Über den Sinn und Nutzen der App-Steuerung einer Kaffeemaschine kann gestritten werden. Letztlich sind smarte Geräte „im Trend“, egal ob es dabei um Masturbatoren mit App-Steuerung geht oder um Energiespar-Möglichkeiten mit smarten Steckdosen oder smarten Thermostaten (Top 10). Die einen befinden sie für schlicht unnötig und sehen keinen für sie nützlichen Anwendungsfall. Die anderen schätzen das Finetuning von Einstellungen am gewohnten Smartphone-Display und freuen sich über Funktionen wie zusätzliche Kaffeerezepte, Wartungshinweise oder Spezialitäten wie die von Siemens erdachte „Coffee Playlist“.
Gerade bei komplizierten Geräten mit kleinem Display oder unübersichtlicher Menüführung kann eine gut gemachte App auf dem Smartphone die Steuerung deutlich vereinfachen. Kein Wunder also, dass die Anbieter von Kaffeemaschinen vor allem bei ihren Top-Modellen auf dieses Ausstattungsmerkmal setzen.
Wo also ist die Grenze zwischen Unfug und vernünftiger App-Unterstützung? Wir haben uns die Ansätze von Anbietern für Kaffee- und Kapselmaschinen, Vollautomaten und Siebträgern angesehen und schätzen ein, wie sinnvoll Apps in den jeweiligen Geräteklassen sind.
Was können Apps in Kaffeemaschinen?
Dabei hat die Automatisierung des Kaffeebezugs per App ein grundsätzliches Problem: Es sind zahlreiche Handgriffe direkt an der Maschine notwendig, etwas das Unterstellen der Tasse oder das Auffüllen von Bohnen und Wasser. Manche Bereiche können aber durchaus von smarter Vernetzung profitieren. Eine App erlaubt das Einstellen von Mahlgrad, Kaffeestärke sowie Anteil von Wasser und Milch deutlich intuitiver als die meisten Displays.
Die App auf dem Smartphone ist ein perfekter Kommunikationskanal, um den Besitzer auf notwendige Wartungsarbeiten wie Reinigen oder Entkalken hinzuweisen. Und sie können die dafür nötigen Anleitungen übersichtlich auf dem Smartphone-Display präsentieren oder gar Handgriffe in Animationen oder Videos vorführen. Praktisch kann es auch sein, wenn unterschiedliche Bewohner ihre eigenen Favoriten auf Handy oder Maschine hinterlegen können – denn nicht jeder mag seinen Espresso gleich stark.
Nicht aus dem Blick verlieren sollte man dabei allerdings auch den Aspekt Sicherheit. Eine Kaffeemaschine im Firmen-WLAN, die übers Internet mit Apps kommuniziert, dürfte so ziemlich jedem Admin ein Dorn im Auge sein. Wie bei den meisten vernetzten Geräten dürfte ein Linux-Server als Unterbau dienen, der vom Hersteller mehr oder weniger häufig aktualisiert wird. Hier hat Bluetooth die Nase vorn: Wenn die Maschine mit den Apps nur direkt kommuniziert, ohne selbst im Netzwerk zu hängen, verkleinert das die Angriffsfläche enorm.
Ein weiteres Thema ist der Datenschutz. Welche Daten greift der Hersteller mit ab? Fließen Nutzungsdaten zurück an den Hersteller und kann man das aktiv unterdrücken? Nicht jeder möchte zum gläsernen Kaffeetrinker werden. Ein Beispiel ist die App von Tchibo Qbo. Wer hier die Übermittlung von Benutzerstatistiken nicht abschaltet, überträgt regelmäßig Nutzungsdaten der Maschine wie „Brühvorgang gestartet“ und Ähnliches an den Hersteller.
Wer dies etwas begrenzen will, sollte kein individuelles Profil in der Qbo-App einrichten. Denn dann werden „nur“ die Maschinendaten übertragen, keine Detailinformationen zum Nutzer. Dabei steht Tchibo hier exemplarisch für viele Hersteller – und soll daher auch nicht als Buhmann dienen. Im Gegenteil: Zumindest listet dieser Anbieter in seiner App genau auf, was er an Daten sammelt. Zudem ist es möglich, die Qbo-App auch ohne Anmeldung zu nutzen.
Filterkaffeemaschinen mit Timer oder App
Bei den klassischen Filtermaschinen ist eine App-Unterstützung eine klare Ausnahme. Zu den wenigen „smarten“ Geräten in dieser Kategorie zählen Modelle des britischen Hersteller Smarter. Sie profitiert von der App-Anbindung, weil sie eine integrierte Kaffeemühle besitzt, deren Mahlgrad und Pulvermenge sich vom Smartphone aus steuern lässt. Ein Timer startet den Brühvorgang automatisch für eine gewünschte Uhrzeit, etwa wenn der Maschinenbesitzer nach Hause kommt oder aufsteht. Zudem informiert die App, wie viel Wasser und Bohnen noch im Gerät vorhanden sind.
Leider sind die Kaffeemaschinen von Smarter derzeit vergriffen. Eine Alternative sind die smarten Filterkaffeemaschinen von Princess für 75 Euro oder Sysyly für 95 Euro bei Amazon. Sogar ein Starten des Brühvorgangs über die Sprachassistentin Alexa ist möglich.
Es geht auch ohne App oder WLAN: Viele klassische Filterkaffeemaschinen besitzen einen Timer, der den Brühvorgang zur eingestellten Zeit startet. Eine günstige Alternative für die Basisfunktionalität kann eine smarte, etwa eine WLAN-Steckdose (Ratgeber) für den Anschluss der Kaffeemaschine sein. Allerdings sollte das Gerät dann möglichst „dumm“ sein und beim Einschalten des Stroms einfach loslegen. Sobald erneut ein Tastendruck oder anderer Bedienvorgang zum Starten der Kaffeezubereitung nötig ist, scheitert die Einsteiger-Vernetzung per Schaltsteckdose.
Kapselmaschinen mit App, WLAN und Alexa
Kapselmaschinen – man liebt sie oder hasst sie. Fakt ist, dass keine andere Lösung so wenig Reinigungsaufwand bei zugleich großem Angebot verschiedener Getränketypen bietet. Zudem ist das Ergebnis geschmacklich anderen günstigen Kaffeemaschinen wie Pad-Geräten meist deutlich überlegen. Allerdings sorgen Kapselmaschinen für viel Müll. Besser für die Umwelt ist Nespresso-Kapseln selber füllen: Capsulier Lite im Test.
Die Top-Modelle einiger Hersteller wie Nespresso oder Tchibo bieten mittlerweile auch eine App-Steuerung an. Dabei setzen einige Modelle wie die Nespresso Expert oder die DeLonghi EN 350.G Expert auf direkte Konnektivität per Bluetooth, während andere, wie die Qbo touch von Tchibo, mit dem heimischen WLAN verbunden werden wollen.
Die Apps versprechen individuelle Kaffeerezepte – dabei bleiben die Einstellungsmöglichkeiten jedoch überschaubar. Denn den Geschmack definiert in erster Linie die verwendete Kaffeekapsel. Anpassen lässt sich die Wassermenge und bei Geräten mit Milchaufschäumer auch die Milchmenge. Zudem informiert die App über notwendige Servicemaßnahmen wie Reinigen oder Entkalken.
Der Kaffeebezug kann programmiert werden, was speziell für die erste Tasse nach dem Aufstehen sinnvoll sein kann – wenn man am Vorabend eine Tasse untergestellt hat. Die Nespresso Expert zählt zudem mit, wie viele Kapseln verbraucht wurden, und informiert dann sowohl über ihr Display als auch per App, wann es Zeit wird, neue Kapsel nachzubestellen. Wer dies dann online über die Shops der jeweiligen Anbieter tun möchte, kann auch dafür den Weg über die App wählen. Preislich unterscheiden sich die App-Varianten allerdings deutlich von normalen Kapselmaschinen.
Smarte Vollautomaten
Von allen Geräten bieten die Vollautomaten unserer Meinung nach die sinnvollste App-Unterstützung. Sie haben einen oder mehrere Bohnenbehälter, schäumen die Milch selbst auf und erzeugen je nach Reihenfolge, und Menge von Kaffee, Wasser, heißer Milch und Milchschaum verschiedene Kaffeerezepte – wobei sie dabei je nach Maschine auch noch Mahlgrad, Pulvermenge und Brühdruck anpassen können.
Die Hauptfunktion der App besteht darin, die genannten Einstellungen bequemer vorzunehmen, als es über die Bedienfunktionen der Maschine erfolgt. Hinzu kommen gegebenenfalls noch zusätzliche Kaffeerezepturen und je nach Hersteller weitere Funktionen wie etwa die von Siemens erfundene „Coffee Playlist“. Dabei handelt es sich um eine Bestellliste, auf der die Kaffeewünsche einer größeren Zahl von Gästen eingetragen werden kann – die Maschine arbeitet sie dann der Reihe nach ab, auch wenn der Tassenwechsel nach wie vor von Hand erfolgen muss.
Recht praxisgerecht ist auch die etwa bei Jura vorgesehene Option, Getränke umzubenennen – denn Hersteller und Nutzer haben oft unterschiedliche Vorstellungen davon, was genau sich hinter einem „Espresso“ (der kann im Menü etwa auch „Ristretto“ heißen) oder einem „Milchkaffee“ (aus Sicht des Herstellers gegebenenfalls ein großer Cappuccino) verbirgt.
Je umfangreicher die Möglichkeiten zur Einstellung und somit Personalisierung der Kaffeerezepturen, umso mehr macht es auch Sinn, wenn die persönlichen Vorlieben etwa in Familie, WG oder Bürogemeinschaft als Favoriten oder in Profilen abgespeichert werden können. Wie auch bei den anderen Kaffeemaschinentypen liefern die Apps Hinweise und Anleitungen zur Reinigung, zum Entkalken oder anderer Wartungsarbeiten.
Oft zählt die App-Unterstützung zu den Merkmalen, die Geräte aus der gehobenen Mittelklasse von der Oberklasse abgrenzen. Vernetzung und App-Komfort finden sich in den Sortimenten der Hersteller daher erst ab einem Preispunkt von etwa 600 Euro – bei vielen Hersteller ist der Einstiegspreis in den App-Komfort auch vierstellig. Die Auswahl ist dafür groß, nahezu jeder bekannte Anbieter hat mindestens eine App-taugliche Maschine im Programm.
Ein anschauliches Beispiel für eine vernetzte Kaffeemaschine ist die De’Longhi Dinamica Plus im Test: Kaffee-Vollautomat mit App (Testbericht).
Siebträgermaschinen
Wer eine Siebträgermaschine nutzt, der hat die Kaffeezubereitung zur Kunst erklärt: der optimale Mahlgrad, Abwiegen des Kaffeepulvers bis aufs letzte Gramm, der richtige Druck beim Tampern, Wasserhärte, Brühdruck und vieles mehr wollen perfekt aufeinander abgestimmt sein. Der Lohn der Mühen ist ein enorm intensiver Kaffee.
Das ist weit entfernt vom Konzept von Vollautomaten und ein Stück weit auch von der Steuerung über vernetzte Apps. Dennoch gibt es mit Herstellern wie Ascaso, Elektra, Rocket oder Sanremo einige Anbieter von vernetzten Siebträgermaschinen. Die zugehörige App dient dann in der Regel dazu, Druckprofile für verschiedene Brühvorgänge auszuwählen. Hinzu kommt die Möglichkeit, die Maschine zu bestimmten Zeiten anzuschalten oder in den Stand-by zu schicken. Die meisten Einstellungen, die sich auf die Kaffeezubereitung auswirken – Mahlgrad, Pulvermenge etc. – werden an Siebträgermaschinen manuell vorgenommen und entziehen sich somit der Steuerung per App.
Fazit
Eigentlich könnte man meinen, dass je komplizierter eine Kaffeemaschine wird, sie sich desto eher für eine App-Integration eignet. Gerade Siebträger reißen hier allerdings aus. Das liegt auch daran, dass diese Maschinen die Kaffeezubereitung zelebrieren. Bei Filter- und Kapselmaschinen ist wiederum die Frage berechtigt: Braucht man das wirklich?
Das sinnvollste Einsatzgebiet sind Vollautomaten. Vor allem da, wo viele Nutzer Kaffee unterschiedlich genießen möchten – im Büro, der Familie oder der WG. Das Anpassen der Einstellungen gelingt in der App oft bequemer als an den Geräten selbst, dank der Speicherfunktion geht der Bezug schneller als ein Anpassen am Gerät. Allerdings: Wenn nicht alle Nutzer Zugriff auf die Maschine per App bekommen, muss sich einer von ihnen als Kaffeeautomaten-Admin betätigen.
Wer mit Apps im Zusammenhang mit Kaffeezubereitung partout nichts anfangen kann, kann aber ganz beruhigt sein: Auch weiterhin lassen sich alle Maschinen durch Druck auf eine Taste zu Kaffee bewegen.
Weitere Geräte für die Küchen zeigen wir im Ratgeber: Smarte Küchenmaschinen: Kochen via Smartphone. Ein vernetztes Zuhause braucht eine Steuereinheit. Die besten Geräte präsentieren wir in der Top 5: Das sind die besten Smart-Home-Zentralen ab 40 Euro. Wer Energie und damit bares Geld sparen will, liest die Top 10: Die besten smarten Heizkörperthermostate 2022.