2020) gerade einmal zwei Varianten vorrätig. Das Fiido M1 ist aktuell schwer zu bekommen. Einige Händler haben noch Modelle vorrätig, wollen aber für sie gut und gerne über 1000 Euro. Wer etwas Geduld mitbringt, kann auf eine schnelle Verfügbarkeit bei Geekmaxi (Kauflink) hoffen, dort soll es angeblich ab dem 14.8. wieder verfügbar sein und dann 850 Euro kosten.
E-Klappräder sind beliebt und die meisten Modelle ausverkauft. Verfügbar und mit 600 Euro sehr günstig ist aktuell das Fiido D2S. Vor dem Kauf empfehlen wir das Lesen des Testberichts zum Fiido D2S .
Fazit
Das Mate X ist ein Biest! Es sieht nicht nur fett aus, es fährt sich auch so - in absolut positivem Sinn. Durch die Bank weg nutzt Mate.Bike hochwertigere Komponenten als das nur halb so teure Fiido M1 (Testbericht) . Das merkt man unter anderem am besseren Fahrgefühl und der genaueren Elektronik. Auch wenn der Gasgriff verlockend ist, schließlich gestaltet sich mit ihm das Fahren nochmal entspannter, raten wir Käufern zur auf 25 Kilometer pro Stunde gedrosselten 250-Watt-Variante ohne Gasgriff. Dann das Mate X fällt auf. Nicht nur Passanten, auch der Polizei.
Wer ein legales und weniger auffälliges E-Klapprad bevorzugt, dem empfehlen wir unseren Testbericht des Blaupunkt Fiene 500. Warum wir eher zu einem E-Klapprad als zu einem E-Scooter raten, klären wir im folgenden Vergleich: E-Klapprad oder E-Scooter? Und der Sieger ist…