Im September 2019 hat Google mit der Vorstellung von Stadia für Furore gesorgt. Nur mit einem Chromecast Ultra und einem Controller wird jeder Fernseher zur Spielekonsole. Das Konzept ist generell gut, hat aber einige Nachteile für den Nutzer: Für den Premiumdienst von Stadia zahlt man schon einmal 10 Euro im Monat, um einzelne Games kostenlos zu bekommen. Controller und Chromecast liegen bei einmalig 130 Euro. Anschließend gibt es Zugriff auf die Stadia-Plattform mit einer (großen) Auswahl an Games. Die muss man allerdings nochmals extra kaufen und kann sie nicht etwa über den eigenen Steam- oder Microsoft-Account freischalten, wenn sie schon einmal erworben wurden.
Zudem weiß man bei Google auch nie so wirklich, ob es einen Service in drei oder vier Jahren noch geben wird. Services wie das Soziale Netzwerk Google Plus oder der Messenger Allo sowie Produkte wie die Google Lens sind nur ein paar Beispiele für Google-Dienste, die nach wenigen Jahren eingestellt wurden. Wenn Stadia entsprechend nicht wie von Google gewünscht performt, ist auch dieser Service bald wieder weg vom Fenster. Und dann sind im Zweifelsfall alle Games weg, die man sich für Stadia gekauft hat.
Alternativen zu Stadia gibt es, mitunter sogar bessere. Eine heißt Shadow. Der französische Dienst bietet schlicht gesprochen einen Windows 10 PC, den man sich in drei Konfigurationen mieten kann. Der PC wird hierbei als virtueller Desktop aus der Cloud auf ein Endgerät gestreamt – etwa PCs, Macs, Tablets und Smartphones mit Android oder iOS sowie auf Android-TV-Sticks / Boxen. Und selbst wenn es Shadow irgendwann einmal nicht mehr geben sollte, bleiben die Accounts bei Steam, Uplay & Co. erhalten und damit auch gekaufte Spiele.
Unterm Strich gibt es bei Shadow demnach einen Gaming-PC aus der Cloud, den man nach eigenen Vorlieben einrichten kann – wie einen normalen PC eben.
Ausstattung
Bei den Konfigurationen geht es ab 15 Euro im Monat los. Dafür gibt es einen PC mit einer GTX 1080 Grafikkarte, 12 GByte RAM, einer CPU mit 3,4 GHz und vier Kernen sowie einem Auflösung in Full-HD. Für 30 Euro im Monat erhält man einen virtuellen PC mit RTX 2080 samt Ray Tracing Ratgeber: Grafikkarten mit Raytracing im Vergleich , 16 GByte RAM, einer 4-GHz-CPU mit vier Kernen und 4K-Auflösung. Im größten Paket zahlt man 50 Euro. Dafür erhält man Zugriff auf eine Titan RTX GPU mit Ray Tracing, 32 GByte RAM, eine 4-GHz-CPU mit sechs Kernen sowie ebenfalls 4K-Auflösung. Je nach Paket bekommt man zudem 256, 512 oder 1 TByte Speicher. Diesen kann man gegen Aufpreis um bis zu 2 TByte erweitern. In allen drei Konfigurationen kann man zwischen monatlicher und jährlicher Zahlung wählen. So spart man bei jährlicher Zahlungsweise zwischen 2 und 10 Euro pro Monat. Das teure Infinite-Paket für monatlich 50 Euro liegt dann bei 40 Euro und wird etwas attraktiver, das günstigste Paket kostet dann entsprechend 13 statt 15 Euro.
Shadow hat schon in seiner alten Version an PC und Mac Freude gemacht. Diese hatten wir einige Tage im Einsatz. In punkto Specs gab es hier keine Unterschiede – der Anbieter aktualisiert die Hardware fortlaufend. Die Unterschiede zur neuen Version liegen in der Shadow-Applikation.
Denn mobil ist Shadow aktuell kaum zu gebrauchen. Via Touch-Eingabe muss man sich durch Windows 10 fummeln, Doppelklicks mit dem Finger sind dabei keine Freude. Shadow ist faktisch auf Smartphones nicht (wirklich) nutzbar. Schon gar nicht nur mit den Fingern unter Verzicht von Controller oder Maus und Tastatur, denn eine Touch-Optimierung gibt es bis dato nicht.
Das soll bei Shadow 2020 anders werden, wie wir uns im Rahmen eines Beta-Tests überzeugen konnten. In Zukunft landet man auf seinem Smartphone nicht wie bisher auf dem Windows 10 Desktop, sondern in einem eigenen Launcher, der die Spielebibliothek übersichtlich bereithält. Mit einer touch-optimierten Bedienung kommt man so auch gut von unterwegs an seine Games.
Zudem bietet die neue Version der Shadow-Applikation einen virtuellen Controller, den man für das Zocken unterwegs einsetzen kann. Geplant ist zudem, dass über die Shadow-Community weitere Custom-Controller für verschiedene Games entstehen sollen. Ein vielversprechendes Unterfangen, denn der aktuell verfügbare virtuelle Controller ist zwar ein guter Anfang, aber bei vielen Games nicht zu gebrauchen. So lassen sich beispielsweise Shooter wie Fortnite, die viele verschiedene Tasten erfordern, nicht gut spielen.
Kompatibilität
Selbst ein alter Rechner kann Shadow zum Laufen bringen. Das Einzige, was man für den Service benötigt, ist eine flotte Internetverbindung und idealerweise noch eine Maus oder gleich ein Gamepad. Die Bandbreite liegt idealerweise ab 15 Mbit/s. In unserem Test lag der Ping meist zwischen 25 und 39, je nachdem, ob man über WLAN oder LAN verbunden ist. Das ist ein gutes Ergebnis und erlaubt flüssiges Spielen. Auch mobiles Gaming ist mit Shadow möglich. Hier steht und fällt das Erlebnis mit einem entsprechenden Vertrag mit viel Inklusiv-Traffic und guter Netzabdeckung.
Bei Congstar gibt es hierfür beispielsweise 10 GByte im Monat für 25 Euro . Der Vertrag ist monatlich kündbar. Bei Lidl findet man zudem einen Vodafone-Tarif mit 12 GByte für 20 Euro im Monat, ebenfalls monatlich kündbar.
Unabhängig von der Internetverbindung ist Shadow zu vielen Betriebssystemen kompatibel. Selbst unter Windows 7 oder Android 5.0 bekommt man Shadow noch zum Laufen.
Windows (64 & 32 bit) | macOS | Ubuntu | iOS | Android |
7 | Ab 10.10 | 18.04 | Ab 11 | Ab 5 |
08.1 | ||||
10 |
Leistung
Wir haben Shadow in der Boost-Version getestet, dem günstigsten Paket. Die versprochene Leistung haben wir dabei immer erhalten – so lange die Internetverbindung ausreichend war. Heißt im Klartext: Beim 3DMark Time Spy Benchmark sind wir in mehreren Durchläufen auf 3900 bis 4100 Punkte gekommen – je nach Auslastung des Rechenzentrums, in dem die gemietete Hardware steht. Damit liegt man über den meisten Gaming-Laptops und -PCs mit Full-HD, aber noch unter den 4K-Boliden. Wer mehr Power will, ist bei Shadow mit dem Ultra- oder Infinite-Paket wahrscheinlich besser aufgehoben.
Im tatsächlichen Spielerlebnis bestätigt sich der Benchmark größtenteils. Die Games – unter anderem haben wir Fortnite, Farcry 5 und Counter Strike Go ausprobiert – laufen bei Full-HD und höchsten Grafikeinstellungen flüssig und makellos. Einziges Hemmnis kann hier nur die Internetverbindung sein. Shadow empfiehlt eine Leitung mit mindestens 15 Mbit/s. Damit kann man schon ordentlich spielen, hat aber auch teilweise Glitches von bis zu 2 Sekunden. Dann friert der Bildschirm dann komplett ein und nichts geht. Bei schnellen Spielen wie Counter Strike kann das auch schon einmal das Ende einer Runde bedeuten. Bei Fortnite hat man immerhin meist Glück, hier sind zwei Sekunden noch gerade im Raum des Machbaren – solange man nicht mitten in einem Kampf ist.
Besser also die Bandbreite hochschrauben, wenn das denn möglich ist. Hierzu geht man in das Quick-Menü von Shadow und findet als ersten Menüpunkt Bereitgestellte Bandbreite . In unserem Testverlauf sind wir auf maximal mögliche 70 Mbit/s gegangen, hier lief alles rund und zufriedenstellend. Aber auch schon bei einer Bandbreite von 30 Mbit/s laufen Games weitgehend störungsfrei. Ein Beispiel: In einer Session Fortnite hatten wir im Durchschnitt 1,5 Glitches à einer Sekunde pro Game.
Wer unterwegs spielt, kann noch einige Stellschrauben in Shadow drehen. Unter anderem gibt es die Option die Auflösung zu reduzieren und einen Modus für niedrige Bandbreiten . Bei diesem Modus wird die Stream-Qualität durch die Nutzung des H.265-Standards erhöht - diese Kodierung kommt bisher nur selten zum Einsatz, erfüllt bei Shadow aber seinen Zweck.
Wenn man aber beispielsweise in der Bahn bei 3G spielen möchte, helfen selbst diese Optimierungen nichts.
Für das mobile Gaming benötigt man mitunter noch Zubehör. Je nach Bedarf, sollte man sich einen Bluetooth-Controller, eine Handyhalterung oder entsprechende Kabel für die Verbindung zu Monitoren oder Fernsehern organisieren.
Kritik
Im Beta-Client kommt es aktuell immer wieder zu Ausfällen der externen Komponenten. Mäuse oder Gamepads werden dann beispielsweise am Macbook nicht mehr erkannt. Dies tritt bei uns auf, sobald wir Shadow auf Fullscreen ziehen. Den Bug haben wir bereits beim Anbieter gemeldet. In der aktuellen Version von Shadow ist dies nicht der Fall. Es ist demnach auszugehen, dass dieser Mangel bis zum Release behoben ist.
Ein dauerhaftes Problem bei Shadow ist die Nutzung externer Displays, etwa Zweitmonitore. Werden diese angesteuert, kommt es zu Verzögerungen von einigen Millisekunden – das ist spürbar. Zudem lässt sich Shadow zur Zeit nur auf einem Monitor spielen. Beide Mängel will Shadow nach eigener Aussage zeitnah beheben.
Zudem hat Shadow noch ein weiteres Problem, welches sich kaum lösen lässt. Und das ist die Darstellung auf Smartphones. Wo Tablets mit 7 Zoll und mehr relativ viel Display bieten, ist man bei den meisten Smartphones auf gut 5 oder 6 Zoll gebunden. Bedeutet: Der Windows-Desktop ist entsprechend klein – Doppelklicks oder gar eine Navigation durch Menüs ist umständlich. Entsprechend hat Shadow in der Beta auch mit einer neuen Ansicht für das mobile Gaming dagegengehalten. Das löst gut 90 Prozent aller Probleme, wenn man mobil einfach nur eine Runde zocken möchte, denn die installierten Games sind alle direkt auswählbar. Wenn man mobil aber etwas Neues herunterladen oder einstellen möchte, tut man sich mitunter sehr schwer. Besser die Anpassungen im Vorfeld am Desktop vornehmen und dann mit dem Smartphone das Haus verlassen.
Fazit
Shadow macht richtig Laune. Der Service ist leistungsstark und liefert stabiles Gaming auf PC, Mac, Fernseher und mobilen Endgeräten. Call of Duty, GTA & Co. sind plötzlich am Handy und mit schwachen Computern spielbar – das könnte Gaming nach heutigen Maßstäben grundlegend verändern.
Preislich ist Shadow kein Schnäppchen. Mit 15 Euro pro Monat liegt man im Jahr bei 180 Euro. Man darf aber den Vergleich wagen: Ein solider Gaming-PC zum Selbstbauen liegt bei mindestens 500 Euro (Ratgeber) . Die Komponenten halten, je nach Games, zwei Jahre durch, bis man leistungsstärkere Hardware benötigt. Unterm Strich kann man Shadow – oder einen der Wettbewerber-Services – knapp drei Jahre nutzen und kommt erst dann auf die Kosten eines Gaming-PCs.
So lange man als Anwender also eine entsprechend gute Internetverbindung hat, ist Shadow eine echte Alternative für Gamer, die ihre Spiele am Handy, Tablet, Fernseher oder Computer ohne teure Hardware zocken wollen. Studenten, Eltern oder eben Anwender, die eher keinen teuren Computer haben, holen sich mit Services wie Shadow Gaming-Performance aus der Cloud. So können die Kids zu Hause am Macbook der Eltern Fortnite zocken, ohne das höhere Ausgaben notwendig sind. Oder man holt sich Shadow als Student auf einen günstigen Rechner (Ratgeber) . Auch hier wird das Arbeitsgerät dann zur Gaming-Maschine. Wer genau so etwas sucht, sollte sich Shadow ansehen. Zur Zeit kann man sich bei Shadow aber nicht neu anmelden, sondern nur vorbestellen. Grund ist das Update im April 2020 mit neuen Features.