Egal ob ein neuer Youtube-Kanal gestartet, Podcasts aufgenommen oder für den runden Geburtstag der Oma ein Lied aufgenommen werden soll - ohne guten Ton wird beides wohl eher mäßig erfolgreich. Das richtige Mikrofon muss her. Aber welches?
Bei der Kaufentscheidung geht es dabei nicht nur um Hersteller oder Preisklasse. Mikrofone gibt es in verschiedenen Bauweisen und Funktionen. Je nach Einsatzzweck wird ein anderes Modell benötigt. Folgende Übersichten sollen Einsteigern einen Einblick in die Thematik rund um Mikrofone geben und Begrifflichkeiten klären, damit Sie sich am Ende ganz auf die Inhalte konzentrieren können, die Sie aufnehmen möchten.
Kondensator- vs. Dynamisches Mikrofon
Ein Kondensatormikrofon wie das Rode NT1-A besteht im Wesentlichen aus einer beweglichen Membran und einer Metallplatte, die sich gegenüberliegen. Trifft der Schall auf die Membran, beginnt sie zu schwingen und der Abstand zur Metallplatte, der Gegenelektrode, ändert sich und mit ihm auch die Kapazität.
Ein dynamisches Mikrofon wie das Shure SM58 besteht hingegen aus einem elektrischen Leiter, der sich in einem Magnetfeld bewegt und dadurch eine Spannung induziert. Der Leiter ist dabei entweder die Mikrofonmembran selbst (Bändchenmikrofon) oder die an der Membran befestigten Spule (Tauchspulenmikrofon).
Vereinfacht gesagt eignet sich das Kondensatormikrofon eher für Studioaufnahmen oder für Zuhause. Es hat wenig Eigenrauschen und kann filigrane Details erfassen, bei sehr lauten Klängen aber stark verzerren.
Das dynamische Mikrofon ist energieeffizienter und wesentlich schallunempfindlicher und dadurch auch für laute Klänge geeignet. Es braucht sogar eine höhere Lautstärke, um ein klares Signal zu erzeugen, ist dadurch aber nicht so anfällig für Rückkopplungen. Darunter versteht man das laute Fiepen, das wir von Konzerten kennen. Es entsteht, wenn sich das Mikrofon zu nah an den Lautsprechern befindet.
Was ist die Richtcharakteristik?
Unterschieden werden Mikrofone nach ihren Richtcharakteristiken. Diese lässt sich auf die Bauweise der Mikrofonkapsel zurückführen und beschreibt aus welchem Winkel die Mikrofone Schallsignale einfangen können. Vereinfacht gesagt: Aus welcher Richtung aufgenommen wird. Benannt werden sie nach ihrer Form im Polardiagramm. Dieses Diagramm bildet ab, aus welcher Richtung das jeweilige Mikrofon Schall frequenzunabhängig aufnehmen kann. Die üblichen Grundformen sind dabei Kugel, Acht oder Keule.
Daneben gibt es Mischformen wie unter anderem Niere oder Hyperniere. Für verschiedene Aufnahmeszenarien bieten sich also manche Richtcharakteristiken eher an als andere. Einige Mikrofone wie das AKG C 414 XL II, welches YouTuber Pewdiepie im Einsatz hat, lassen sich in ihrer Charakteristik umschalten.
Jede Form hat dabei besondere Eigenschaften:
- Die Kugel nimmt Schall rund um das Mikrofon von überall auf. Dazu zählen auch die Reflexionen des Raums.
- Die Acht nimmt seitlich einfallenden Schall von links und rechts auf – bei Rotation um 90 Grad dann von vorne und hinten einfallenden Schall.
- Die Keule nimmt eng von vorne auf, die Seiten werden minimal eingefangen.
- Die Niere nimmt breit von vorne auf und fängt wenig Raumreflexionen ein.
- Die Hyperniere ist sehr stark gerichtet und nimmt nahezu nur von vorne auf.
Große und kleine Mikrofone
Neben den unterschiedlichen Bauweisen bei der Schallaufnahme haben die Mikrofone auch unterschiedliche Formen und Größen für verschiedene Einsatzzwecke. Bei Kondensatormikrofonen unterscheidet man noch zwischen Groß- und Kleinmembranmikrofonen.
Großmembran-Mikrofone wie das Neumann TLM 103 finden sich häufig im Studio für Gesangsaufnahmen oder für Soloinstrumente. Auch Podcast-Mikrofone gehören dazu, genau wie die Mikrofone, die Let's Player meist auf ihren Tischen stehen haben. Auch wenn es in der Praxis abweichen kann, spricht man in der Regel ab einem Zoll Membrangröße (~2,54cm) von Großmembran. Ein Vorteil der Großmembran ist das sehr geringe Eigenrauschen. Dadurch ist die Auflösung aber nicht so detailliert.
Als Kleinmembranmikrofon wie das Oktava MK 012 wird alles ab einem halben Zoll abwärts bezeichnet. Sie sind meist Zigarrenförmig und werden zum Beispiel bei Musikaufnahmen für Klavier, Schlagzeug oder als Surround-Paar für Chöre oder Orchester verwendet.
Beim Film und Fernsehen sind Ansteckmikrofone (Lavalier) wie das AKG C 417 PP sehr beliebt. Sie lassen sich entweder sichtbar auf der Kleidung, beispielsweise am Revers, oder unsichtbar in der Kleidung verstecken. Die Lavalier-Mikrofone haben meist eine Kugelcharakteristik. Problematisch wird es nur, wenn lange Haare oder Stoffe der Kleidung über die Mikrofonkapsel rascheln.
Zubehör
Zusätzlich zum Mikrofon gibt es praktisches Zubehör, um die Tonaufnahmen einfacher zu und klanglich besser zu gestalten. Beim Sprechen, etwa Kommentaren zu Spielzügen in Let’s Plays, bietet sich ein Popschutz an, wenn man näher als einen Meter am Mikrofon steht. Das ist ein Ring, der mit einem dünnen Gewebe bespannt ist und vor dem Mikrofon angebracht wird, um Explosivlaute wie „p“ oder „t“ abzuschwächen.
Sobald ein Mikrofon draußen zum Einsatz kommt, ist ein Windschutz angebracht. Diese gibt es in einer günstigen Variante aus dünnem Schaumstoff. Doch die „haarigen“ Windschutze haben die deutlich besseren Eigenschaften – sehen aber nicht so schick aus.
Stative in unterschiedlichen Höhen eignen sich für jede Aufnahme, bei der das Mikrofon nicht in der Hand gehalten werden soll. Außerdem lässt sich damit das Mikrofon auf die perfekte Höhe für Sänger und Sprecher einstellen. Auch kleine Stative, die auf den Tisch gestellt werden, können bei Aufnahmen im Sitzen von Vorteil sein.
Eine Spinne kann zu akustischen Entkopplung eingesetzt werden. Nimmt man zum Beispiel einen Sprecher auf, der vor dem Mikrofon oft auf der Stelle hin und her tritt, überträgt sich dieser Schall dann nicht direkt ins Mikrofon.
Eine Angel wird nur benötigt, wenn der Ton zu einem Video so professionell aufgenommen werden soll, dass man das Mikrofon nicht im Bild sieht.
Podcasts und Let‘s Plays
Wer sich für Mikrofone interessiert um Podcasts oder Let‘s Plays aufzunehmen, schaut sich am besten Großmembran-Kondensatormikrofone an. Doch neben dem Mikrofon an sich spielt auch der Raum, in dem aufgenommen werden soll, eine entscheidende Rolle. Da in den meisten Fällen das heimische Büro, Zockerzimmer oder Wohnzimmer als Set dient, ist der Raum sehr wahrscheinlich nicht akustisch optimiert. Das bedeutet, dass der Sprecher nah in das Mikrofon sprechen sollte, um mögliche, unschöne Raumreflexionen zu reduzieren.
Wird gleichzeitig ein Video vom Sprecher aufgenommen, kann unter Umständen das Aussehen des Mikrofons eine Rolle spielen. Tischmikrofone wie das Blue Microphones Yeti Pro Studio haben zum Beispiel ein auffälliges Design. Entscheidet man sich für einen Popschutz, um Explosivlaute abzuschwächen, wird aber möglicherweise viel vom Gesicht des Sprechers verdeckt. Hier bietet sich ein Mikrofon mit integriertem Popschutz wie das Rode Procaster an, dass zum Beispiel von YouTuber Gronkh verwendet wird. Sollen Sprecher außerhalb des Studios aufgenommen werden, z.B. Interviews auf der Straße oder Moderationen in der Stadt, sollte zusätzlich ein Ansteckmikrofon oder ein Reportermikrofon wie das Sennheiser MD 46 auf die Liste.
Fazit
Wer privat zu Hause ein Mikrofon verwenden möchte, sollte sich ein Modell passend zu seinem Verwendungszweck aussuchen. Folgende Tabelle zeigt übliche Einsatzgebiete für die unterschiedlichen Mikrofontypen. Es gibt natürlich darüber hinaus Spezialfälle, aber dieser Artikel soll zuerst Einsteiger an das Thema heranführen.
Profis, Kenner und Perfektionisten arbeiten durch ihre Erfahrung und für ihre gewünschten Resultate in Einzelfällen anders. Manchmal entscheidet bei der Wahl des „richtigen“ Mikrofons auch einfach der persönliche Klanggeschmack.
Einsatzzweck in geschlossenen Räumen | Richtcharakteristik | Mikrofontyp |
---|---|---|
Singen (CD-/Radio-Sound) | Niere | Großmembran-Kondensatormikrofon |
Singen (authentischer Sound) | Niere | Kleinmembran-Kondensatormikrofon |
Einzelner Sprecher (z.B. Podcast/Hörspiel/Synchronsprecher), Mikrofon bei Videoaufnahme sichtbar | Niere | Großmembran-Kondensatormikrofon |
Einzelner Sprecher (z.B. Podcast/Hörspiel/Synchronsprecher), Mikrofon bei Videoaufnahme unsichtbar | 1. Kugel oder Niere | 3. Lavalier (Ansteckmikrofon) |
2. Hyperniere oder Keule | 4. Kleinmembran-Kondensatormikrofon (z.B. neben der Kamera auf einem Stativ, Sprecher redet zum Mikrofon) | |
Mehrere Sprecher (z.B. Podcast), Mikrofon bei Videoaufnahme sichtbar | 1. Halbkugel | 3. Grenzflächen-Kondensatormikrofon auf dem Tisch („Meetingraummikrofon“) |
2. Niere oder Hyperniere | 4. Headset | |
Mehrere Sprecher (z.B. Podcast), Mikrofon bei Videoaufnahme unsichtbar | 1. Kugel oder Niere | 4. Lavalier |
Spezialfall: Talkrunde/Diskussion | 2. Hyperniere oder Keule | 5. Kleinmembran-Kondensatormikrofon |
3. Spezialfall Talkrunde: | (z.B. neben der Kamera auf einem Stativ, Sprecher reden zum Mikrofon | |
1-2 Angeln mit Niere | 6. Kleinmembran-Kondensatormikrofon | |
Sprecher führt bei der Aufnahme körperliche Aktivitäten/Sportübungen aus | 1. Niere oder Hyperniere | 3. Headset |
2. Kugel oder Niere | 4. Lavalier (Ansteckmikrofon) | |
Einsatzzweck draußen | Richtcharakteristik | Mikrofontyp |
Sprecher im Video (Moderation, Mikro sichtbar) | Niere | Dynamisches Mikrofon |
(„Reportermikrofone“) | ||
Naturklänge/Vögel aufnehmen | Kugel | Kleinmembran-Kondensatormikrofon |