Wer zu spät kommt oder die Mutation ins Smartphone-Jahrzehnt verpasst hat, hat verschissen verloren. Ehemalige Giganten siechen dahin oder existieren schon gar nicht mehr. Nokia? Vorbei, wie wir es kennen. Die Handy-Sparte ist nun bei Microsoft , die Finnen bauen nur noch Netz-Infrastruktur. Motorola ? Gehört nun zu Google. Palm? Gehört eigentlich HP, ist aber faktisch tot. Alcatel ? Ist nun ein asiatischer Konzern, der eigentlich TCT Mobile heißt. HTC, LG, Sony? Haben oder hatten alle ihre Probleme.
Aber es geht nicht nur um die Unternehmen und deren Mitarbeiter. Viele tragische Schicksale, sicherlich. Doch nachdem Nokia nun gerade angekündigt hat, den Support für den ehemaligen Marktführer unter den Ökosystemen einzustellen – Symbian – , wird das Problem auch für die einfachen Kunden greifbar.
Früher war alles besser?!
Früher konnten Hersteller einfach pleite gehen. Klar, schön war das auch damals nicht. Aber auf einem Grundig-Fernseher flimmerte auch noch Jahre nach dem Ende seiner Fabrik die Tagesschau über die Röhre. Post-Telefone funktionieren heute noch: Nummern lassen sich wählen, man kann sprechen und hören. Ganz einfach.
Und heute? Kann das ganz schön ins Auge gehen, wenn Hersteller verschwinden oder ihre Unterstützung einstellen. Denn "dank" permanentem Internet-Zugang, App Store, Cloud und Sicherheit, funktionieren einmal gekaufte Geräte auf einmal gar nicht mehr so wie gedacht. Während wir noch heute auf ein zehn Jahre altes Nokia mit einem Datenkabel neue Programme aufspielen könnten, geht jetzt nichts mehr ohne den freundlichen großen Bruder im Hintergrund.
Web OS: Leben dank Großzügigkeit
Auch wenn Web OS nie ein großer Verkaufserfolg war, sind weltweit hunderttausende Smartphones und Tablets über die Ladentische gegangen. Das offizielle Ende war Ende 2011, inzwischen liegen die Rechte an Web OS bei LG.
Nur der Großzügigkeit von HP ist es zu verdanken, dass die damals verkauften Geräte heute noch ohne Einschränkungen funktionieren. Am 23. Juli dieses Jahres ist ein entscheidendes Zertifikat abgelaufen , das für die Sicherheit der Cloud-Dienste zuständig war. Spätestens damit wäre der Zugriff auf den App-Store und die Backup-Dienste nicht mehr möglich gewesen, doch HP hat eineinhalb Jahre nach der Einstellung des Projektes noch ein für den weiteren Betrieb nötiges Update hergestellt und ausgeliefert.
Würde es das Unternehmen nicht mehr geben, wäre spätestens seitdem Schluss – sofern die Server überhaupt noch laufen würden. Denn auch deren Betriebskosten muss ja jemand zahlen.
Symbian: Vorzeitiges Aus und finaler Todesstoß?
Obwohl Nokia-Boss Stephen Elop noch 2011 versprach, den ehemaligen Marktführer unter den Mobilbetriebssystemen noch mindestens bis 2016 zu unterstützen, kann er sich heute offensichtlich nicht mehr daran erinnern: Am 1. Januar 2014 ist Schluss. Der Support läuft aus. Ärgerlich, denn noch immer sind Millionen Geräte im Einsatz – und das letzte Flaggschiff, das Nokia 808 PureView, wurde erst vor eineinhalb Jahren vorgestellt und ist noch immer im Handel erhältlich.
Welche Folgen das hat, lässt sich im Moment nur schwer abschätzen. Der Vorteil für die Kunden: Symbian ist noch kein Betriebssystem der aktuellen Generation. Als es geplant und entwickelt wurde, waren Clouds noch diese weißen Dinger am Himmel, die den Blick auf die Sonne stören.
Eine Sache ist aber schon jetzt klar: Ab 2014 gibt es keine Updates mehr für Symbian. Weder für das Betriebssystem, noch für die Apps, die über Nokias App-Store installiert wurden. Die Entwickler können keine neue Versionen ihrer Anwendungen mehr hochladen – und neue Apps gibt es ebenfalls nicht mehr. Schöne, neue Zeit: Das Ende wird von oben diktiert. Das gleiche gilt übrigens auch für MeeGo.
Windows: Zwei Mal Sanatorium
Nutzer älterer Windows-Smartphones haben im Vergleich dazu kaum einen Grund zu meckern. Zwar gibt es keine Möglichkeit, auf ein altes Windows-Mobile-Gerät ein aktuelles Windows-Phone-Betriebssystem zu installieren, aber es kommt eben auch aus dem Pre-Cloud-Zeitalter. Programme werden über Setup-Dateien aufgespielt statt über App Stores – und damit dürfte es wenig Probleme geben.
Wer sich ein Windows-Phone-7-Gerät gekauft hat, hat schon eher einen Grund zu jammern. Ein Update auf Windows Phone 8 gab es nicht. Noch ist das kein Problem, aber es könnte noch eins werden: Für Apps wie Skype beispielsweise gibt es keine Updates mehr. Solange Skype nichts Grundlegendes an seiner Infrastruktur ändert, wird zwar die alte Version noch funktionieren, aber wer weiß, was kommt.
Der Support für Windows Phone 7 (genauer: Version 7.8) selbst endet im September 2014 – also in knapp einem Jahr. Vermutlich bedeutet das nur ein Ende der Betriebssystem-Updates, aber der App Store wird wohl weiter laufen. Wenn dem so ist, ist das ein fairer Kompromiss.
iOS, Android und der Rest
Bei Android ist die Sache naturgemäß etwas komplexer, da die Geräte-Updates nicht von Google, sondern von den Herstellern kommen. Letztere ließen es in der Vergangenheit gerne mal schleifen, insgesamt hat sich die Situation aber durchaus verbessert. Es kommt eben nicht gut beim Kunden an, wenn man schon ein Jahr nach der Vorstellung eines Smartphones keine Updates mehr bringt. Aber auch hier können ältere Geräte weiterhin auf App Store & Co. zugreifen, solange es Google gibt.
Fazit
Was bedeutet das jetzt für uns? Die traurige Wahrheit: Nicht viel, denn wir können die Situation kaum ändern. Alle aktuellen Smartphones, die wir so begehrenswert finden, sprechen permanent mit ihrem Hersteller. Geht der pleite, ist Schluss. Im schlimmsten Fall nicht nur mit Updates, sondern auch mit der Nutzung.
Das sehen wir am Beispiel anderer Produkte. Erst kürzlich gab es eine Diskussion über den Online-Zwang der neuen Xbox One. Spiele werden nicht mehr auf einem Datenträger gekauft, stattdessen erwerben wir Lizenzen. Geht die Spieleschmiede Blizzard pleite, können wir für bare Münze gekaufte Games wie Starcraft oder Diablo 3 nicht einmal mehr starten.
All das ist ein Grund mehr, beim Neukauf lieber auf ein aktuell bewährtes System zu setzen, als ein Experiment zu wagen. Und da beginnt ein Teufelskreis: So haben neue Anbieter kaum eine Chance, einen Fuß in die Tür zu bekommen.