Der Kobra Neo ist ein kleiner kartesischer 3D-Drucker mit einem Druckraum von 220 × 220 × 250 mm. Er wird wie auch der Kobra Go von Anycubic als preiswerte Alternative zum regulären Kobra angeboten. Worauf bei Neo- und auch Go-Modell verzichtet wurde und ob sie dennoch gute Druckqualität abliefern, zeigt TechStage im Test.
Wir hatten schon einige günstige 3D-Drucker mit schnellem Aufbau im Test. Viele haben uns mit einem sauberen Druckbild und hohem Bedienkomfort überzeugt, etwa der vollausgestattete Creality Ender-3 S1 Pro (Testbericht), oder der günstige Sunlu Terminator 3 T3 (Testbericht). Technisch ist der Kobra Neo für den niedrigen Preis mit Direct-Drive-Extruder und PEI-Druckplatte sehr gut aufgestellt.
Die PEI-Beschichtung arbeitet mit unterschiedlichen Oberflächenspannungen, so löst sich das Modell nach dem Druck von der Druckplatte wie von Geisterhand. Haften die Drucke nach dem Abkühlen dennoch, kann das flexible Druckblech von dem magnetischen Druckschlitten abgenommen und durch vorsichtiges Biegen abgelöst werden.
Der Kobra Go besitzt das ältere Extruder-System „Bowden“. Bei diesem System ist der Extruder separiert und über einen Schlauch mit dem Druckkopf verbunden. Beim Direct-Drive-System ist im Druckkopf das komplette Filamentverarbeitungssystem untergebracht. Allgemein werden Drucke mit Direct-Drive im Gegensatz zu Bowden-Extruder präziser. Als Druckbett haben beide Modelle den momentanen Standard, das PEI-beschichtete Federstahlblech. Da die Unterschiede in Preis und Leistung der drei Modelle nicht groß sind, fällt die Kaufentscheidung hier nicht leicht.
Aufbau
Im Gegensatz zum günstigeren Kobra Go wird der Neo mit vormontierten Modulen ausgeliefert. Wir haben beim Neo zwei große Teile: Den oberen Rahmen und das untere Chassis, welches über einen Kabelstrang mit dem Druckkopf verbunden ist. Wenn diese zwei Module verschraubt sind, muss der Nutzer nur noch Bildschirm und Filament-Rollenhalter anbringen und hat den Aufbau abgeschlossen. Bei dem preiswerteren Modell Kobra Go wird der obere Rahmen in Einzelteilen geliefert, so dauert hier der Aufbau etwas länger. Die Spannung der Nylon-Laufrollen bei Druckbett, Druckkopf oder Z-Führung kann an den Zentrierungsmuttern oberhalb der Rollen nachgezogen werden. Sie sollte auf jeden Fall kontrolliert werden.
Inbetriebnahme
Zu unserer Freude sehen wir bei den meisten neueren 3D-Druckern immer öfter ein automatisches Druckbett-Vermessungsverfahren. Früher musste noch aufwendig mit einem Stück Papier der Abstand per Drehschrauben an allen vier Ecken des Druckbettes eingestellt werden. Heute übernimmt all dies das automatische „Leveling“. Nachdem die Sonde im Druckkopf an 25 Punkten das Druckbett vermessen hat, muss der Nutzer nur noch den Abstand von Düse zu Druckbett über das Menü unter Z-Offset einstellen. Hierfür benötigt der Nutzer als Abstandshalter ein Stück handelsübliches Papier. Das Richtmaß: Wenn die Düse leicht an dem Papier kratzt, ist es perfekt. Von der technischen Seite ist nun alles erledigt und wir können die Testdruckdatei starten.
Anycubic Kobra Neo im Test
Software
Die Slicer-Software Cura befindet sich auf der Mikro SD-Karte, die im Lieferumfang ist. Durch lange Transportwege ist diese bei Auslieferung oftmals veraltet und sollte daher nach der Installation gleich aktualisiert werden. Die Druckermodell-Konfiguration wird ausführlich in der Bedienungsanleitung beschrieben und übersichtlich mit Bildern dokumentiert.
Unterschiede der drei kleinen Kobras
Der Rahmenaufbau von Anycubic Kobra, Kobra Neo und Kobra Go identisch. Um Kosten zu sparen, wurde bei Go und Neo ein RGB-Pixeldisplay mit Drehradsteuerung statt eines praktischeren Touchscreens verwendet. Bei dem preiswerten Kobra Go wird noch das ältere Bowden-System eingesetzt, zudem dauert der Aufbau durch mehr Einzelteile länger. Der Kobra Go hat als einziger einen Filament-Runout-Sensor. Die anderen zwei können damit nachgerüstet werden.
Bei den Unterschieden von Kobra zu Kobra Neo wird es diffiziler. Im Prinzip unterscheiden sie sich in drei Punkten: Bedienelement, Extruder-System und Druckplattform. Die Unterschiede bei der Bedienung sind durch Drehradsteuerung und Touchscreen offensichtlich. Die Bauplattform des Neo ist auf beiden Seiten PEI-beschichtet, so bietet der Neo eine Reserveseite. Aus unserer Sicht ist aus folgenden Gründen der Kobra Neo mit Retrocharme-Display das getarnte Nachfolgemodell des älteren Kobra Modells: Bei beiden wurde das aktuellere Extruder-System Direct-Drive verbaut. Beim Neo finden wir aber eine kleinere und aktuellere Vermessungssonde und zudem erscheint uns das Frontcover schlichtweg zeitgemäßer.
Druckqualität
Die Druckqualität in den Standard Druckmaterialien und -geschwindigkeit (50 mm/ s) ist gut und für den Preis einwandfrei.
Erste Fehler im Druckbild entstehen ab 100 mm/ s Druckgeschwindigkeit, dann häufen sich Lücken und/oder überschüssiges Filament (Gaps oder Blobs) an der Außenhülle. Als durchweg positiv hat sich die starke Bauteilkühlung erwiesen, so wurde etwa die Spitze des 3D-Modells Burj Kalifa (s. Bilder) sauber abgeschlossen.
Druckqualität Anycubic Kobra Neo
Ein längliches Benchy und zwei grüne Architekturen aus PETG wurden mit 40 mm/s Speed gedruckt. Mit den Standardeinstellungen in Cura gab es starkes Stringing, was wir auf ein unausgereiftes Druckerprofil zurückführen. Hier kann mit Feintuning der Slicer-Einstellungen und Testdruckdateien ein schöneres Druckbild erarbeitet werden. Sind Werte für Rückzugsgeschwindigkeit und -länge wie auch die Bewegungsgeschwindigkeit der Leerfahrten richtig eingestellt, verbessert dies das Druckbild.
Kleine Drucke aus ABS halten ausgezeichnet auf der PEI-Druckoberfläche. Größere Drucke sind ohne Einhausung nicht realisierbar, da hier vermehrt Risse im Modell entstehen.
Das Benchy in TPU mit 50 mm/ s wurde perfekt gedruckt. Die Oberfläche der orangefarbenen Tasche im Vasen-Modus mit 100 mm/s Speed war zufriedenstellend, hier hatten wir durch die zu hohe Druckgeschwindigkeit mehrere Fehlstellen.
Preis
Fazit
Die Stärken des Kobra Neo sind die kompakte Extruder-Einheit und die doppelseitig beschichtete PEI-Druckplatte. Vor zwei Jahren mussten all diese Upgrades noch für 100 bis 150 Euro nachgerüstet werden, heute ist das schon ab Werk dabei. Dazu kommt ein leichter Aufbau, automatische Druckbettvermessung und eine sehr übersichtliche Menüführung. Für uns ist der Kobra Neo der inoffizielle Nachfolger des Kobra und bietet für weniger Geld aktuellere Technik im Druckkopf. Gespart wurde beim Display, mit etwas gutem Willen kann man das aber auch als Retro-Optik hinnehmen. Davon abgesehen ist der Neo der bessere Kobra-Drucker. Wer auch TPU drucken möchte, benötigt einen Direct-Drive-Extruder, hier kommen nur Kobra Neo und Kobra infrage. Einziger Vorteil des Kobra ist aus unserer Sicht der bequemere Touchscreen.