Ob Alarmanlagen Einbrüche verhindern, ist umstritten. Dass Sie den Besitzern ein gutes Gefühl geben können, nicht. Wir haben verschiedene Komplett-Sets von Abus, Bosch, Gigaset & Co. getestet, die per App steuerbar sind. Was ist der beste Kauf?
Grundlagen
Die Polizei ist von Alarmanlagen zum Selbsteinbau nicht sonderlich begeistert. Wenn keine Profis am Werk sind, kommt Equipment zum Einsatz, dass Profis so nicht verwenden würden. Und wenn's blöd läuft, macht der Heimwerker bei Planung und Installation auch noch Fehler. Die führen dann dazu, dass die Anlage entweder im Einbruchsfall nicht auslöst oder dann, wenn es keinen Grund gibt. Wie man diese Fehler vermeidet, verraten wir in unserem Ratgeber Smart-Home-Alarmanlagen selbst planen und einbauen .
Nicht zu vernachlässigen ist vor allem das gute Gefühl, das die Smart-Home-Alarmanlagen geben können. Wenn man per App aus dem Urlaub sehen kann, dass Fenster und Türen geschlossen sind und vielleicht noch per WLAN-Kamera (Überblick) ins Wohnzimmer blickt, kann man sich beruhigt zurücklehnen.
Was ist „smart“?
Die Alarmsysteme in unserem Test zeichnen sich dadurch aus, dass sie allesamt per App steuerbar sind. Im Detail unterscheiden sich die Konzepte aber stark. Als echte Smart-Home-Systeme haben die Alarmanlage von Bosch, die Smartvest von Abus, Gigaset Elements sowie Somfy überzeugt. Die vier Modelle lassen sich per App komfortabel einrichten und betreiben und ermöglichen den Blick aus der Ferne ins Heim.
Das Egardia-System hat zwar eine App, die dient aber weder der Einrichtung noch der Konfiguration. Auch das Überprüfen der Sensoren ist aus der Ferne nicht ohne weiteres möglich – das wirkt einfach nicht mehr zeitgemäß.
Interessant ist, dass es vor allem beim Thema Konnektivität mangelt. Das Anbinden der Smart-Home-Alarmanlagen an Open-Source-Smarthomelösungen wie Iobroker oder FHEM war zum Testzeitpunkt wenn überhaupt nur mit Umwegen über Drittanbieter wie IFTTT möglich. Stattdessen gibt es häufig eigene Zwischenstecker oder gar Heizungsthermostate, für uns wirkt das aber eher wie eine Insellösung.
Dass die Zukunft nicht in der Abschottung liegt, scheint aber auch langsam bei den Geräteherstellern anzukommen: Nach unserem Test hat Somfy IFTTT-Support nachgerüstet, bei Bosch gibt's inzwischen eine Anbindung an Node Red . Einen klaren Fahrplan scheint es hier aber nicht zu geben, und die Erfahrung zeigt, dass Kompatibilitäten in einem so jungen Markt schnell da, schnell aber auch wieder weg sind.
Achtung: Manche der Systeme sind schon fast zu smart: Die Steuerung inklusive Schärfen und Entschärfen ist ausschließlich per App möglich. Wer beispielsweise Gästen oder einer Reinigungskraft einen Schlüssel gibt, muss ihnen auch App und Zugang einrichten.
Sicherheit
Eine intensive Untersuchung der Sicherheit der Funkübertragung zwischen Alarmzentrale und Komponenten haben wir im Rahmen dieses Tests nicht durchgeführt. Unsere Kollegen von c't haben das zuletzt Anfang 2017 durchgeführt. Damals kam heraus: Viele der Systeme sind anfällig, selbst gegenüber einfacher Replay-Attacken. Die meisten dieser Probleme sind inzwischen gelöst.
Käufer von günstigen Funk-Alarmanlagen müssen sich aber darüber im Klaren sein, dass sie keine perfekte Sicherheit bekommen. In der Praxis kommen die meisten Einbrecher aber ohnehin mit dem Kuhfuß und nicht mit dem Laptop, weswegen das Problem in der Praxis eine untergeordnete Rolle spielt – auch wenn das mit den Grundgedanken eines ITlers kaum in Einklang zu bringen ist. Und um es klar zu sagen: Es gibt vor allem für die Anfälligkeit gegenüber einfacher Angriffe keine Rechtfertigung.
Während die meisten Alarmsysteme Magnetkontakte für Fenster und Türen mitbringen, hat Gigaset Sensoren, die auch auf Rütteln reagieren und einen Alarm vielleicht schon melden, bevor die bösen Buben im Haus sind. Auch Somfy hat hier einen Bonus eingebaut: Die Türkontakte erkennen beim Öffnen, ob sich ein Funktransponder in unmittelbarer Nähe befindet und entschärft die Alarmanlage automatisch, sobald man Wohnung oder Haus betritt. Das ist wirklich extrem komfortabel und fehlt allen anderen Geräten.
Fast alle der Systeme haben darüber hinaus einen Pufferakku, der die Energieversorgung der Alarmzentrale im Falle eines Stromausfalls sicherstellt. Damit das Weiterleiten der Einbruchsmeldung auch gelingt, ist – außer bei der Tahoma – aber eine Internet-Verbindung und gegebenenfalls noch WLAN nötig. Wer soweit denkt, sollte besser gleich eine kleine USV zum Betrieb seines DSL-Routers mitbestellen.
Unter Umständen ist für die Wahl des Systems auch entscheidend, welche Sensoren zur Auswahl stehen. Die typischen Tür- und Fensterkontakte sowie Bewegungs- und Rauchmelder sind Standard, manche Hersteller bieten Feuchtigkeitssensoren an, um einen volllaufenden Keller oder eine undichte Waschmaschine zu melden, Gasmelder, Glasbruchmelder, Innen- und Außensirenen und so weiter.
App
Essentielles Merkmal einer Smarthome-Alarmanlage ist natürlich ihre App-Steuerung. Darüber erfolgt der virtuelle Blick ins Haus mit der Information, welche Türen und Fenster geöffnet sind und gegebenenfalls auch per Kamera direkt ins Wohnzimmer. Zu einigen Produkten gibt es gleich passende WLAN-Kameras, die sich direkt in die App integrieren. Entscheidend ist in dem Zusammenhang eventuell noch die Frage, welche der Systeme eine namentliche Registrierung in der Cloud verlangen. Bosch und Abus zeigen, dass es auch ohne geht.
Über die App erfolgt natürlich auch die Steuerung, das Scharf- und Unscharfschalten, die Konfiguration sowie das Anlernen neuer Sensoren – mit zwei Ausnahmen. Die Egardia-App wirkt nicht zeitgemäß und die Konfiguration ist ausschließlich über das Web-Interface des Herstellers möglich, und die Taphome-App versendet eigentlich nur SMS mit dem Konfigurationsinhalt: Die GSM-Alarmanlage hat schließlich keine Internet-Anbindung. Zu guter Letzt erfolgt die Alarmierung der Nutzer ebenfalls per Push-Nachricht über die App.
In den Einzeltests zu den Geräten finden sich ausführliche Fotostrecken, in denen wir die Einrichtung, Grundkonfiguration und die praktische Nutzung der Apps dokumentiert haben. Vor allem Egardia und Taphome fallen hier negativ auf. Für Egardias Versagen gibt es keine Entschuldigung, Taphome kann man zugutehalten, dass die Alarmzentrale dank GSM-Modul eben auch ohne Internet-Anbindung im Ferienhaus funktioniert.
Testfeld
Wir haben die Smarthome-Alarmanlage von Bosch , Gigaset Elements , Abus Smartvest , Taphome GSM Alarm , Somfy Smart Home Alarm sowie Egardia eingerichtet, montiert, ausprobiert und benutzt. Durchgefallen ist in Hinblick auf Einrichtung, Nutzerfreundlichkeit, Anbindung und Konnektivität das System von Egardia: Die App ist nicht mehr zeitgemäß, die Konfiguration per Desktop-Browser antiquiert und der Hersteller versucht alles, um seinen Kunden ein kostenpflichtiges Abo für Dienste anzudrehen, die bei der Konkurrenz umsonst sind.
Auch Taphome kann nicht wirklich überzeugen, zumindest nicht in diesem Konkurrenzumfeld. Ohne Internet-Anbindung hat es dennoch seine Daseinsberechtigung. Der Preis ist eben, dass die Steuerung per App etwas holprig wirkt.
Das übrige Testfeld hat durchweg Steine bei uns im Brett. Die Systeme haben alle ihre Stärken und Schwächen, aber es lohnt sich, sich mit ihnen zu beschäftigen. Bosch sammelt mit der hervorragenden App und dem genialen Einrichtungs-Wizard viele Punkte. Das senkt vor allem die Hürde, die manche Nutzergruppen mit solcher Technik haben. Außerdem gibt es diverse Smarthome-Komponenten zur Ergänzung, bei den Alarmkomponenten ist aber nur das nötigste vorhanden: Es gibt weder Wasser- noch Glasbruchmelder, keine Funk-Fernbedienung und kein Bedienpanel zum Schärfen und Entschärfen ohne App, und dass die Zentrale keinen Puffer-Akku mitbringt, ist schwach.
Das Somfy-System punktet mit der Anbindung an IFTTT, mit einer guten App und den aktiven Transpondern, die den Nutzern die „Angst“ vor dem Vergessen des Entschärfens nehmen. Außerdem gibt es eine Innenkamera, die auf das Piepen bereits vorhandener Rauchmelder reagiert und den Alarm so ohne neue Technik vernetzt.
Gigaset hat die Tür- und Fenstersensoren, die bereits auf Einbruchsversuche reagieren, und ein insgesamt extrem gut gemachtes und gut erklärtes System auf DECT-Basis. Das Fehlen einer Außensirene mag für manche Kunden aber ein K.-O.-Kriterium sein, und der fehlende Puffer-Akku in der Zentrale schreit schon fast nach der Verwendung einer USV – oder eines anderen Prdukts.
Zu guter Letzt folgt die Smartvest von Abus. Man merkt dem Produkt und der App an, dass der Hersteller weiß, was er tut, und die Smarthome-Alarmlösung nur der „kleine Bruder“ der größeren Systeme ist. Die App wirkt vielleicht etwas hölzerner als bei den drei anderen, dafür gibt es aber eine große Masse an Sensoren. Schade: Die Anbindung an offene Plattformen ist bisher nicht möglich.
Abus | Bosch | Egardia | Gigaset | Somfy | Taphome | |
---|---|---|---|---|---|---|
WLAN | ✗ | ✗ | ✗ | ✗ | ✗ | ✗ |
LAN | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✗ |
GSM | ✗ | ✗ | ✗ | ✗ | ✗ | ✓ |
Puffer-Akku | AAA-Batterien | ✗ | ✓ | ✗ | ✓ | ✓ |
Registrierungszwang | ✗ | ✗ | ✓ (mit Bankverbindung) | ✓ | ✓ | ✗ |
Verfügbares Zubehör | ||||||
Tür/Fensterkontakt | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Bewegungsmelder | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Rauchmelder | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Glasbruchmelder | ✗ | ✗ | ✓ | ✓ | ✗ | ✗ |
Wassermelder | ✓ | ✗ | ✓ | ✓ | ✗ | ✗ |
Funk-Fernbedienung | ✓ | ✗ | ✓ | ✗ | ✓ | ✓ |
Tastatur / Bedienteil | ✓ | ✗ | ✓ | ✗ | ✗ | ✓ |
Innensirene | ✗ | ✗ | ✓ | ✓ | ✓ | ✗ |
Außensirene | ✓ | ✗ | ✓ | ✗ | ✓ | ✓ |
Innenkamera | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✗ |
Außenkamera | ✓ | ✓ | ✓ | ✗ | ✗ | ✗ |
Fazit
Eine Smart-Home-Alarmanlage ist weder Heilsbringer noch Teufelswerk. Man sollte sich nicht zu viel erhoffen, bekommt aber für ein paar hundert Euro ein gutes Gefühl, was viel wert ist. Immerhin vier der sechs Systeme haben einen positiven Eindruck hinterlassen. Leider gibt es aber bei fast allen Systemen potentielle Ausschlusskriterien, etwa das Fehlen bestimmter Sensoren, die mangelnde Smart-Home-Anbindung, der Registrierungs- oder App-Zwang oder der fehlende Puffer-Akku.
Wir hätten gerne die gute Anleitung von Bosch, die intelligenten Sensoren von Gigaset und Somfy, Cloud-Anbindung ohne Registrierungszwang wie bei Abus und Bosch, offene Schnittstellen zum Smart Home – und das ganze möglichst sicher und bezahlbar.