Tizen bald mit Kartenmaterial aus dem Hause Nokia?
Man könnte es aber auch als Indiz für einen baldigen Start von Tizen werten. Beispielsweise hat HERE Maps – ein Nokia-Unternehmen, das unter anderem auch die Karten für die Finnen bereitstellt – angekündigt, Tizen mit Karten und den damit verbundenen Services zu unterstützen. Gerüchte besagen sogar, dass HERE das Standard-Kartenmaterial von Tizen werden könnte.
Die Technologie hinter HERE ähnelt der von Google Maps. Das Kartenmaterial und die Services liegen auf eigenen Servern, so dass man auf die Dienste Endgerät-unabhängig zugreifen kann. Für Google dürften das keine guten Neuigkeiten sein. Schließlich ist Samsung aktuell der wichtigste Partner in Sachen Android. Dass der Kartenanbieter für einen Android-Konkurrenten nun ausgerechnet aus dem Hause Nokia kommen soll, lässt Raum für Spekulationen.
Denn selbst wenn HERE nach der Akquisition der Nokia-Mobilsparte durch Microsoft im Besitz von Nokia bleibt, dürfte man in Mountain View neue Konkurrenten mit einem gewissen Argwohn sehen. Sollte Tizen im Smartphone-Bereich nämlich ein Erfolg werden, könnte Google zukünftig viele Suchanfragen verlieren.
Insgesamt 36 neue Partner
Neben Nokia als Kartenlieferant gibt es insgesamt 36 neue Partner bei der Tizen Association – die Betreiberin des Betriebssystems. Beispiele wären McAfee, Panasonic, Sharp oder Weather Channel. Offenbar ist es das erklärte Ziel, die Services innerhalb des Betriebssystems sehr offen zu gestalten und austauschbar zu machen: "Einer der größten Vorteile für Partner von Tizen ist das Fehlen von Applikationen oder festgelegten Funktionen, wodurch das Betriebssystem so angepasst werden kann, wie es am besten für den Endkunden ist", sagt Ryoichi Sugimura. Sugimura ist Vorstandsmitglied des Telefonproviders NTT DoCoMo. Die Japaner sind nicht die einzigen Tizen-Unterstützer aus den Reihen der Telefongesellschaften: Vodafone, SK Telecom, Vodafone oder Orange sind beispielsweise ebenfalls an Bord.
Gerade die Telekommunikationsanbieter dürften ein großes Interesse an Tizen und seinen frei anpassbaren Möglichkeiten haben. Schließlich waren die "Telcos" einst sehr erfolgreich mit ihren angepassten Oberflächen und dem Verkauf zusätzlicher Services. Nachdem aber Apple und Google ihre Betriebssysteme für solche Anpassungen nicht mehr hergeben, ist Schluss damit. Das scheint bei Tizen also anders zu werden: "[Die Anpassungen] erlauben es den Telefongesellschaften und einigen Endgeräte-Herstellern, die Provider von Funktionen und Services auszuwählen, die am meisten Sinn für diesen Gerätetyp, den Herkunftsort des Kunden und die wichtigsten Einsatzmöglichkeiten für dieses Gerät machen. Durch die Demokratisierung dieses Teils des Produktmanagements, treibt Tizen Innovation und Wettbewerb in der Industrie voran", führt Ryoichi Sugimura weiter aus.
Tizen soll auf Autos, Kameras und Telefonen laufen
Android bekommt also große Konkurrenz, zumal Samsung aktuell über 60 Prozent aller weltweit verkauften Android-Telefone auf sich vereint. Sollten die Koreaner zukünftig deutlich stärker auf Tizen setzen, könnte aus dem Newcomer-Betriebssystem eine echte Konkurrenz für Android erwachsen.
Dabei will die Tizen Association ihr Betriebssystem nicht nur auf Telefone, sondern auch auf Kameras, Autos oder Fernseher bringen – die Systemkamera Samsung NX300 läuft etwa bereits mit Tizen. Da Samsung eine sehr starke Marktposition vorweisen kann, könnte Tizen gerade bei den erwähnten Gerätegruppen deutlich erfolgreicher sein als das Google-Betriebssystem.
Damit Tizen auf verschiedenen Geräten laufen kann, hat man offenbar von Anfang an auf Skalierbarkeit geachtet. Auf diese Weise können sowohl High-End-Geräte als auch welche mit niedrigeren Ansprüchen versorgt werden.
Die Low-End-Version heißt Tizen Lite und läuft auch auf Geräten mit 256 MByte RAM und 512 MByte ROM. Unterstützt sind Displays mit HVGA (480 × 320 Pixel) und QVGA (320 × 240 Pixel). Damit sind dann auch Endgeräte möglich, die in der Sub-100-Euro-Preisklasse liegen.
Wann Samsung sein erstes High-End-Tizen-Smartphone oder -Tablet auf den Markt bringt, steht noch nicht fest. Das erste Tizen-Tablet kommt von Systena und hat einen 1,4 GHz schnellen Quad-Core-Cortex-A9-Chip, 2 GByte RAM sowie ein Display, das mit 1920 × 1200 Bildpunkten auflöst. Dieses Gerät richtet sich allerdings erst einmal nur an Entwickler von Apps.
Fazit
Keine Frage: Wer noch vor einigen Monaten meinte, Tizen sei tot – der hat geirrt. Tizen ist sogar quicklebendig. Ob und wie gefährlich das neue Open-Source-Betriebssystem dem etablierten Marktführer Android werden kann, bleibt abzuwarten. Die Chancen für Samsung stehen aber sehr gut, dass man bald auch eines der erfolgreichsten mobilen Betriebssysteme kontrolliert – neben der absoluten Dominanz bei den Smartphone-Verkäufen .