Nach den 3D-Druckern Tronxy X5SA (Testbericht) , X5A-Pro (Testbericht) und Anet ET5 (Testbericht) kommt nun der Testbericht zum nächsten FDM-Drucker mit großem Bauraum. Dieser kommt als nicht vormontierter Bausatz zum Kunden und so ist die Inbetriebnahme nicht völlig unproblematisch.
Ausstattung & Software
Die auffälligsten Merkmale des Sapphire Plus sind der stabile und sauber gearbeitete Metallrahmen. Zudem verwendet der Hersteller Lineargleitlagern statt einfachen Linearführungen. Diese sollen ein noch exakteres Druckbild erlauben, was in den Tests auch funktioniert. Der gesamte Drucker ist mit seinem offenen, aber sehr massiven Gehäuse, entsprechend schwer. Satte 18 kg bringt der Sapphire Plus auf die Waage.
Trotz des großzügigen Bauraums von 30 × 30 × 35 cm, misst das fertig montierte Gerät lediglich 48 × 46 × 59 cm (B/T/H). Das ist spürbar kompakter als beispielsweise der Tronxy X5SA Pro mit 58 × 65 × 66 cm. Beim Sapphire Plus fährt der Druckkopf die X- und Y-Achse ab. Druckplattform und Heizbett bewegen sich entlang der Z-Achse nach unten.
Zur Ausstattung gehören ein farbiger 3,5-Zoll-Touchscreen, ein beheiztes Druckbett mit fest installierter Druckauflage und ein Filament-Sensor. Eine Autoleveling-Funktion ist zwar vorhanden, allerdings liegt unserem Testgerät kein entsprechender Aufstecksensor bei. Eine Anfrage, ob dieser bei uns vergessen wurde, läuft noch.
Die maximale Temperatur der Druckplattform beträgt 100 °C, der Druckkopf erreicht 260 °C. Die Kunststoff-Druckauflage ist direkt auf der Heizplatte aufgeklebt und sorgt für ausreichend Haftung während des Druckvorgangs. Damit eignet sich der Drucker beispielsweise für PLA, PETG oder Wood-Filament.
Die 0,4-mm-Nozzle des Druckkopfs wird über einen Bowden-Extruder mit 1,75-mm-Filament versorgt. Die möglichen Schichtdicken liegen zwischen 0,1 und 0,4 mm. Laut Hersteller funktioniert der Drucker mit PLA, ABS, PETG und Wood-Filament. Aus eigener Erfahrung wissen wir allerdings, dass ABS bei offenem Bauraum schwierig zu drucken ist. Die Verarbeitung von flexiblem TPU ist nicht ohne weiter Tuningmaßnahmen möglich.
Die maximale Druckgeschwindigkeit gibt Two Trees selbstbewusst mit maximal 300 mm/s an. In der Praxis erscheint uns das deutlich überzogen, trotzdem gehört der Sapphire Plus definitiv zu den flotteren FDM-Druckern. Die Testfiles hat das Gerät bei 100 mm/s sehr ordentlich ausgeworfen. Zum besseren Verständnis, andere Hersteller empfehlen Druckgeschwindigkeiten im Bereich um 60 mm/s.
Der im Test zuverlässig funktionierende Filament-Sensor erkennt, falls das Druckmaterial reißt oder zu Ende geht und unterbricht den Druckvorgang. Die Wiederaufnahme des Drucks nach solch einem Stopp oder einem Stromausfall ist möglich. Bei einem einmaligen Test hat das funktioniert. Bei sehr großen und lange andauernden Druckaufträgen ist diese Funktion durchaus vorteilhaft.
Im Test nutzen wir die Slicing-Software Cura, welche vom Hersteller auf der SD-Karte bereitgestellt wird. Andere Programme, wie Simply3D sind ebenfalls kompatibel.
Aufbau
Um es gleich vorweg zu nehmen: Der Sapphire Plus erfordert erheblich mehr Aufwand als ein vormontierter Drucker wie der Anet ET5 (Testbericht) oder gar ein Fertigmodell wie der Qidi X-Plus (Testbericht) . Hier reicht es nicht, ein paar Komponenten mit Schrauben zusammenzusetzen oder gar nur die Transportsicherungen zu lösen. Die beiden größten und zumindest teilweise vormontierten Teile sind der Boden inklusive Netzteil, Touchscreen, Z-Motoren und Mainboard und der Deckel inklusive der X- und Y-Achse und der Druckkopfhalterung. Der Rest des Druckers wird vom Nutzer zusammengeschraubt und das ist aufwendiger als man vermuten würde. Hier sind ausreichend Zeit und Geduld gefragt.
Nach dem Auspacken sind wir zunächst positiv angetan. Die Einzelteile machen einen hochwertigen Eindruck und sind sehr ordentlich verpackt. Selbst die zahlreichen Tüten mit Schrauben, Muttern und sonstigen Kleinteilen sind vorbildlich beschriftet und augenscheinlich nach Arbeitsschritten zusammengestellt. Für die Querträger sind sogar zusätzliche Aluminium-Winkel beigelegt, welche für zusätzliche Stabilität sorgen. Diese waren bei bisher keinem der von uns getesteten Drucker vorhanden. Soweit erscheint der Bausatz vorbildlich.
Die Ernüchterung stellt sich allerdings bereits bei den ersten Arbeitsschritten ein. Zum einen, weil die Beschriftung der Tütchen von der Anleitung abweicht und zum anderen, da die grafische Darstellung der Arbeitsschritte viel zu ungenau ist. Bei Arbeitsschritt Drei stimmen plötzlich die Schraubenmengen nicht mehr mit der Darstellung und der Realität überein.
Je weiter der Zusammenbau fortschreitet, desto häufiger stellen wir fest, dass nicht nur Details in der Anleitung fehlen. Zum Teil werden ganze Arbeitsschritte erst gar nicht erwähnt oder gezeigt. Ein Beispiel: Der Filament-Sensor liegt zusammen mit einem langen Kabel in einer unbeschrifteten Tüte – Teile für die Montage des Sensors am Rahmen sind nicht beigepackt. Und noch besser, weder die Anbringung noch die Existenz des Bauteils werden nur ansatzweise in der Anleitung erwähnt. Letztlich haben wir den Sensor zwar funktionsfähig bekommen, allerdings baumelt er aktuell locker zwischen Filament-Rolle und Extruder. Ähnlich sieht es mit den Schrauben aus. Letztlich müssen wir an einigen Stellen eigene Schrauben verwenden, da diese nicht in ausreichender Anzahl beiliegen.
Kurzum: Hier wurde massiv geschlampt. Wer bisher keinen FDM-Drucker hatte, könnte so bereits während des Zusammenbaus die Lust am Hobby verlieren. Es ist deprimierend, dass die Hersteller der günstigen Geräte derart an Qualitätskontrolle und Dokumentation sparen.
Da wir mittlerweile einige Drucker zusammengebaut haben, kommen mit etwas Herumprobieren trotzdem gut voran. Insgesamt hat die Montage mit zwei Personen knapp 4 Stunden gedauert. Es ist zwar nicht unmöglich ihn alleine zu bauen, mit einem Partner ist der Zusammenbau aber deutlich einfacher.
Neben dem Drucker, einem USB-Kabel und einer kleinen Rolle Filament gehören ein USB-Kartenleser und eine Micro-SD-Karte zum Lieferumfang. Das benötigte Werkzeug ist inklusive eines Seitenschneiders ebenfalls enthalten. Die Qualität der Innensechskant-Schlüssel lässt allerdings zu wünschen übrig. Bereits nach den ersten paar Arbeitsschritten ist der Schlüssel sichtlich verbogen. Immerhin, das Werkzeug hält bis zum Ende des Aufbaus durch.
Two Trees, Sapphire Plus
Der Anschluss der elektronischen Komponenten an das Mainboard gestaltet sich machbar, obwohl die Beschriftung auch hier nicht optimal ist. Die nicht dokumentierte Montage von Filament-Zuleitung und des Hauptkabelstrangs machen zunächst noch Probleme. Sie hängen letztlich nur über die Rahmenstruktur und können so auf das Druckbett fallen und den Druck behindern oder zerstören. Mit einigen zusätzlichen Kabelbindern bekommt man das Problem aber in den Griff.
Inbetriebnahme
Nach Abschluss des eigentlichen Zusammenbaus folgt ein Technikcheck und der offenbart gleich zwei schwerwiegende Probleme. Die Endstops für die Z-Achse sind einen halben Zentimeter zu hoch montiert. Durch die Langlöcher an den entsprechenden Führungen der Z-Spindeln, lässt sich das aber schnell und unproblematisch korrigieren. Dieser zusätzliche Arbeitsschritt wäre allerdings mit einer vernünftigen Anleitung vermeidbar.
Viel gravierender ist die Tatsache, dass die Druckplattform extrem unter Spannung steht. Sobald das Heizbett die obersten 10 cm der Spindeln erreicht, verkantet es sich und die Motoren schaffen es nicht, es weiter anzuheben. Um die Mechanik leichtgängig zu bekommen, nutzen wir zunächst das im Lieferumfang enthaltene Schmierfett. Das reicht allerdings noch nicht. Das erneuten Ausrichten der Spindelführungen, reicht ebenfalls noch nicht aus. Die Spannung lässt zwar minimal nach, wirklich sauber läuft die Y-Achse trotzdem noch nicht. Erst die Neuausrichtung der beiden Querträger inklusive der Winkel und Spindelführungen, führt zur Besserung. Allerdings brauchen wir mehrere Versuche, bis sich die Druckplattform tatsächlich sauber hoch- und runterfahren lässt. So überschaubar sich das auch liest, in der Praxis hat die Fehlersuche und Korrektur weitere 90 Minuten Arbeit gekostet. Spätestens hier hätten die meisten Nutzer aufgegeben – traurig, denn auch hier hätte man mit einer anderen Reihenfolge beim Zusammenbau und einer vernünftigen Beschreibung viel unnötigen Ärger vermeiden können.
Nach gut fünfeinhalb bis sechs Stunden ist der Sapphire Plus endlich startklar und so kommt zunächst die Micro-SD-Karte mit den Druckvorlagen in den seitlich angebrachten Kartenschacht. Nach dem Einschalten dauert etwa 10 Sekunden bis der Drucker hochgefahren und einsatzbereit ist.
Die Menüführung des Druckers ist zwar verständlich, allerdings hat es der Hersteller bei der graphischen Gestaltung völlig übertrieben. Die mehrfarbige Anzeige wirkt überladen und zu verspielt. Warum die Pfeile zur Steuerung der Achsen nicht der Realität entsprechend ausgerichtet, sondern diagonal angeordnet sind, ist beispielsweise völlig rätselhaft. Eine intuitive Steuerung sieht jedenfalls anders aus.
Nun folgt die exakte Ausrichten der Druckplattform und des Druckkopfes. Dazu richten wir das Heizbett aus mit den insgesamt vier Stellschrauben aus. Wegen des nicht beiliegenden Leveling-Sensors geschieht dieser Arbeitsschritt mit Hilfe von Wasserwage und Augenmaß. Anschließend folgt das Setzen des Nullpunktes für die Y-Achse. Dazu bewegen wir den Druckkopf nacheinander an die vier Ecken des Druckbetts und überprüfen den Abstand zwischen Nozzle und Druckauflage. Wenn sich gerade noch ein Blatt Papier zwischen Düse und Bett schieben lässt, ist der Abstand in Ordnung. Das Prozedere ist zwar weniger bequem als das halbautomatische Leveling per Abstandssensor, alles in allem dauert der Vorgang für geübte Nutzer trotzdem nur etwa 2 Minuten.
Das Druckbett ist leider nicht hundert prozentig gerade und hängt in der Mitte minimal durch. Dieses Problem tritt auch bei anderen Druckern auf, etwa dem Ender 3 (Ratgeber) . Hätte der Hersteller sechs statt vier Stellschrauben verwendet, könnte man das Durchhängen korrigieren, so bleibt der Abstand in der Mitte allerdings etwas größer als an den Rändern der Plattform. Im Praxisbetrieb hat diese Ungenauigkeit immerhin nicht gestört. Die Druckobjekte haben alle ordentlich auf dem Druckbett gehalten.
Nach dem Laden des Filaments startet der erste Testdruck. Das Aufwärmen von Druckkopf und Heizbett geht erfreulich schnell und so legt der Sapphire Plus schon nach etwa vier Minuten richtig los. Das Arbeitstempo macht uns zunächst stutzig. Der Druckkopf rast geradezu über das Druckbett; so schnell arbeiten FDM-Drucker selten. Erfreulicherweise ist der erste Test, ein kleiner Würfel, erfolgreich. Nach etwa 35 Minuten liegt der Würfel mit einer Kantenlänge von zwei Zentimetern fertig auf dem Heizbett. Und das in einer durchaus ansehnlichen Qualität. Nun folgt die zweite Druckvorlage auf der Speicherkarte: Eine geöffnete Rosenblüte. Dieser deutlich größere Druck dauert erheblich länger, trotz des auch hier sehr hohen Arbeitstempos. Nach etwa 14 Stunden ist die Rose fertig. Die Druckqualität überrascht auch hier. Trotz eines schon etwas älteren Filaments sieht die Rose mit den filigranen Blätter sehr ordentlich aus. Weder Unregelmäßigkeiten in der Oberfläche noch Fäden zwischen den Blättern trüben das sehr schöne Druckbild. Bei den ersten Druckeobjekten mit eigenen Slicing-Einstellungen haben wir noch Probleme mit unschönen Fäden (Stringing). Das ist allerdings eine Frage der Settings, kein Problem des Druckers.
Positiv fällt die niedrige Lautstärke während des Drucks auf. Zwar sind die Lüfter des Sapphire Plus deutlich hörbar, im Vergleich Tronxs X5SA hält sich der Lärm aber in Grenzen. Insgesamt ist der Drucker anfangs nicht viel lauter als ein PC-Netzteil unter Normallast. Das ändert sich allerdings bereits nach den ersten zehn Druckstunden. Der Lüfter wird dann deutlich lauter und erinnert nun eher an ein PC-Netzteil unter Volllast. Mit den Standard-Lüftern ist somit leider auch dieser Drucker nicht wohnzimmertauglich.
Preis
Der Drucker kostet zum Testzeitpunkt etwa 480 Euro, wenn man ihn über einen deutschen Händler bezieht. Wer den Sapphire Plus bei Banggood bestellt und den Code BGCZSplus benutzt, spart ordentlich Geld und zahlt lediglich 331 Euro. Das Gerät kommt dann aus einem europäischen Lager und so fallen keine weiteren Zollgebühren an.
Fazit
Der Two Trees Sapphire Plus hinterlässt nach dem Test sehr gemischte Gefühle. Da sind zum einen die frustrierend schlechte Dokumentation, fehlende Teile, der extrem zeitaufwendige Zusammenbau und die nur an vier Schrauben ausrichtbare Druckplattform. Auf der anderen Seite steht ein stabiler und günstiger Drucker mit ordentlichem Extruder, Linearführungen und großem Bauraum, der mit schnellem Tempo und schönem Druckbild überzeugen kann.
Insgesamt gefällt uns der Drucker, allerdings gibt es neben den Problemen beim Aufbau noch ein paar Dinge, die Käufer bedenken sollten. Im Vergleich zum kürzlich getesteten X5SA Pro kann man beispielsweise weder flexibles TPU zu drucken noch die Druckplattform entnehmen. Der (bei uns nicht enthaltene) Leveling-Sensor des Sapphire Plus ist außerdem nur zum Aufstecken auf die Nozzle gedacht, was deutlich unbequemer ist als der fest integrierte Sensor beim X5SA Pro.
Fakt ist, der Bausatz ist definitiv nur für ambitionierte Nutzer mit Verständnis für die Materie geeignet. Einsteiger sollten besser die Finger vom Sapphire Plus lassen. Selbst wer bereit ist einen halben Tag bis Tag zu investieren, sollte lieber zu einer Alternative greifen. So bekommt man mit dem Tronxy X5SA Pro (Testbericht) beispielsweise einen noch größeren FDM-Drucker mit zeitgemäßer Ausstattung, der einfacher aufzubauen ist. Wer sich in der Lage sieht, die Probleme in den Griff zu bekommen, der bekommt mit dem Sapphire Plus allerdings einen hübschen und sehr schnellen FDM-Drucker.
Deutlich weniger Aufwand bei Aufwand machen andere Drucker, wie beispielsweise der Anet ET5 (Testbericht) . Dieser wird mit lediglich 12 Schrauben montiert und hat einen Bauraum von 30 × 30 × 40 cm. Geht es nicht um die Größe, sondern um eine möglichst hohe Detailtreue, empfehlen wir den Griff zu einem SLA-Drucker. Diese sind deutlich kompakter und erlauben Schichtdicken von gerade einmal 0,01 mm. Geeignete Modelle zeigt unser Marktübersicht von Resin-Druckern .