Der WLAN-Standard 802.11ax (im Marketing-Jargon Wifi-6) verspricht nicht nur stabilere Verbindungen, sondern bohrt den WLAN-Durchsatz deutlich auf. Die Technik nutzt nicht mehr entweder 2,4 GHz oder 5 GHz, sondern kann beide Funkbänder verwenden. Doch nicht nur die einzelnen Geräte werden schneller, Wifi-6 kommt auch mit deutlich mehr Clients im WLAN zurecht und kann dadurch das Heimnetz allgemein verbessern. Dazu ist Wifi-6 weiter zu allen Vorgängerstandards kompatibel.
In unseren WLAN-Mesh-Tests halten die ersten Wifi-6-Geräte das Geschwindigkeitsversprechen durchaus ein. Der Asus RT-AX92U (Testbericht) führt das Mesh-Testfeld mit dem Durchsatz von 672 MByte/s an. Das gilt nicht nur für den ersten Messpunkt direkt neben den Router, das Mesh-Set liefert die Bestwerte über alle fünf Zimmer.
Die Crux ist dabei aktuell eher die Verfügbarkeit der Funkmodule in Notebooks und Smartphones. Sie wird zwar schon deutlich besser, der Techstage-Preisvergleich listet aktuell 363 Geräte. Zum Vergleich, mit Wifi-5 sind es knapp 6000 Produkte.
Funkmodul auswechseln
Wer kein neues Notebook, sondern einfach schnelleres WLAN möchte, der kann es oft für wenig Geld nachrüsten. Intel liefert das Wifi-Modul AX200 in zwei Varianten aus, mit oder ohne die Verwaltungskomponente vPro. Der größte Unterschied: Ohne vPro ist das Modul deutlich günstiger. Neben Wifi-6 sitzt auch ein Bluetooth-5-Chip auf der Karte. Es gibt theoretisch noch eine dritte Option, die „Killer WiFi 6 AX1650“, die auf dem Intel-AX200-Kärtchen basiert. Das Intel Wifi-6-Modul hat schon die begehrte Wifi-6-Zertifizierung der Wi-Fi Alliance bekommen. Sie bestätigt, dass das Modul zu anderen (bereits zertifizierten) Wifi-6-Geräten kompatibel ist.
Mit diesem Wifi-6-Kärtchen für unter 20 Euro kann man kaum etwas falsch machen. Selbst wenn man noch gar keinen Wifi-6-Router und noch gar kein Wifi-6-WLAN-Mesh-System besitzt, kann es rentieren, ein schwächeres 433- oder 866-Mbps-WLAN-11ac-Modul oder gar ein 11n-WLAN-Modul eines älteren Laptops gegen ein neues Wifi-6-Modul von Intel zu ersetzen, sofern folgende Voraussetzungen stimmen:
AX200 braucht ein modernes Betriebssystem: Das Intel-Kärtchen braucht Linux, Google Chrome OS oder Windows 10 (64-bit) als Betriebssystem. Wir haben es in zwei Windows-10-Laptops einmontiert und ausprobiert.
Platz im Notebook : Das Intel AX200 WLAN-Modul kommt in zwei M.2-Größen: Das winzige M.2-1216-Kärtchen wird meist auf dem Motherboard verlötet. Das lassen wir außer Acht, weil wir das Selberlöten auf der Hauptplatine nicht empfehlen. Das größere M.2-2230-Funkmodul wird dagegen nur in einen PCIe-3.0-Sockel gesteckt und verschraubt. Es ist essentiell, dass das eigene Notebook einen entsprechenden M.2-Slot besitzt.
BIOS muss Wechsel erlauben: Die beiden getesteten Laptops haben den Wechsel problemlos zugelassen. Es kann aber sein, dass der Hersteller Sperren eingebaut hat. Die Kollegen von heise online erklären im Tipp WLAN-Aufrüstsperre im BIOS aufheben , wie ein Wechsel dennoch möglich ist.
Treiber organisieren: Idealerweise sollte man vorab die Treiber für die neue WLAN-Karte finden und lokal speichern. Für Linux gibt es die Dateien hier bei Intel , Windows-10-Nutzer finden sie hier .
Achtung: Bastelarbeiten am eigenen Laptop erfolgen auf eigene Gefahr. Naturgemäß sollte man sich etwas mit Schrauben auskennen und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten haben. Dazu sollte man vorher recherchieren, ob und wie sich das eigene Gerät öffnen lässt. Dabei hilft die Anleitung, Reparaturanweisungen des Herstellers oder Zerlegtutorials auf Seiten wie iFixit. Ein Blick in die Garantiebedinungen schadet ebenfalls nicht. Die Prozedur ist normalerweise nicht tragisch, dennoch bleibt ein gewisses Restrisiko. TechStage übernimmt keine Verantwortung.
Alte Karte raus, neue Karte rein
Den Tausch zeigen wir beispielhaft am Gaming-Notebook Razer Blade 15, das wir auch für die Messungen unserer WLAN-Mesh-Tests nutzen. Der Laptop stammt von Januar 2019 und hatte ab Werk fast alles drin, was das High-End-Herz begehrt: Einen Intel-Core-i7-8750H-Prozessor, eine Nvidia Geforce RTX 2070 Max-Q-Grafik mit 8MB GDDR6-VRAM, Thunderbolt 3, und einen WLAN-5-alias-802.11ac-Wave-2-Adapter der Gattung Intel Dual Band Wireless-AC 9560 mit einem offiziellen Speed bis zu 4x 433 = 1733 Mbps. Aber eben noch kein Wifi-6, weil es das für Laptops Anfang 2019 noch gar nicht gab.
Beim Razer Blade 15 lässt sich die Bodenplatte nach dem Entfernen von 10 kleinen Torx-Schrauben (T5) sehr leicht komplett abnehmen. Darunter sind alle austauschbaren Komponenten zugänglich. Neben der Wifi-5-Karte (erkennbar durch die beiden Kabelanschlüsse), könnten wir auch die NVMe-SSD austauschen oder den Arbeitsspeicher aufrüsten.
Mit einer Pinzette oder einem Plastikspatel hebeln wir vorsichtig die MAIN- und AUX-Antennen-Kabel des alten 11ac-Funk-Modul ab. Das sollte mit minimalem Widerstand gehen, hier sollte man auf jede Art von Gewalt verzichten. Nach dem Lösen der schwarzen Kreuzschraube lässt sich das alte Funkmodul leicht aus der M2-Steckfassung herausheben und abziehen.
Wir stecken das neue Wifi-6-Kärtchen Intel AX200 in die M2-Fassung, drücken die zwei AUX- und MAIN- Stecker sanft auf die jeweiligen Buchsen, bis sie hörbar und fühlbar einrasten. Danach überprüfen wir den perfekten Sitz noch mit einer Lupe oder einer starken Brille. Die Teile sind winziger, als sie auf den Fotos wirken und für die Funkverbindung essentiell. Zudem befestigen wir das WLAN-Plättchen wieder mit der schwarzen Kreuzschraube. Mit etwas Geschick dauert der komplette Modul-Wechsel nur wenige Minuten. Am Ende drücken wir den Bodendeckel wieder von unten auf den Laptop. Nach dem Einrasten aller Plastik-Schnapper drehen wir alle 10 Schräubchen wieder mit dem Torx-Schrauber ein.
Nach dem Neustart kann man die oben erwähnten Treiber direkt installieren oder, falls das Notebook etwa per LAN verbunden ist, den Treiber über die automatische Suche von Intel finden und einspielen. Nach einem Neustart hat sich das neue Intel-AX200-Funkmodul dann auch im Gerätemanager und in den Windows-10-Einstellungen unseres Razer-Laptops gemeldet.
Durchsatztest
In künftigen Wifi-6-Tests werden wir zeigen, wie viel Leistung der aufgepeppte Wifi-6-Laptop über die jüngsten Wifi-Router und WLAN-Mesh-Systeme aus einem schnellen 10-Gigabit-NAS-Speicher-System herausholen kann.
Doch mindestens genauso wichtig schien uns die Frage, ob sich das neue Wifi-6-Modul im Razer auch mit den bisherigen WLAN-Welten verträgt. Dazu verbinden wir den Laptop mit drei WLAN-Basis-Stationen aus den Jahren 2002, 2017 und 2018:
- Der 802.11b-WLAN-Router von 3Com aus dem Jahr 2002 funkt maximal mit 11 Mbps.
- Der 802.11ac-Router (Wifi-5) AVM FRITZ!Box 7590 aus 2017 funkt offiziell bis zu 1733 Mbps.
- Der 802.11ax-Router (Wifi-6) Netgear RAX80, Baujahr 2018 funkt mit maximal 4800 Mbps.
Zuerst testen wir den 11b-Router 3Com OfficeConnect 3CRWE51196 vom April 2002. Er soll als Worst-Case-Szenario gelten, im Alltag wird man wahrscheinlich selten auf ein älteres Gerät treffen. Dieser Router hängt per Ethernet-LAN-Kabel an einer AVM FRITZ!Box 6591 Cable, die ihrerseits an einem Vodafone Kabel 500 Internet-Anschluss hängt. So kommt schnelles Internet in den alten 11b-Funker. Alle folgenden WLAN-Messungen fanden tagsüber in stark verschmutzter WLAN-Luft statt
Der Wifi-6-bestückte Razer Blade verbindet sich ruckzuck mit der Funkzelle. Das Tool www.breitbandmessung.de meldet einen passablen Internet-Durchsatz von 2,88 Mbps im Download (DL) und 2,53 Mbps im Upload (UL) sowie flotte Ping-Laufzeiten von nur 24 Millisekunden.
DL und UL klingen für moderne Ohren vielleicht langsam, in Kombination mit den kurzen Pings kann man aber durchaus in der Cloud arbeiten. Erst bei großen Datentransfers spürt man, dass der alte 11b-WLAN-Funker an einem flotten Kabel-500-Anschluss eine spürbare Bremse reinhaut.
Ansonsten finden wir es aber löblich, dass sich unser modernster WLAN-6-Intel-Adapter spontan mit dem Uralt-WLAN-11b-Router aus 2002 versteht, zumal am 3Com-11b-Funker schon eine von zwei Antennen abgebrochen ist.
Im zweiten Praxistest hängt eine AVM FRITZ!Box 7590 mit Wifi-5 (genauer gesagt IEEE 802.11ac-Wave-2) bis 1733 Mbps ebenfalls via Fritzbox 6591 Cable am Kabel-Internet. Der mit Wifi-6 aufgepeppte Razer Blade verbindet sich ruckzuck mit der 7590 und holt über deren WLAN flotte 509,31 Mbps im DL und 50,84 Mbps im UL bei schönen Pingzeiten von 21 Millisekunden aus dem Kabel-Internet heraus.
Im dritten Praxistest nutzen wir einen Netgear Nighthawk RAX80-100EUS WiFi 6 AX6000 Router mit WiFi-6 alias 802.11ax bis 4800 Mbps, ebenfalls via Fritzbox 6591 Cable. Unser Wifi-6 Laptop verbindet sich ruckzuck mit dem Netgear RAX80 und holt über dessen 5-GHz-Funkzelle flotte 509,75 DL und 50,80 UL bei Pings von 18 Millisekunden aus dem Kabel-Internet.
Wie man sieht, bringt der Wifi-6-Netgear-RAX80 beim puren Speed noch keinen großen Vorteil gegenüber einer Wifi-5-Fritzbox-7590, weil bei diesem Testaufbau der Kabel-500-Anschluss kurz über 500 Mbps die Bremse reinhaut. Der Vorteil des Wifi-6-Funkers gegenüber einer 7590 käme erst bei einem Gigabit-Internet-Anschluss zum Tragen.
Alternativer Einbau im Asus Vivobook Pro 17
Wie flexibel das WLAN-Modul ist, zeigt sich am zweiten Testsystem. Beim Einbau in das Asus Vivobook Pro 17 gab es ebenfalls keine größeren Probleme. Beim Asus ersetzten wir die ab Werk verbaute Realtek RTL8822BE AW-CB295NF 802.11AC 2.4G/5GHz WiFi Bluetooth 4.1 NGFF M.2 Wireless Adapter Card durch die neue Intel Wifi-6-Karte. Mit der neuen Intel-Karte funkt der Asus jetzt spürbar besser.
Preis
Fazit
Die Installation der neuen Intel Wi-Fi 6 AX200 Funkmodule und der neuen Intel-Wifi-6-Treiber lief in unseren zwei Windows-10-Laptops schnell und problemlos ab. Die gebrauchten Notebooks sind seitdem auch mit den neuesten Wifi-6-Routern und Mesh-Systemen kompatibel. Trotzdem haben sich die Wifi-6-aufgepeppten Notebooks auch noch mit älteren WLAN-Routern bis hin zu einem ganz alten 3Com-WLAN-11b-Router aus dem Jahre 2002 gut vertragen.
Die Investition von 13 Euro pro Notebook hat erst mal den Kauf neuer 11ax-Laptops erspart. Da Intel die neuesten Wi-Fi 6 AX200 Kärtchen erstaunlich billig abgibt, wird man WLAN-6 vermutlich bald in vielen Laptop-und-PC-Preisklassen finden – nicht nur im Luxus-Segment.
Da der Einbau relativ einfach vonstatten geht – und es Bluetooth 5 quasi umsonst dazu gibt – können wir das Aufrüsten guten Gewissens empfehlen. Gerade wer ein etwas älteres Notebook besitzt, kann für knapp 13 Euro deutlich solidere Werte erreichen.