Die neuen Nvidia-Karten waren Ende 2020 ein echter Knaller. Deutlich schneller als die Vorgänger, zu fairen UVPs und noch dazu passend zu Gaming-Highlights wie Cyberpunk 2077. Kurz darauf legte AMD nach, auch hier gab es einen soliden Leistungszuwachs zu einem spannenden Preispunkt. Doch leider schoss der steigende Preis für verschiedene Coins dazwischen. Die Grafikkarten wurden gekauft wie wild, es gab eine Knappheit, die Preise für GPUs erreichten ein Vielfaches der Preisempfehlung – wenn sie überhaupt erhältlich waren. Letzteres lag auch an Corona, Verknappung bei der Lieferung und Engpässen bei der Chipproduktion.
Jetzt gibt es erste Anzeichen, dass sich der Trend wieder umdreht. Die Preise für GPUs steigen nicht mehr, teilweise gehen sie zurück Richtung UVP. TechStage dröselt die Ereignisse auf, zeigt Parallelen zum Crypto-Hype von 2018 und klärt die Frage, ob man als Gamer eine für Mining benutzte Grafikkarte kaufen sollte. Zudem sehen wir uns andere Komponenten im PC an und geben Tipps, wo sich das Upgrade aktuell lohnt.
Für den Preisverlauf und als Beispiel nutzen wir die Gigabyte GeForce RTX 3080 Gaming OC 10G als Vertreterin für die aktuelle Grafikkartengeneration. Im Zeitraum vom 02.06.2021 bis zum heutigen 02.07.2021 fiel der Preis von knapp 1950 Euro auf 1350 Euro, sprich etwa um 30 Prozent. Sie ist damit eine gute Stellvertreterin für die meisten aktuellen Grafikkarten. Natürlich gibt es, je nach Ausführung und Version, unterschiedliche Preispunkte, dennoch bemerken wir seit knapp einem Monat, dass die Preise nicht mehr zulegen, sondern nach unten gehen. Zugleich scheinen es mehr Grafikkarten in den Handel zu schaffen, noch vor einem Quartal war das Angebot deutlich begrenzter.
Alles schon mal dagewesen: Der Crypto-Hype von 2018
Moment, Krypto-Mining? Grafikkartenknappheit? War das nicht alles schon mal da? Tatsächlich erinnert die aktuelle Situation stark an 2017/2018. Auch damals schossen die Preise für Kryptowährungen in die Höhe, auch damals sprach sich schnell herum, dass man mit den aktuellen Grafikkarten gut schürfen kann. Besonders die Mittelklasse wurde gekauft wie irre, die Produktion kam nicht hinterher, normale Gamer hatten das Nachsehen. Ende 2018 kam dann der Crash und die Mining-GPUs landeten haufenweise auf Ebay.
Es sieht nun so aus, als würde sich die Geschichte wiederholen. Die Preise für Ethereum und Bitcoin sind zwar höher als 2017 oder 2018, allerdings ist es auch deutlich schwieriger geworden, die neuen Coins zu berechnen. Gleichzeitig gibt es politischen Gegenwind. China, eins der Länder mit den größten Crypto-Farmen, geht massiv gegen Kryptowährung vor (Telepolis Härteres Vorgehen in China: Kryptowährungen unter Druck). Gleiches gilt für Indien, Iran und Venezuela – alles Mininig-Länder, da dort der Strom relativ günstig zu bekommen war. Ethereum stellt zudem auf Proof of Stake um, ein Konzept, das Mining überflüssig oder zumindest weniger attraktiv machen soll. (heise online Kryptowährung Ethereum: Energiefressendes Mining soll noch 2021 aufhören)
Wie entwickeln sich die Preise für Grafikkarten?
Wie wirkt sich das konkret auf die Preise für Grafikkarten aus? Sie beginnen zu fallen, zumindest langsam. Mit den neuen Karten Ende 2020 haben sowohl Nvidia wie auch AMD die Branche ordentlich durchgemischt. Die Ampere-Architektur von Nvidia und RDN2 von AMD liefern einen deutlichen Geschwindigkeitszuwachs zu den Vorgängern. Kombiniert mit eigentlich ganz vernünftigen Preisen entsteht so ein enorm gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Zumindest, wenn es keine Kryptominer gäbe.
Die Preise gehen nach unten, das ist allerdings relativ, denn noch immer sind sie viel zu hoch. Das gilt nicht nur für die aktuelle Generation von AMD und Nvidia, sondern auch für vergleichsweise uralte Karten. Die Zotac Gaming GeForce RTX 3080 AMP Holo etwa kostetet bei ihrer Einführung im September 2020 knapp 800 Euro, also etwa 100 Euro über der Founders Edition von Nvidia, ein erwartbarer Preis. Sie stieg dann schnell im Preis über 1000 Euro (und war kaum verfügbar), bis sie schließlich im Mai 2021 ihren Höchstpreis von fast 2500 Euro erreichte. Seitdem fällt sie wieder, ist aktuell mit fast 1200 Euro aber immer noch weit über der UVP von Zotac.
Es zeichnet sich zwar ein leichter Hoffnungsschimmer ab, wer derzeit aber nicht unbedingt eine neue Grafikkarte benötigt, der sollte noch warten.
Skeptisch sind wir derzeit bei den Ti-Versionen. Nvidia hat diese im Treiber gedrosselt, so dass sie fürs Mining nichts taugen. Sie sind nicht nur ziemlich teuer, die ersten Meldungen geistern durchs Web, dass der Anti-Mining-Schutz bereits umgangen wurde.
Welche Hardware kann ich jetzt aufrüsten?
Das Geld brennt in der Tasche und der PC soll aufgerüstet werden? Da gibt es tatsächlich ein paar sehr gute Optionen statt einer GPU. Unser erster Tipp ist der Massenspeicher. Denn schneller M.2 NVMe-Speicher fällt seit über einem Jahr kontinuierlich im Preis. Inzwischen bekommt man 1 TByte NVMe regelmäßig unter 90 Euro. 2 TByte kosten aktuell knapp 170 Euro. Da lohnt es sich kaum noch, klassischen SATA-SSD-Speicher zu kaufen. Denn NVMe ist größtenteils direkt an den PCIe-Bus angeschlossen und deutlich schneller als SATA. Das merkt man beim Start von Windows nur leicht, im Alltag hilft es aber deutlich. Wichtig ist nur, dass das eigene Mainboard ein oder mehrere M.2-Schnittstellen mit PCIe besitzt. Mehr dazu zeigen wir im großen Ratgeber: NVMe nachrüsten und Windows umziehen.
Das nächste spannende Feld ist die CPU, vor allem die aktuelle Generation von AMD. Die neuen Ryzen-5000-CPUs sind nicht nur zügig, vor allem beim Zocken, sondern inzwischen alle unterhalb der Preisempfehlung von AMD zu bekommen (heise online Gaming-Prozessoren: Alle Ryzen-5000-CPUs unterschreiten AMDs Preisempfehlung). Wichtig ist dann zu prüfen, ob das aktuelle Mainboard die CPUs auch aufnehmen kann. Wenn ein BIOS-Update nicht hilft, dann raten wir zu einem neuen Mainboard. Das sollte dann idealerweise gleich PCIe 4.0 mitbringen, damit die nächste Grafikkarte ihre Power voll ausspielen kann.
Ebenfalls spannend ist mehr Arbeitsspeicher. In unserem Ratgeber: RAM Upgrade haben wir mehrere Kombinationen getestet und es sollten aktuell nicht weniger als 16 GByte RAM sein. 24 oder 32 ist sogar noch besser, einfach, weil mehr Ressourcen zur Verfügung stehen. DDR4 sollte es sein, am besten im Dual-Channel-Betrieb.
Wer nicht nur innen, sondern auch außen aufrüsten möchte, der sollte sich vielleicht ein neues Gehäuse zulegen. Unser Tipp ist es, ein Gehäuse mit USB-C-Anschluss an der Front zu kaufen. Denn der Port wird immer wichtiger und weiter verbreitet, da ist es einfach praktisch, möglichst viele Steckplätze zu haben. In unserem Ratgeber zu Gehäusen haben wir Mini- und Midi-Tower aus drei verschiedenen Preisklassen ausprobiert, alle drei haben USB-C an der Front.
Fazit
Seien wir ehrlich: Ethereum, Bitcoin und Co haben längst ihrer hehren Ziele verloren und sind Spekulationsobjekte für Hedgefonds, Milliardäre und alle, die schnell reich werden wollen. Das ist schade, aber die Realität. Das bedeutet leider auch, dass sich die Geschichte wiederholt und die darunter leiden, die neuen Grafikkarten für ihr Hobby suchen. Zumindest scheinen nun die regulierenden Behörden aufgewacht zu sein.
Die aktuell fallenden Preise für Grafikkarten geben Grund zur Hoffnung. Aber derzeit kosten einfach alle Grafikkarten noch mehr als ihre UVP, entsprechend können wir nicht wirklich zum Kauf raten. Beim Zweitmarkt sieht es besser aus. Wer gewillt ist, die Lüfter oder den kompletten Kühler zu wechseln und einen guten Preis bekommt, der kann hier zugreifen. Natürlich immer vorausgesetzt, man beachtet die üblichen Vorsichtsmaßnahmen beim Kauf gebrauchter Hardware übers Internet.
Wer gerne etwas aufrüsten möchte, aber bei der Grafikkarte noch abwarten kann, dem empfehlen wir andere Komponenten. NVMe-Speicher (Ratgeber) ist schnell, einfach nachzurüsten und fällt im Preis. Ähnlich sieht es bei der CPU aus, wobei man da aufs passende Mainboard (Ratgeber AMD-Mainboards) aufpassen möchte. RAM (Ratgeber) bringt ebenfalls einen kleinen Boost, vor allem, wenn man weniger als 16 GByte hat. Und, nicht vergessen, das Gehäuse (Ratgeber). Gerade, wenn man dort beim ersten Kauf gespart hat, kann man sich jetzt mal ein richtig cooles Case leisten. Schließlich steckt einiges an Kohle in den meisten Gaming-PCs, da kann man die Komponenten auch schön in Szene setzen.