Bowers & Wilkins rief einst fünfstellige Summen für Lautsprecher auf. Es ist immer noch eine Edelmarke, doch nun auch in normaleren Preisbereichen verortet. TechStage testet den ANC-Kopfhörer Px7 S2. Ist der neue Px7 Luxus oder ein praktischer Begleiter für den Alltag, der sein Geld wert ist?
Dieser Einzeltest gehört zu unserer Themenwelt Kopfhörer. Hier testen wir etwa Over-Ear-Kopfhörer wie die Sennheiser Momentum 4 (Testbericht), True-Wireless-Kopfhörer wie die Bose CQ Earbuds 2 (Testbericht) und zeigen, was die Knochenschallkopfhörer von Shokz in der Praxis leisten.
Ausstattung, Installation und Betrieb
Den Bowers & Wilkins Px7 S2 gibt es wahlweise in Beige-Grau, Schwarz oder Blau. Wir testen das unauffällige Modell in Schwarz. Nach außen ist der Kopfhörer abgesehen vom Bowers & Wilkins-Schriftzug angenehm neutral und unauffällig gehalten.
Wenn es um das physische Abschirmen gegenüber Umgebungslärm geht, sind Over-Ear-Kopfhörer immer noch die effektivste, wenn auch nicht unauffälligste Variante. Im Falle des Bowers & Wilkins Px7 S2 ist die Dämpfung der Umgebungsgeräusche sehr effektiv. Schon ohne elektronische Unterstützung schirmt der Kopfhörer stärker ab als etwa der Yamaha YL700A (Testbericht).
Zum Lieferumfang der Kopfhörer gehört eine Schutztasche für den Transport. Beim Öffnen erwartet uns allerdings eine Überraschung. Klar ist der Px7 S2 ein Wireless-Kopfhörer, aber wieso ist denn jetzt noch nicht einmal ein Ladekabel beigepackt? Laden kann man den Kopfhörer zwar mit jedem USB-C-Kabel, aber bislang wurden „aus Umweltschutzgründen“ doch nur Netzteile eingespart, aber doch keine Ladekabel? Doch die Designer bei Bowers & Wilkins haben sich nur einen kleinen Scherz erlaubt: Zwei Kabel verstecken sich unter einer gut getarnten Klappe mit kräftigem Magnetverschluss. Erst, wenn man es wagt, die Schutztasche zerlegen zu wollen, treten sie zutage.
Beide Kabel werden am USB-C-Port des Px7 S2 angeschlossen, eins dient zum Laden (USB-C auf USB-C), das andere für den Anschluss analoger Quellen über 3,5-mm-Klinkenstecker. Einen passiven Modus, in dem der Kopfhörer dann auch ohne eingeschaltete Elektronik oder mit entladenem Akku spielt, gibt es beim Px7 S2 allerdings nicht.
Dafür wird das Soundsignal beim Anschluss an PC oder Smartphone digital abgegriffen – der Kopfhörer meldet sich als Soundkarte an – und so wird dann auch mit voller Qualität übertragen. Das ist primär dann hilfreich, falls der Analog-Ausgang fehlt oder qualitativ nicht besonders gut ist. Bei der Nutzung über USB-Kabel wird der Kopfhörer auch noch geladen, was seine Betriebsdauer verlängert – allerdings im Falle von Notebook, Smartphones oder Tablet deren Laufzeit verkürzt. Die Funktion mag nicht immer erwünscht sein, deaktivieren kann man sie aber nicht. Bei der Nutzung als Headset am PC ist es definitiv sehr praktisch, nur drahtlos ist der Kopfhörer dann natürlich nicht mehr.
Der Px7 S2 hat auch ohne Nachladen eine ordentliche Betriebsdauer von fast 30 Stunden bei Nutzung der ANC-Funktion auf mittlerer Lautstärke. Eine Viertelstunde am Ladegerät macht ihn dann fit für eine weiterer Wiedergabe von 7 Stunden.
Der Kopfhörer hat einen Schiebeschalter zum Ein- und Ausschalten sowie zur Bluetooth-Kopplung, was auf diese Weise einfacher und eindeutiger auszulösen ist als bei den Drucktastern anderer Modelle. Hinzu kommen eine Taste zur Wahl des Geräuschunterdrückungsmodus (An, Aus, Transparent/Ambient), die sich bei Bedarf auch mit dem Sprachassistenten belegen lässt. Außerdem gibt es drei Multifunktionstasten für die üblichen Funktionen (Lauter, Leiser, Start/Pause, Vor/Zurück und Anrufe annehmen).
Der Px7 S2 kann sich mit zwei Geräten per Bluetooth verbinden. Neben der klassischen Verbindung über die Bluetooth-Einstellungen im Smartphone-Menü ist dies auch über die bereits vom Multiroom-Speaker Bowers & Wilkins Zeppelin (Testbericht) bekannte App „Bowers & Wilkins Music“ möglich. Diese konnte damals nicht wirklich überzeugen, wurde aber mittlerweile verbessert und unterstützt jetzt auch Kopfhörer.
Im Test war die Kopplung über das normale Bluetooth-Menü allerdings stabiler als über die App, die manchmal den Kopfhörer nach Aus- und wieder Einschalten nicht gleich wiederfand. Positiv ist, dass die App auch auf der älteren Android-Version des High End-Abspielers Onkyo DP-X1 läuft. Sie ermöglicht es obendrein, die Bass- und Höhen-Wiedergabe des Px7 S2 dem eigenen Geschmack nach anzupassen – uns ist etwa der Bass von Haus aus etwas zu stark ausgeprägt. In der App kann man zudem den Tragesensor deaktivieren, der die Wiedergabe beim Lupfen oder Abnehmen des Kopfhörers automatisch stoppt. Außerdem kann der Akkustand abgerufen und der Geräuschunterdrückungsmodus umgeschaltet werden.
Bowers & Wilkins Px7 S2 Bilder
Die App kann den Kopfhörer auch direkt mit Streaming-Diensten versorgen. Bei Tune-In klappt dies allerdings noch nicht – ruft man hier in der App Tune-In oder die für B&W-Lautsprecher gespeicherten Shortcuts seiner Lieblingsstationen auf, erscheint eine Fehlermeldung. Warum auch immer, kann man Tune-In via App bislang nur auf B&W-Lautsprechern nutzen. Allerdings könnte Tune-In für einen Kopfhörer zumindest zu Hause am WLAN auch nicht die beste Lösung sein, weil der Dienst auf geringe Mobilfunkdatenraten ausgelegt ist und deren Mängel auf dem Px7 S2 hörbar werden. Es ist aber ohne Probleme möglich, Tune-In normal aufzurufen und den Kopfhörer damit zu bespielen.
Tragekomfort und ANC
Die Hörmuscheln des Kopfhörers sind innen mit L und R markiert, sollte man sie trotzdem einmal verkehrt herum aufsetzen, merkt man das schnell. Die Muscheln sitzen leicht angewinkelt auf den Ohren. Vertauscht aufgesetzt dichten die Kopfhörer dann zwar ebenso gut ab, aber der Bügel steht dann nach hinten ab, sodass man sofort bemerkt, dass hier etwas nicht stimmt. Dank weichem und anpassbarem Memory-Foam, sitzt der Kopfhörer sehr bequem und erzeugt auch bei Brillenträgern keine unangenehmen Druckstellen.
Hat man den Kopfhörer richtig justiert, sitzt er gut und bequem: Man kann auch beim Umsteigen am Bahnhof einen kurzen Spurt einlegen, ohne gleich zu befürchten, den Px7 zu verlieren. Er dichtet akustisch sehr gut ab, schon ohne eingeschaltete Geräuschunterdrückung. Mit ANC gelingt das noch besser. Mit der aktiven Geräuschunterdrückung werden die restlichen durchdringenden Geräusche nicht zum dumpfen Rumpeln und Trampeln, sondern klingen einfach deutlich gedämpfter. Störgeräusche (Rauschen) sind nicht festzustellen.
Insgesamt benutzt der Px7 s2 sechs Mikrofone – zwei zum Telefonieren, zwei, um die Umgebungsgeräusche für ANC abzugreifen und zwei, um den Output des Kopfhörers zu messen und gegebenenfalls gegensteuern und Verzerrungen vermeiden zu können
Wenn etwa im Zug Ansagen gemacht werden, bekommt man dies trotz ANC noch mit und kann so lange die Musik anhalten oder den Kopfhörer lupfen. Doch auch ein Transparent-Modus ist verfügbar, in dem man die Umgebung weiterhin fast normal hören kann. Das ist etwa beim Fahrradfahren wichtig, da hier die Nutzung von ANC lebensgefährlich sein kann. Beim Bahnfahren ist das ANC aber sehr angenehm – man merkt erst beim Abnehmen, wie laut auch moderne Nahverkehrszüge sind.
Und wie macht sich die Geräuschunterdrückung im Großraumbüro? Hier schlägt sich der Px7 S2 erstaunlich gut: Alle Frequenzen werden bei eingeschaltetem ANC gleichmäßig gedämpft. Solange die Kollegen nicht gerade laut in die eigene Richtung telefonieren, kann man Videokonferenzen, Webcasts oder einfach Musik zur akustischen Abschirmung genießen – mit dem Risiko, den nach einem rufenden Chef zu überhören. Sieht man ihn winken, sollte man besser auf den Ambient-Modus umschalten.
Bowers & Wilkins Px7 S2 Screenshots
Klangqualität
Auf spezielle Klangeffekte verzichtet der B&W Px7 S2 – er ist High End, also besonders guter HiFi-Wiedergabe verpflichtet. Er liefert auch mit ANC exzellenten Klang, während bei manchen anderen ANC-Kopfhörern die Klangqualität bei eingeschalteter Geräuschunterdrückung deutlich nachlässt. Der Px7 S2 ist mit apt-X adaptive ausgerüstet, kann also alle apt-X-Varianten bespielen, auch apt-X HD mit 24 Bit. Beim Zocken oder Streamen sind diese Codecs sinnvoll, da es zu keiner Verzögerung bei der Übertragung kommt – vorausgesetzt, auch das Abspielgerät kann apt-X.
Es ist auch ohne Probleme möglich, den Kopfhörer etwa am DAB+-Radio Technisat Viola 3 anzuschließen: Er kennt zwar keinen Passiv-Mode, eine Wiedergabe ist hier also nur mit eingeschalteter Elektronik möglich. Doch immerhin verursacht der Px7 S2 keinerlei Empfangsstörungen beim Radio. Man kann also auch mit eingeschaltetem ANC Radio hören.
Preis
Mit einer UVP von knapp 430 Euro und einem nur etwa 40 Euro geringerem Straßenpreis ist der Bowers & Wilkins Px7 S2 deutlich teurer als sein Vorgänger, der schon ab 260 Euro zu bekommen ist. Der Kopfhörer kann mit den aktuellen Platzhirschen von Sennheiser & Co. locker mithalten.
Fazit
Der volle und exakte Klang des Bowers & Wilkins Px7 S2 überzeugt, das effektive ANC ebenso. Die Verbesserungen gegenüber dem originalen Px7 sind spür- und hörbar. Der Tragekomfort ist hoch bei gleichzeitig festem und zuverlässigen Sitz. Der direkte Anschluss am USB-Port erspart zudem eine 24-Bit-Soundkarte beim Betrieb am PC.
Die App ist zwar noch nicht perfekt, aber akzeptabel. Die frühere Edelmarke ist zu einem bodenständigen Qualitätslieferanten geworden. Der Px7 S2 bietet ein hervorragendes Gesamtpaket zu einem hohen aber gerechtfertigten Preis. Die ANC-Over-Ears eignen sich sowohl für unterwegs als auch für Büro und Wohnzimmer.
Im Hinblick auf die ANC-Performance, teilt sich der Px7 S2 einen der Spitzenplätze mit den aktuellen Modellen von Bose und Sony, die vergleichbar guten Sound und ebenfalls viele Premium-Features bieten. Bei der Gelegenheit lohnt sich auch ein Blick in unsere Bestenliste: Die 10 besten Over-Ear-Kopfhörer mit ANC. Weitere Einzeltests und Kaufberatungen zu True-Wireless, Knochenschall-Kopfhörern oder ANC Kopfhörern zeigen wir in unserer Themenwelt Kopfhörer.