Und was macht man, wenn man wenig Ahnung hat? Genau: Man sucht sich einen Experten. Grundsätzlich eine feine Idee, die das Wirtschaftsministerium da hatte. Auch der Titel des ehrenamtlichen Jobs klingt beeindruckend: „Beauftragter für kreative und digitale Ökonomie“. Und wo findet man so jemanden, der die Regierung bei Fragen zu diesem Internet beraten darf? Nein, nicht an Unis. Auch nicht in Unternehmen, die mit dem Online-Business ihr Geld verdienen.
Sorry für diese klaren Worte: Ausgerechnet bei dem Laden, der sich in den vergangenen Jahren als eine der größten Innovationsbremsen überhaupt entpuppt hat, hat sich das Ministerium bedient. Digitalbeauftragter des Wirtschaftsministeriums wird Dieter Gorny, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI). Das klingt nach Protektionismus statt nach Innovation. Und ich bin mir nicht sicher, ob sich unser Land richtig für die Zukunft aufstellt, wenn ich als eine der ersten Aussagen zu diesem Thema folgendes lese : „Die hiesige Antwort auf das Silicon Valley müsse sich aus europäischen Werten ‚wie geistigem Eigentum und Urheberrecht‘ speisen. Das Wohl und Wehe der Musikbranche dürfe nicht ein paar Nerds überlassen werden.“
Na klar: Auch die andere Seite muss berücksichtigt werden. Auch meine Kollegen und ich leben von Inhalten und profitieren vom Urheberrecht. Alles kostenlos ins Netz stellen? Das funktioniert nicht. Aber das zwanghafte Festhalten an klassischen Geschäftsmodellen funktioniert ebensowenig.
Vielleicht tue ich Herrn Gorny an dieser Stelle unrecht. Ich kenne ihn ja gar nicht. Vielleicht entpuppt er sich ja doch als Glücksgriff. Ich drücke die Daumen. Aber wenn ich mir ansehe, wie sich gerade die Film- und Musikindustrie im letzten Jahrzehnt verhalten hat, stellen sich mir die Nackenhaare auf bei dem Gedanken daran, dass so nun die Beratung unserer Regierung in Internet-Fragen aussehen soll.