Der Absatz von Photovoltaikanlagen mit Stromspeicher (Ratgeber) steigt seit Jahren signifikant. Während 2019 nur etwa 37 Prozent der neu installierten Anlagen mit einem Batteriespeicher kombiniert wurden, stieg dieser Anteil im letzten Jahr bereits auf 56 Prozent. Allein im Jahr 2021 wurden deutschlandweit über 130.000 Stromspeicher zusammen mit einer PV-Anlage neu installiert oder nachgerüstet – 2019 waren es nur 41.000. Neben einer höheren Eigenverbrauchsquote und den daraus resultierenden niedrigeren Kosten, wünschen viele einen Stromspeicher, der auch eine Notstromfunktion bietet.
Der positive Trend beim Ausbau von PV-Anlagen mit Stromspeicher dürfte auch in Zukunft anhalten. Laut einer Umfrage von Eon unter 10.000 Hausbesitzern wollen 72 Prozent der Befragten, die in eine PV-Anlage investieren wollen, diese mit einem Stromspeicher kombinieren. Weitere zwölf Prozent planen eine spätere Anschaffung. Für 77 Prozent ist dabei eine Notstrom-Lösung wichtig. Zudem dürfte auch der starke Anstieg bei der Zulassung von E-Autos den Absatz von PV-Anlagen mit Stromspeichern begünstigen. Inzwischen sind in Deutschland über 600.000 E-Fahrzeuge zugelassen. 2019 waren es noch weniger als 100.000. Ein Grund für die steigende Popularität der Elektrofahrzeuge dürfte darin liegen, dass viele nach Alternativen zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor suchen, um unabhängiger von steigenden Preisen bei fossilen Energieträgern zu werden.
Die geopolitischen Entwicklungen der letzten Monate mit steigenden Energiepreisen verstärken Überlegungen über eine autarke Energieversorgung. Auch bei TechStage registrieren wir einen starken Anstieg bei den Zugriffszahlen entsprechender Berichte: Zu den meistgelesenen Beiträgen der letzten Monate zählen etwa Artikel über Solar-Powerstations und Stromspeicher für Photovoltaikanlagen.
PV-Anlage mit Notstromfunktion
Für Besitzer von Photovoltaikanlagen liegt es daher nahe, den PV-Strom selbst zu verwenden und bei einem Stromausfall davon zu profitieren. Doch für eine Notstromversorgung sind die meisten Photovoltaikanlagen gar nicht ausgelegt. Sie sind in der Regel an ein funktionierendes Stromnetz gekoppelt. Fällt dieses aus, wird die heimische PV-Anlage automatisch vom Netz getrennt. Das passiert aus Sicherheitsgründen zum Schutz aller, die versuchen, die Stromversorgung im öffentlichen Netz wiederherzustellen.
Damit eine PV-Anlage die heimischen Verbraucher bei einem Stromausfall sinnvoll mit Strom versorgen kann, müssen geeignete Wechselrichter in Kombination mit einem Stromspeicher und entsprechender Notstromfunktion verwendet werden.
Die Wechselrichter Primo GEN24 Plus (einphasig) und Symo GEN24 Plus (dreiphasig), die in Verbindung mit Stromspeichern von BYD im Test der HTW Berlin bei der letzten Stromspeicherinspektion (Ratgeber) auf den vorderen Plätzen gelandet sind, bieten eine solche „Basis-Notstromversorgung“. Dabei handelt es sich um eine bei Stromausfall versorgte Steckdose, die bei Fronius PV-Point heißt und die einphasige Verbraucher bis zu 3 kW versorgt. Damit lassen sich jedoch nur einzelne Geräte mit Strom versorgen. In Kombination mit einem kompatiblen Stromspeicher von BYD können die Fronius-Wechselrichter diesen sogar weiter mit Strom von der Photovoltaikanlage aufladen. Ohne gleichzeitiges Laden des Stromspeichers endet die Versorgung mit Notstrom, wenn die Kapazität der Batterie erschöpft ist.
Eine solche Notstromfunktion dürfte für die meisten Anwender allerdings zu unkomfortabel sein, da nicht alle Verbraucher im Haus davon profitieren.
PV-Anlage mit Ersatzstrom
Wer bei einem Stromausfall sämtliche Verbraucher im Haus mit Strom versorgen möchte, muss neben Wechselrichter und Stromspeicher auch Schaltkreise implementieren, die bei einem Stromausfall, das komplette Hausnetz vom öffentlichen Stromnetz trennen. Sollen auch dreiphasige Verbraucher versorgt werden, ist ein entsprechender Wechselrichter erforderlich. Außerdem müssen die Komponenten „schwarzstartfähig“ sein. Ursprünglich wurde die Bezeichnung für die Fähigkeit eines Kraftwerkblocks verwendet, unabhängig vom Stromnetz vom abgeschalteten Zustand ausgehend hochzufahren.
In der Regel ist jedoch kein Dauerbetrieb des sogenannten Inselbetriebs empfehlenswert, da die zum Einsatz kommenden Wechselrichter nicht dauerhaft für diese Betriebsart ausgelegt sind. Fronius limitiert etwa den Inselbetrieb auf 15 Prozent der Nutzungszeit. Pro Jahr wären das immerhin fast 55 Tage. Da eine Versorgungsunterbrechung mit Strom in Deutschland im Jahresdurchschnitt nur 10 Minuten beträgt, kann man hierzulande mit diesem Limit leben.
Obendrein kann die Umstellung auf Inselbetrieb einige Zeit in Anspruch nehmen. Mit dem Wechselrichter von Fronius dauert es etwa 90 Sekunden, bis die Anlage nach einem Stromausfall vom Netz getrennt und auf Eigenversorgung umgeschaltet hat (siehe Video).
Andere Wechselrichter wie Modelle von Sungrow schalten mit 20 ms deutlich schneller um. Letztere werden auch von Stromanbietern wie Eon in Kombination mit BYD-Speichern verwendet. Allerdings bietet die Eon-Lösung Ersatzstrom nur für maximal drei Schaltkreise. Da der Sungrow-Wechselrichter bereits Schaltungen zur Trennung vom öffentlichen Stromnetz enthält, müssen Interessenten nicht in eine über 1000 Euro teure Umschaltbox investieren.
Die Auswahl eines Stromspeichers und passendem Wechselrichter sollte jedoch nicht allein auf die Notstromfunktion reduziert werden. Auch die maximale Lade- und Entladeleistung sollte beachtet werden. Zudem ist die Energieeffizienz der Gesamtlösung für die Wirtschaftlichkeit einer PV-Anlage sicher von größerer Bedeutung. Entsprechende Tests führt die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (HTW) jährlich durch.
Das gilt auch für Lösungen von RCT-Power, die zuletzt den Effizienztest der HTW von Stromspeichern mit 10 kW gewonnen haben. Der deutsche Hersteller bietet mit der RCT Power Switch Box auch eine Lösung, die bei einem Netzausfall Ersatzstrom für einen Weiterbetrieb der Photovoltaikanlage zusammen mit dem Batteriespeicher ermöglicht. Die Box trennt innerhalb von 10 Sekunden die Photovoltaikanlage vom öffentlichen Stromnetz und stellt auf Selbstversorgung um, wobei der Stromspeicher weiter geladen wird. Sie ist kompatibel zu den RCT-Stromspeichern mit 4, 6, 8 und 10 kW, wobei die ersten beiden Varianten nur ein einphasiger Ersatzstrombetrieb mit bis zu 6 kW Leistung bieten. Die größeren Modelle unterstützen hingegen einen dreiphasigen Ersatzstrom mit bis zu 10 kW.
Auch die Stromspeicher S10 Mini, S10 E, S10 X und S10 Pro von E3DC, die der Hersteller Hauskraftwerke nennt, sind für einen Stromausfall vorbereitet. Außer S10 Mini, der nur eine Notstromsteckdose bietet, unterstützen die anderen Lösungen einen dreiphasigen Ersatzstrombetrieb, für den die Stromspeicher allpolig vom öffentlichen Stromnetz getrennt werden.
Fazit
Da eine Versorgungsunterbrechung von Strom in Deutschland im Jahresdurchschnitt nur 10 Minuten dauert, erscheint eine Notstrom- oder Ersatzstromversorgung nicht unbedingt als ein unverzichtbares Feature. Doch der erste Eindruck könnte täuschen. Die Stabilität des Stromnetzes ist von vielen Faktoren abhängig. Versicherungen registrieren seit Jahren einen Anstieg von Naturkatastrophen, die in den betroffenen Gebieten zum Teil für deutlich längere Stromausfälle sorgten. Und letztes Jahr schrammte Europa laut Ingenieur.de nur knapp an einem Blackout vorbei.
Photovoltaikanlagen können in Kombination mit Stromspeichern bei einem Stromausfall sämtliche Verbraucher im Stromnetz des Hauses mit Ersatzstrom versorgen. Hierfür müssen jedoch geeignete Wechselrichter und darauf abgestimmte Stromspeicher verwendet werden. Das ist mit Mehraufwand verbunden, der Kosten in Höhe zwischen 500 und 2000 Euro verursacht. Den Einbau solcher Lösungen unterstützen die Hersteller mit kostenlosen Schaltplänen und Komponentenlisten, sodass sich Besitzer von PV-Anlagen mit diesen gezielt an Elektroinstallateure wenden können. Wie eine solche Anlage in der Praxis funktioniert, zeigt das Video des Youtubers Eigenwatt.
Mit der Notstrom-Funktion vieler Stromspeicher gibt es zwar eine kostengünstige Variante, die allerdings nur wenige Geräte versorgen kann. Hier sollte man prüfen, ob die Lösung im Notstrommodus auch den Speicher lädt. Ansonsten gehen die Lichter schnell aus.
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