Update: Wir haben für Euch inzwischen auch ein erstes Hands-on-Video zum Jawbone UP3 veröffentlicht.
Hardware
Der Jawbone UP3 ist in zwei Farbvarianten erhältlich: schwarz und silber. Wir testen die schwarze Version, die dezent, aber schick aussieht und erfreulich kompakt ist – auch im Vergleich zum UP24 beispielsweise. Von den Trackern, die ich bislang ausprobiert habe, ist der UP3 definitiv der schönste. Die silberne Ausführung ist deutlich auffälliger und geht – je nach Geschmack – auch als Schmuck durch. Diese Version dürfte vermutlich eher die Damenwelt ansprechen.
Auf der Vorderseite ist der Tracker 9,3 Millimeter dick. Hier befindet sich das mit Kunststoff überzogene Aluminiumgehäuse, in dem der Großteil der Hardware steckt. Ein Display gehört allerdings nicht dazu. Stattdessen gibt es drei beleuchtete Icons für Wachmodus, Benachrichtigung und Schlaf.
Gegenüber sitzt der etwas exotische Verschluss – und der bis dato größte Kritikpunkt, den wir am UP3 finden. Jawbone setzt hier nämlich auf zwei Metallhaken, die sich seitlich übereinander schieben und dann dadurch halten sollen, dass eine Erhebung in eine längliche Aussparung im Verschluss-Gegenstück greift.
Soweit die Theorie: Bei mir hat sich jedoch innerhalb von wenigen Tagen die Schließe bereits einmal beim Crosstraining und einmal beim Einkäufe-Tragen geöffnet, und der UP3 hätte jeweils beinahe die Biege gemacht. Einmal bin ich morgens aufgewacht, und der Tracker lag neben mir im Bett, statt am Handgelenk zu hängen. Ich hätte mir gewünscht, Jawbone hätte hier eine weniger ausgefallene, dafür aber sicherere Lösung gewählt.
Auf die Innenseite des Armbands aus TPU-Gummi verteilen sich insgesamt fünf Elektroden aus TiN-beschichtetem Edelstahl. Einen optischen Sensor zur Messung der Herzfrequenz wie bei den diversen Konkurrenten gibt es nicht – stattdessen misst der UP3 elektrische Impulse, um auf die Herzfrequenz zu schließen. Dazu aber später mehr.
Die Bioimpendanz-Sensoren ermöglichen außerdem auch die Messung diverser anderer Parameter, beispielsweise der Atmung und der elektrodermalen Aktivität , die beispielsweise einen Rückschluss auf den Stresslevel zulässt. Außerdem gibt es noch Sensoren für Hauttemperatur und Umgebungstemperatur sowie einen Drei-Achsen-Beschleunigungssensor. Was auf dem Datenblatt wahnsinnig geil klingt, nutzt vorerst leider noch nichts: Jawbone stellt die Daten dem Nutzer derzeit noch nicht zur Verfügung, hat aber immerhin für die nahe Zukunft diverse Updates angekündigt.
Nach fünf Tagen dauerhafter Nutzung – mit Ausnahme vom Duschen und einer Ladepause – habe ich bei mir übrigens keinerlei Hautreizungen feststellen können. Und für gewöhnlich neige ich zu eher trockener und empfindlicher Haut.
Apropos Wasser: Der 29 Gramm leichte UP3 ist spritzwassergeschützt und darf theoretisch auch beim Duschen, Händewaschen, Abspülen und so weiter am Handgelenk bleiben. Fürs Schwimmen ist der Tracker dagegen nicht geeignet.
Bedienung
Am UP3 selbst gibt es eigentlich nicht besonders viel zu bedienen. Ein doppelter Fingertipp auf den Tracker aktiviert diesen, ein langes Halten des Fingers auf die Oberfläche wechselt dann zwischen Schlaf- und Wachmodus.
Die Antipp-Empfindlichkeit ist dabei relativ gering: Damit man die Aufmerksamkeit des UP3 bekommt, muss man schon mit etwas Nachdruck auf das Gehäuse „hauen“, gerne auch einfach mit der flachen Hand – dann funktioniert das auch zuverlässig. Ein versehentliches Aktivieren sollte damit die Ausnahme sein und ist mir bislang nicht aufgefallen.
Für alle weiteren Funktionen ist die für Android und iOS verfügbare App zuständig. Im Google Play Store sowie im iTunes Store gibt es übrigens derzeit mehrere Jawbone-Anwendungen – die App mit dem violetten Symbol ist die richtige für den UP3. Eine Liste der zum UP3 kompatiblen Smartphones gibt es auf der Webseite des Herstellers . Der Abgleich der erfassten Daten funktionierte im Test übrigens auch mit einem nicht in der Liste aufgeführten Huawei Ascend Mate 8 einwandfrei.
Workouts
Möchte der Nutzer seine Sport-Sessions tracken, führt kein Weg an der App vorbei. In der Anwendung lässt der Nutzer während des Trainings eine Stoppuhr mitlaufen. Anschließend gibt es dann die Möglichkeit, die Disziplin sowie die Intensität festzulegen. Anhand dieser Werte und der persönlichen Daten schätzt die Software dann einen Kalorienverbrauch ab.
Am Anfang muss der Nutzer noch alle Aktivitäten händisch eintragen. Laut Jawbone lernt die UP-App allerdings mit der Zeit die Gewohnheiten des Nutzers kennen und erkennt die Sportarten automatisch. Bei eindeutigen Disziplinen wie Radfahren oder Joggen soll dann auch das Bedienen der Stoppuhr überflüssig sein. Bei sehr „stationären“ Workouts wie Yoga oder Pilates will der UP3 aber auch nach der Eingewöhnungsphase zumindest die Stoppuhr aktiviert haben.
Ich habe mit dem UP3 in den vergangenen fünf Tagen ein Crossfit-Workout, ein Yoga-Training, einmal Fahrradfahren und eine Recovery- und Stretching-Einheit getrackt. Bislang wurde davon logischerweise noch keine Disziplin selbsttätig erkannt. Aber genau darum handelt es sich bei diesem Artikel noch um ein Preview – bis ich ein finales Fazit abgeben kann und will, fehlen einfach noch Erfahrungswerte.
Der Herzfrequenz-Sensor des UP3 steht übrigens nicht für eine kontinuierliche Pulsüberwachung während des Sports zur Verfügung. Eigenen Aussagen zufolge arbeitet Jawbone aber derzeit an den Algorithmen und wird bald eine Funktion zur kontinuierlichen Messung der Herzfrequenz nachliefern. Wann das passiert, hat der Hersteller leider noch nicht verraten.
Womöglich wollte Jawbone hier auch nicht den Weg diverser Konkurrenten gehen, deren optische Pulssensoren nicht immer zuverlässig arbeiten. Der Herzfrequenz-Sensor der FitBit Surge beispielsweise liefert beim Radfahren oder Joggen zwar brauchbare Ergebnisse. Bei Crossfit-Trainings oder HIIT - und MMA -Workouts, wo etwa viele Liegestütze oder Burpees und damit häufig abgeknickte Handgelenke involviert sind, liegen die Pulsmessungen leider häufig auch mal um 40 Herzschläge pro Minute zu niedrig.
Schlaf
In einer Situation misst der UP3 allerdings die Herzfrequenz: während des Schlafs. Hier erfasst der Tracker den sogenannten Ruhepuls, der einen Rückschluss auf den allgemeinen Trainingszustand sowie die aktuelle Verfassung zulässt. Ein trainiertes Herz muss nämlich weniger schlagen, um die erforderliche Menge Blut zu pumpen.
Stress, (sympatisches) Über-Training oder dergleichen können außerdem für einen temporär erhöhten Ruhepuls sorgen. Die Jawbone-App erkennt das und rät dem Nutzer freundlich, am nächsten Tag vielleicht mal früher ins Bett zu gehen oder ausreichend zu trinken – bevorzugterweise Wasser. Wobei gegen Stress vielleicht auch Schnaps hilft.
Außerdem misst Jawbone mit seinem neuesten Tracker den Schlaf detaillierter als viele seiner Konkurrenten. Zusätzlich zum leichten und tiefen Schlaf erfasst der UP3 nämlich auch die REM-Phasen. „REM“ steht für „Rapid Eye Movement“ – und dafür hat die UP-App auch gleich ein paar Erklärungen parat: Während dieser Schlafabschnitte soll der Großteil der Träume stattfinden. Außerdem ist ein gesunder REM-Schlaf wichtig für die Kreativität.
Interessanterweise spuckt die UP-App bei mir in den vergangenen Tagen sehr niedrige Werte für die REM-Phasen aus – ich werde das bis zum finalen Testbericht definitiv beobachten. Als mögliche Ursache nennt mir der „Smart Coach“ in der App Stress und allgemein zu wenig Schlaf.
Wie eingangs erwähnt bietet der UP3 die Möglichkeit, einen Schlafmodus zu aktivieren. Zwingend notwendig ist das allerdings nicht – am nächsten Morgen schlägt die App auch selbstständig einen Zeitraum vor und fragt den Nutzer, ob dieser korrekt ist. Wer den Tracker manuell in den Schlafmodus schickt, bekommt dafür aber auch seine Einschlafzeiten angezeigt.
Wecker
Darüber hinaus bietet der Jawbone UP3 als einer von ganz wenigen Fitness-Trackern einen Schlafphasen-Wecker, der den Nutzer zu einem Zeitpunkt aufweckt, wenn dieser sich ohnehin gerade in einer leichten Schlafphase befindet. Dazu legt der Anwender einen Zeitraum fest, innerhalb dessen er frühestens und spätestens geweckt werden möchte, und die App tut dann Ihr bestes, hier den optimalen Zeitpunkt zu finden.
Für mich persönlich funktioniert das allerdings weniger gut. Der Grund dafür ist allerdings, dass ich schlicht und ergreifend auch in leichten Schlafphasen meist zu tief schlafe, um die Vibrationen am Handgelenk zu spüren. Einen integrierten Lautsprecher gibt's beim UP3 nicht – und leider auch keine Möglichkeit, am Smartphone einen akustischen Alarm auszulösen. Wer hier empfindlicher am Handgelenk ist, wird von dem Feature aber sicherlich profitieren – und auch die Partnerin oder der Partner, die oder der dann in Ruhe weiterschlafen kann.
Akku
Der Jawbone UP3 gehört glücklicherweise nicht zu jenen Gadgets, die permanent nach Strom plärren. Der integrierte Akku mit einer Kapazität von 38 mAh hält laut Hersteller bis zu sieben Tage durch. Ich hab meinen UP3 am frühen Mittwochnachmittag das erste Mal voll aufgeladen, und am Montag mit einer prognostizierten Restlaufzeit von einem Tag wieder betankt. Nachdem es einige Ladezyklen dauern kann, bis ein Akku seine volle Kapazität entfaltet, halte ich die Herstellerangabe für erfreulich realistisch.
Zum Aufladen ist im Lieferumfang ein etwa zwölf Zentimeter langes USB-Kabelchen enthalten, das sich magnetisch am UP3 festhält. Ein Netzteil gibt es nicht. Der vollständige Ladevorgang dauert etwa eine Stunde.
Freunde und Wettkämpfe
Wie viele andere Fitness-Anbieter hat auch die Jawbone-App eine soziale Komponente. Die Nutzer können ihr Adressbuch und ihre Facebook-Freundesliste nach Jawbone-Nutzern durchsuchen und diese zum sogenannten Team hinzufügen. Fortan bekommt man dann die Leistungen seiner Mitstreiter im Stream dargestellt.
Außerdem ist es auch möglich, seine Freunde in sogenannten Duellen herauszufordern. Hier geht es dann darum, wer in den wahlweise nächsten 24 Stunden, drei Tagen oder sieben Tagen die meisten Schritte zurücklegt.
Erinnerungen
Die Jawbone-App bietet schließlich noch die Möglichkeit, Erinnerungen einzurichten. Zur festgelegten Zeit vibriert dann das Band regelmäßig und zeigt ein blinkendes Benachrichtigungs-Icon an. Auf dem Smartphone sieht der Nutzer dann, ob er sich jetzt wie geplant beispielsweise bettfertig machen, seine Medikamente einnehmen, trainieren oder essen soll, um seinen Körper konstant mit Nährstoffen zu versorgen.
Außerdem tritt Jawbone dem Nutzer auf Wunsch auch regelmäßig in den Hintern, wenn er sich zu bestimmten Tageszeiten länger als eingestellt nicht bewegt – oder aber beglückwünscht ihn tagsüber bei festgelegten Schrittzahlen zu seinen Fortschritten.
Offen für alles
Ein dickes Lob verdient Jawbone für seine Offenheit: Der Hersteller stellt seinen Kunden keine lästigen Zäune in den Weg. So kooperiert die Jawbone-eigene App mit unzähligen anderen Anwendungen, die dann beispielsweise Daten von weiteren Fitness- oder Smart-Home-Geräten sowie Trainings- und Ernährungstipps in die App integrieren. Beispiele wären hier etwa die Anwendungen von Nest, MyFitnessPal, Huawei, Runkeeper oder Withings. Wer beispielsweise eine Körperfettwaage wie die Withings WS50 besitzt, kann die Daten in die UP-App übertragen.
Außerdem unterstützt Jawbone den Service IFTTT, mit dem sich unzählige Bedingungen und Aktionen von Geräten teilnehmender Hersteller miteinander verknüpfen lassen. So schalten sich dann mit diesem Rezept beispielsweise die Philips-Hue-Lampen automatisch an, sobald der UP3-Nutzer aufwacht, oder mit diesem Modul sendet das Smartphone automatisch einen Tweet, sobald der Nutzer sein Aktivitätsziel erreicht. Die Suche nach „Jawbone“ liefert bei IFTTT 1435 Treffer. Schade: Der Schlafphasen-Wecker steht (noch) nicht als Trigger zur Verfügung.
Vorläufiges Fazit
Der UP3 ist bis unters Dach vollgestopft mit allen nur erdenklichen Sensoren, die auf dem Papier zwar beeindruckende Möglichkeiten bieten, in der Praxis jedoch noch nicht voll ausgeschöpft werden. Unterm Strich ist der UP3 aber auch heute schon ein schicker Fitness-Tracker mit einer gelungenen und sehr offenen App sowie noch mächtig Potenzial.
Schade ist allerdings, dass die kontinuierliche Pulsmessung während des Workouts aktuell noch nicht funktioniert – das können viele Konkurrenten mit optischen Sensoren allerdings auch nur mit bestimmten Einschränkungen. Und leider hat sich der Hersteller beim Armband vergriffen: Der Verschluss macht keinen zuverlässigen Eindruck und sorgt bei mir für ein latent ungutes Gefühl – und das Bedürfnis, zumindest beim Sport mit einem Kabelbinder oder einem Schweißband nachzuhelfen.
Ich werde den UP3 in den nächsten Tagen und Wochen weiterhin testen und einen vollständigen Testbericht mit einem endgültigen Fazit veröffentlichen, sobald ich dafür ausreichend Erfahrungen gesammelt habe. Wenn Ihr bis dahin Fragen oder Wünsche habt, was ich noch ausprobieren soll, dann immer her damit – ich freue mich über Eure Kommentare!