Der neue Flug Simulator von Microsoft tritt nicht nur in die großen Fußstapfen seiner Vorgänger, er füllt sie auch mehr als aus. Die Vielzahl an Funktionen und die großartige Darstellung auf Basis von Bing Maps sind atemberaubend, haben allerdings ihren Preis: Hardware-Hunger.
In diesem Beitrag zeigen wir zunächst, welche Hardware man benötigt, damit der Flight Simulator 2020 zuverlässig läuft. Dabei gehen wir vor allem auf „flüssig spielbar”, weniger auf „alle Grafikoptionen auf Anschlag”, einfach, um einen realistischeren Eindruck des Spiels wiederzugeben. Im zweiten Teil des Artikels gehen wir dann auf die verschiedenen Steuerungsoptionen wie Tastatur, Gamepad oder Joystick mit Schubregler ein.
Der Artikel erscheint in unserer Themenwelt Gaming . Dort haben wir beispielsweise bereits Vergleichstests zu Grafikkarten veröffentlicht, geben Tipps zum Monitor-Kauf oder zeigen einen Bauvorschlag für einen VR-tauglichen Gaming-PC unter 600 Euro .
CPU & RAM
Der Flight Simulator ist eine seltsame Mischung aus anspruchsvoll und genügsam. Wir nutzen für unseren Test ein System auf Basis unserer Bauempfehlung für einen VR-PC, in dem Rechner steckt eine AMD Ryzen 5 2600. Diese CPU ist für den Flight Simulator völlig ausreichend und kostet um die 130 Euro mit Lüfter.
Anders sieht es beim Arbeitsspeicher aus. Ist das Flugszenario geladen, zeigt sich der Hunger des Flight Simulators: Von den 16 GByte RAM im Testsystem waren 10 bis 12 GByte kontinuierlich belegt. 16 GByte sollten entsprechend das absolute Minimum sein, das in einem Flight-Sim-tauglichen PC eingebaut sein sollte – natürlich mit aktivierten Dual-Channel-Einstellungen. Da die Preise für Arbeitsspeicher aber gerade vergleichsweise günstig sind, raten wir tatsächlich eher zu 32 GByte - mehr ist hier immer besser.
Datenträger
Der Flight Simulator belegt nach der Installation über 120 GByte Speicherplatz. Da die Daten beim Fliegen regelmäßig nachgeladen werden, sollte man das Spiel auf einem schnellen Datenträger installieren. Eine SSD mit SATA-6 sollte die untere Stufe sein, Festplatten sind unnötige Flaschenhälse. Aktuell bekommt man eine SSD mit 1 TByte Speicherplatz für etwa 80 Euro.
Tatsächlich sollte man aber gleich das Upgrade auf die schnellen M.2-Speicher überlegen, sofern es das Mainboard zulässt. Ansonsten können spezielle PCIe-Karten als M2-Aufnahme für Abhilfe sorgen. Die Preise dafür starten unter 10 Euro kosten kaum mehr als 20 Euro. Die meisten aktuellen Mainboards erlauben ohnehin, M2-SSDs direkt an den deutlich schnelleren PCI-Express-Bus anzuschließen und schlagen die SATA-SSDs locker bei der Geschwindigkeit (mehr dazu in der Themenwelt NVMe ). Dazu kommt ein massiver Preisverfall. Schnelle NVMe-Speicher von Crucial, Kingston oder Gigabyte mit 1 TByte Speicher bekommt man inzwischen unter 100 Euro, 512 GByte kosten um die 55 Euro.
Grafikkarte
Der Flight Simulator sieht toll aus, das schlägt sich aber auch in der Last auf die Grafikkarte nieder. Für unsere eigenen Tests flogen wir mit einer GeForce RTX 2060 in Full-HD-Auflösung (1920 × 1080 Pixel) bei hohen Grafikeinstellungen. Bereits hier sieht die virtuelle Welt gut aus, selbst wenn man vergleichsweise niedrig fliegt. Unser System schaffte um die 50 Bilder pro Sekunde (Frames per Second, fps) und fühlte sich damit flüssig an.
Grobe Bildruckler oder ähnliches hatten wir nicht. In unserem Test zu Grafikkarten liegt die RTX 2060 bei der Leistung etwa mit der Radeon RX 5600 XT gleich auf. Beide Grafikkarten liegen bei um die 300 Euro. Wer mehr möchte, der kann natürlich immer weiter nach oben gehen. Weitere Informationen liefern wir im Artikel Grafikkarten im Vergleich .
Allerdings lohnt es sich, beim Kauf einer RTX 2070 und Co auf die nächste Generation zu warten, die zum etwa gleichen Preis, aber mit deutlich höherer Leistung kommen werden. Mehr dazu bei heise online im Artikel „Nvidia bringt Ampere “.
Netzwerk
Der Flight Simulators zieht sich, falls gewünscht, ständig aktuelle Informationen zu Wetter und anderen Fliegern aus dem Internet lädt und in das Spiel integriert. Das führt zu sensationellen Effekten, etwa konnten Spieler mit ihren kleinen Flugzeugen durch den Hurrikan Laura fliegen.
Es muss nicht immer so dramatisch sein, aber da dieses Feature ein Highlight des Flight Simulators ist, sollte man es unbedingt aktivieren. Auf der Hardware-Seite bedeutet dies aber eine ständige Kommunikation mit dem Internet und dem lokalen Netzwerk. Im Test hatten wir sowohl mit LAN als auch mit WLAN keine Probleme, der Flight Simulator kann zudem nahtlos von LAN auf WLAN umschalten, falls etwa das Kabel herausfällt. Wer allerdings kabellos aufs Internet zugreift, der sollte einen sehr guten Empfang sicherstellen. Sprich, Router oder Access Point sollten in der Nähe des Gaming-Rechners stehen, zudem sollte man direkt oder per WLAN-Mesh (Themenwelt) verbunden sein, nicht über einen Repeater. Diese senken den Durchsatz und können die Latenz erhöhen. Im Zweifel würden wir immer zu einer Kabelverbindung raten.
Mehrere Monitore
Leider kam der Flight Simulator 2020 ohne offizielle Unterstützung für mehrere Monitore auf den Markt. Wer also gehofft hatte, dass er einen zentralen Bildschirm für den Blick nach vorne hat und links und rechts „aus dem Fenster” schauen kann, der wird erst einmal enttäuscht sein. Die Kollegen von heise+ zeigen aber im Artikel „Praxis-Guide: Microsoft Flight Simulator mit mehreren Monitoren spielen ”, wie man dennoch mehrere Monitore nutzen kann. Dabei zieht man seitliche Auflösung nach oben und spannt das Bild über mehrere Displays. Das ist als Workaround brauchbar, wer aber neue Monitore anschaffen möchte, der sollte warten, bis es eine offizielle Unterstützung dafür gibt. Versprochen wurde ein entsprechender Patch bereits.
Flight Simulator 2020: Zubehör
Steuerung
Wenn die Hardware für Berechnung und Darstellung fit für den Flight Simulator ist, geht es an die Steuerung. Dabei hat man mehr oder weniger die freie Wahl, je nachdem, wie immersiv (und teuer) das eigene Setup werden soll. Wir haben drei verschiedene Eingabemethoden ausprobiert und zwei Favoriten gefunden.
Übrigens: STRG+C zeigt während des Flugs das Tastenlayout der gewählten Eingabemethode an. Außerdem ist wichtig zu wissen, dass der Flight Simulator 2020 alle angeschlossenen Geräte gleichzeitig unterstützt. Man kann also beispielsweise mit Joystick und Schubregler fliegen, aber mit dem Controller die Drohne für Screenshots steuern.
Maus & Tastatur
Der Klassiker ist eine Tastatur für die Steuerung des Flugzeugs und die Maus, um sich umzusehen oder um die vielen kleinen Knöpfe zu drücken. Tatsächlich gibt die Maus ein gutes Gefühl zur Kontrolle des Sichtfeldes, zudem kann man neben den Shortcuts auf der Tastatur fast alle Funktionen des aktuellen Flugzeugs mit dem Mauszeiger bedienen. Der Flight Simulator zeigt kleine Popups, wenn man mit dem Mauszeiger über eins der Bedienelemente fährt - das macht die Orientierung deutlich einfacher.
Weniger gut hat uns das tatsächliche Fliegen mit der Tastatur gefallen. Diese ist einfach zu direkt und sorgt vor allem zu Beginn oft für eine übersteuertes Fliegen. Die Eingaben werden sofort voll umgesetzt. Im Test war das zu hektisch, wir haben ständig gesteuert und gegengesteuert. Mit mehr Übung mag das weniger hektisch werden, man muss sich aber darauf einlassen.
Gamepad
Der Flight Simulator 2020 soll irgendwann für die Xbox kommen, aber taugt fliegen mit dem Controller überhaupt? Ja, es war sogar überraschend entspannend. Der Xbox-One-Controller (Testbericht) hat am PC nicht nur einwandfrei funktioniert, viele der Funktionen waren sinnvoll von Anfang an belegt und ließen sich intuitiv erlernen. Gerade die analoge Steuerung über den linken Stick, mit dem man die Nase hoch und runter drücken oder nach links und rechts rollen kann, ging enorm schnell in Fleisch und Blut über. Anders als bei der Tastatur saßen wir bald zurückgelehnt im Stuhl und flogen gemütlich durch die Welt. Etwas weniger intuitiv ist die Geschwindigkeitsregelung. Sie erfolgt über die digitalen Tasten A und B, entsprechend ist sie digital und man muss sich herantasten.
Alle Funktionen, die nicht direkt am Gamepad belegt sind, lassen sich weiter mit Maus und Tastatur ausführen. Das ist beispielsweise beim Start notwendig, um die Flaps (“Landeklappen”) einzufahren. Im Flug mussten wir aber kaum zur Tastatur greifen. Einzige Ausnahme: Die Aktivierung der Pausefunktion und der Wechsel auf die Drohne, um Screenshots zu erstellen. Das klappt alternativ mithilfe des Controllers auch in Kombination mit Joystick und Hotas sehr gut.
Neben dem offiziellen Controller von Microsoft funktionieren auch zahlreiche andere Eingabegeräte, sie sollten allerdings XInput unterstützen (damit sind sie quasi identisch zum Xbox-Controller). Ähnlich teuer wie der Xbox-Controller ist etwa der Speedlink Quinox Pro (Testbericht) , der aber mit mehr programmierbaren Tasten aufwartet.
Joystick, HOTAS, Steuerhorn
Die Königsklasse der Eingabegeräte bei Simulatoren sind Joysticks. Wer sich dafür interessiert, der sollte unbedingt zu einer Variante mit Schubregelung greifen. Billige Einsteigergeräte haben die integriert, wer aber ein möglichst realistisches Fluggefühl haben möchte, der sollte zu einem HOTAS-System greifen. Die Abkürzung steht für Hand On Throttle And Stick und bedeutet, dass der Schubregler in einem separaten Controller steckt. Mit einer Hand bedient man den Joystick, mit der anderen regelt man den Schub. Dazu kommen zahlreiche weitere Tasten, so dass man die meisten Funktionen mit dem HOTAS steuern kann, ohne dass man zur Tastatur greifen muss. Wir sind für den Test mit einem etwas älteren Saitek X52 geflogen, gerade die Schubregelung führt zu besserer Immersion. Der Flight Simulator 2020 hat den Joystick problemlos erkannt und passend belegt. Wer es noch realistischer möchte, der kann den Joystick durch ein Steuerhorn ersetzen.
Ein weiterer sinnvoller Zusatz sind Pedale. Damit kann man, wie bei echten Flugzeugen, die Rudersteuerung mit den Füßen übernehmen. Das erlaubt eine elegante Steuerung des Flugzeugs. Pedale lassen sich problemlos nachkaufen, falls man sie sich später zulegen möchte. Das gilt auch für andere Produkte. So kann man etwa einen Schubregler separate zum Steuerhorn oder einem bestehenden Joystick anschaffen. Möglicherweise muss man dann aber im Flight Simulator 2020 festlegen, welches Eingabegerät man nutzen möchte. Wer noch detaillierter einsteigen will, der findet beispielsweise Panele, mit denen man Instrumente wie den Funk ansprechen oder verschiedene Schalter belegen und so echt umschalten kann.
Fazit
Microsoft macht mit dem Flight Simulator 2020 nicht nur viel richtig, gerade die neuen Techniken wie die Live-Integration von Wetterdaten und der Zugriff auf alle Orte der Welt ist beeindruckend . Und erste Modder sind schon dabei, die Welt mit Google-Maps-daten noch realistischer zu machen (heise online „Microsoft Flight Simulator: Modding-Community verbessert Modelle mit Google Maps “). Es wundert daher wenig, dass der Flight Simulator 2020 hohe Anforderungen an die Hardware stellt, allerdings lässt das Spiel durchaus mit sich reden und funktioniert auch erfreulich gut mit etwas abgespeckten Einstellungen. Etwas schade ist, dass Microsoft die Multi-Monitor-Unterstützung erst noch nachliefern möchte, ähnlich wie den Support für VR-Systeme. Lesenswert ist hier übrigens der heise+-Artikel „Flight Simulator: Der große Tuning-Guide – gute Grafik auch auf älteren Systemen ”.
Beim Thema Steuerung hat uns überrascht, wie gut sich der Flight Simulator 2020 mit einem Gamepad steuern lässt. Gerade für alle, die keinen Platz für ein komplettes Cockpit haben, ist die Kombination aus Maus, Gamepad und Tastatur eine sehr brauchbare Alternative, um zum Feierabend eine gemütliche Runde zu drehen. Wer mehr Kontrolle möchte, der kann dank einer breiten Unterstützung für verschiedenste Steuer-Hardware so ziemlich alles nachrüsten, was das Herz begehrt.