Wer unterwegs den vollen Funktionsumfang seiner Smartwatch nutzen oder gar telefonieren möchte, braucht bei den meisten Modellen ein per Bluetooth gekoppeltes Smartphone in unmittelbarer Nähe. Wer das Telefon beim Joggen zuhause lässt, verliert einen erheblichen Teil der Funktionen und alles, was einen Internet-Zugang benötigt. Smartwatches mit einer eigenen SIM funktionieren dagegen auch unabhängig von einer Datenleitung via Smartphone. Zumindest die Markenmodelle von Apple oder Samsung sind sündhaft teuer, aber wir haben sogar Alternativen zum Spottpreis gefunden.
Betriebssystem und Funktionen
Wer sich für eine Uhr mit SIM-Slot entscheidet, sollte sich im Vorfeld überlegen, was er damit machen möchte. Wer tatsächlich lediglich unterwegs erreichbar bleiben und beim Joggen etwa im Notfall einen Anruf absetzen möchhte, kann sich für eine günstige Uhr mit proprietärer Software entscheiden. Diese sind auf Ebay und Amazon bereits ab etwa 25 Euro erhältlich. Der Funktionsumfang ist bei diesen Modellen allerdings stark eingeschränkt; statt Smartphone gibt es eher ein einfaches Handy oder Feature-Phone im Uhrenformat. Mehr dazu im Abschnitt Kurztest .
Wer unterwegs Apps wie Facebook, Whatsapp oder Spotifiy nutzen will, braucht ein Gerät mit Zugang zu einem Appstore. Am verbreitetsten, allerdings auch am teuersten, sind die Modelle von Apple mit WatchOS . Wer es etwas günstiger möchte, kann sich die Smartwatches mit Wear OS (Android) oder Tizen (Samsung) ansehen.
Was den Funktionsumfang angeht, sind die Unterschiede teils erheblich. Wer seine Uhr beim Sport nutzen will, muss beispielsweise darauf achten, dass auch ein Herzfrequenz-Sensor verbaut ist. Wer sich beim Radeln oder Joggen auch noch den Weg anzeigen lassen möchte, braucht ein integriertes GPS-Modul. Wenn es wirklich nur um den Sport geht, ist man unter Umständen auch mit einem expliziten Fitness-Tracker (Vergleichstest) und einem Notfall-Handy bis 20 Euro gut beraten.
SIM
Bei Smartwatches mit eigenem SIM-Slot hat der Nutzer die Wahl zwischen einer eigenständigen SIM-Karte und einer Zweitkarte – einer Kopie der eigentlichen SIM im Smartphone.
Während Multi-SIM-Karten früher häufig kostenlos waren, ist inzwischen bei den meisten Anbietern auch dafür ein Aufpreis fällig – damit kommen meist zu den Anschaffungskosten auch erhöhte laufende Gebühren dazu. Beachten sollte man auch, dass SMS bei Multi-SIM nicht auf der Uhr, sondern auf dem Haupt-Smartphone ankommen, dass WhatsApp aufgrund der Kopplung an die Rufnummer nicht sauber funktionieren wird und so weiter, sprich: Vor allem die günstigen Handy-Uhren taugen primär mal zum Telefonieren.
Markengeräte
Die namhaften Hersteller haben ihre Top-Smartwatches in verschiedenen Versionen im Angebot. Neben Farbe und Material unterscheiden sie sich vor allem in der Datenanbindung. Neben der Version, welche lediglich per WLAN oder Bluetooth mit dem Smartphone kommuniziert, gibt es teilweise eine zusätzliche Variante mit eigener Datenverbindung. Diese heißt bei Apple Cellular, bei Samsung LTE und bei Huawei 4G.
Am beliebtesten sind die Smartwatches der Apple-Watch-Serie (Testbericht) . Statt mit einer herkömmlichen SIM-Karte kommt bei Apple die sogenannte E-SIM zum Einsatz, die der Wunsch-Provider unterstützen muss. Der Einstiegspreis für ein Modell der dritten Generation liegt bei rund 300 Euro. Wer sich für das ältere Modell entscheidet, muss allerdings Abstriche bei Akkulaufzeit und Funktionsumfang in Kauf nehmen. Die aktuellen Apple-Watches der vierten Serie schlagen mit knapp 500 Euro zu Buche. Abgesehen von der Akkulaufzeit können die Uhren von Apple überzeugen.
Auch Samsung setzt bei seiner Smartwatch mit eigener Datenverbindung auf die E-SIM. Statt eine Eigenentwicklung wie Apple nutzt der Hersteller das freie Betriebssystem Tizen – Samsung hatte in der jüngeren Vergangenheit aber viel Einfluss auf Tizen und ist derzeit der einzige große Hersteller, der darauf zurückgreift. Die Samsung Galaxy Watch (Testbericht) ohne LTE-Verbindung hat im Test gut abgeschnitten und einen sehr positiven Eindruck hinterlassen. Wer das Modell mit Datenanbindung kauft, muss allerdings Abstriche bei der Akkulaufzeit hinnehmen. Die Preise für das günstigste 4G-Modell liegen bei etwa 270 Euro.
Beim Hersteller Huawei kommt Googles Wear OS zum Einsatz. Die Huawei Watch 2 (Testbericht) ist in der schwarzen 4G-Ausführung bereits ab 210 Euro erhältlich. Im Test haben uns das ungenaue GPS und die teils unschöne Verarbeitung gestört. Wer ein Markenmodell mit vernünftigem Betriebssystem sucht, bekommt dafür eine ausreichende Akkulaufzeit und ein ordentliches Display zu einem mittlerweile moderaten Preis.
Günstige Handy-Uhren
Handy-Uhren mit proprietärem Betriebssystem gibt es von zig verschiedenen Herstellern zu teils sehr niedrigen Preisen. Statt eine integrierte E-SIM kommt hier eine klassische SIM-Karte zum Einsatz. Auch das trägt seinen Teil dazu bei, dass die Uhren nicht einmal wasserdicht sind. Das alleine schränkt den Nutzen extrem ein.
Kurztest
Um uns ein Bild von der Funktionsweise günstiger Modelle zu machen, haben wir uns einen der Billigheimer zum Testen gekauft. Das Ergebnis ist nach einigen Tagen im Praxiseinsatz vor allem eines: ernüchternd.
Neben der extrem kurzen Akkulaufzeit von knapp 13 Stunden stören uns sowohl die wenigen Funktionen als auch der geringe Bedienkomfort. Das Tippen von Nachrichten auf dem kleinen, sehr ungenauen Touchscreen ist die pure Qual. Selbst die Eingabe von kurzen Telefonnummern oder des PIN-Codes kostet jede Menge Zeit und Nerven.
Nachrichten empfangen und lesen klappt noch erstaunlich gut. Beim Telefonieren fallen uns der schlechte Empfang und die unterdurchschnittliche Klangqualität auf. Da unser Testgerät nicht einmal in der Lage ist, mit günstigen Bluetooth-Headsets (Kaufberatung) zu kommunizieren, müssen wir uns zudem immer ein ruhiges Plätzchen zum Telefonieren suchen. Wer mit dem Gerät Musik hören will kann dies tun – allerdings ebenfalls nur über den eingebauten, scheppernden Monolautsprecher. Die eingebaute Kamera funktioniert zwar, hat aber eine vollkommen unbrauchbare Bildqualität und Auflösung. Auch der Schrittzähler funktioniert zwar grundsätzlich, allerdings ist er sehr ungenau und so keine verlässliche Quelle für das Sammeln von Fitness-Daten.
Apps wie WhatsApp oder Facebook stehen auf der Uhr gar nicht erst zur Verfügung. Das Nachinstallieren von Software ist nicht möglich. Außer zum Ablesen der Uhrzeit, als Bluetooth-Fernauslöser für unser Smartphone ist das Billig-Modell kaum zu gebrauchen. Und für diese Funktionen hätte es auch eine günstige Smartwatch (Kaufberatung) ohne eigene SIM getan. Kurzum, die billigen Smartwatches mit SIM sind in der Praxis weitgehend unbrauchbar. Wer keine Datenverbindung braucht, sondern lediglich telefonisch erreichbar bleiben will, sollte sich lieber unsere Kaufberatung zu günstigen Notfallhandys bis 20 Euro ansehen.
Fazit
Wer seine Uhr auch zum Telefonieren benutzen möchte, sollte in ein Markengerät mit WatchOS, Android-Wear oder Tizen investieren. Die Modelle von Apple, Samsung und Huawei bieten eine ordentliche Ausstattung, eine insgesamt gute Performance und jede Menge Apps. Dank SIM-Karte beziehungsweise E-SIM stehen alle Funktionen unabhängig vom Smartphone zur Verfügung. Das Telefonieren klappt dank angeschlossenem Headset gut und unauffällig.
Welches Gerät das passende ist, hängt von den persönlichen Vorlieben, Bedürfnissen und dem Budget ab. Unser Preis-Leistungs-Tipp ist die Samsung Galaxy Watch (Testbericht) in der LTE-Version.
Die günstigen Uhren mit Telefonfunktion sind nach unserer Erfahrung nicht zu empfehlen – ebenso wie sehr billige Smartwatches (Ratgeber) ohne SIM . Neben der schlechten Sprachqualität, der furchtbaren Bedienung und dem geringen Funktionsumfang spricht vor allem die Akkulaufzeit gegen diese Modelle. Wer zuverlässig erreichbar bleiben will, sollte sein Geld lieber in ein vernünftiges Notfallhandy (Kaufberatung) investieren.